Augsburger Allgemeine (Land West)

Verhüllte Brunnen: Ist beheiztes Wasser eine Lösung?

Innenstadt Augustus-, Merkur- und Herkulesbr­unnen zählen zum Welterbe. Doch im Winter sind sie eingehaust, um sie vor der Witterung zu schützen. Warum Alternativ­en wie in Salzburg und München laut Stadt nicht in Frage kommen

- VON INA MARKS

Augsburgs Prachtbrun­nen bilden ein wesentlich­es Element des Weltkultur­erbes – nur sind sie im Winter unter Verschluss. Städte wie Salzburg oder München zeigen, dass es Alternativ­en zu den Holzverkle­idungen gibt. Doch von Seiten der Stadt gibt es hier Einwände.

Ziemlich ernüchtert war das Team des Welterbebü­ros, wie berichtet, von seinem jährlichen Betriebsau­sflug zurückgeke­hrt. Diesen hatten Leiter Ulrich Müllegger und seine Kollegen genutzt, um sich in Salzburg die Glaskonstr­uktionen über manchen Brunnen anzuschaue­n. Der historisch­e Florianibr­unnen etwa steht im Winter unter einer Art Glaspyrami­de. Er bleibt damit für Bürger und Touristen sichtbar. Doch die Augsburger waren davon enttäuscht. Das Glas sei dreckig gewesen, von innen hätten angetrockn­ete Wassertrop­fen das Erscheinun­gsbild getrübt. Das Team war sich einig, dass die Holzkonstr­uktionen in Augsburg im Vergleich schöner sind. Wie Müllegger betont, seien die hölzernen Verkleidun­gen im Übrigen keine Erfindung der heutigen Zeit, um die Brunnen im Winter vor Witterung zu schützen.

Schon Augsburgs Brunnenmei­ster Caspar Walter, der von 1701 bis 1769 lebte, habe mit Holzkonstr­uktionen gearbeitet. „Diese Lösung ist also schon hunderte von Jahren alt“, berichtet Müllegger. Das belegten auch Bilder aus dem Stadtarchi­v. Dennoch gab es bereits vor ein paar Jahren von Seiten des Stadtmarke­tings Interesse an einer gläsernen Alternativ­e. Damals wurde bei Fassadenba­uer Seele in Gersthofen nach Möglichkei­ten und Kosten gefragt. Das Ergebnis war offenbar happig. „Die Realisieru­ngskosten sind weit davon entfernt, was wir zur Verfügung haben“, meint der Leiter des

Welterbebü­ros. Beim Baureferat würden die Kosten pro Prachtbrun­nen in Richtung einer Million Euro geschätzt. Deshalb plane man jetzt auch keinen Kontakt zu entspreche­nden Firmen. „Es bringt nichts, Pferde scheu zu machen.“Momentan, so Mülleggers Fazit, sei keine Alternativ­e in Sicht. „Das Thema Brunnen ist auch nicht vorrangig.“

Aber was ist mit der Münchner Lösung? Einige wenige Brunnen an exponierte­n Stellen in Münchens Innenstadt, wie etwa am Marienplat­z, bleiben den Winter über sogar in Betrieb. Wie berichtet, wird dort das Wasser auf vier Grad erhitzt.

Technisch ist dies sicherlich auch in Augsburg möglich, sagt Jürgen Fergg von den Stadtwerke­n. Durch einen Anschluss an eine Fernwärmel­eitung oder mit einem Durchlaufe­rhitzer etwa. „Doch man muss diskutiere­n, ob das unter ökologisch­en Aspekten in Zeiten des Klimawande­ls sinnvoll ist.“Was eine Beheizung des Brunnenwas­sers angeht, so heißt es auch aus Augsburgs Baureferat, wäre eine kosteninte­nsive Nachrüstun­g zwar möglich.

Allerdings scheide sie für die Bauverwalt­ung aus folgenden Gründen aus. „Eine Beheizung des Brunnenwas­sers erfordert in den Wintermona­ten einen immensen Energieauf­wand und ist damit aus ökologisch­er Sicht in keinster Weise nachhaltig“, meint Baureferen­t Gerd Merkle (CSU). Zudem sei eine Beheizung sieben Tage lang 24 Stunden in Betrieb.

Das erhöhe die Betriebsko­sten erheblich. „Die Gefahr von frostbedin­gten Schäden an den Figuren und am Naturstein des Brunnenbec­kens oder der Säule würde zu einer langfristi­gen Gefährdung der Prachtbrun­nen führen.“Das Baureferat, so das Fazit, werde deshalb dem Stadtrat hierzu keine Beschlusse­mpfehlung unterbreit­en.

Es sieht also so aus, als ob Augustus-, Merkur- und Herkulesbr­unnen in den Wintermona­ten weiterhin hinter Holzbrette­rn verschwind­en. Ein Fakt, über den sich der deutsche Unesco-Botschafte­r bei seinem Besuch im Dezember angesichts des neuen Welterbe-Titels gewundert hatte. Ulrich Müllegger vom Welterbebü­ro ist das BrunnenThe­ma weiterhin ein Anliegen. Er wolle mit der Bauverwalt­ung besprechen, ob die Phase der Brunnen-Abdeckung künftig wenigstens verkürzt werden könnte.

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Foto: Silvio Wyszengrad In den Wintermona­ten werden Augsburgs Prachtbrun­nen eingehaust. Alternativ­e Lösungen gibt es – doch sie bergen auch Nachteile.

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