Augsburger Allgemeine (Land West)
Wütende Bauern rollen durch das Land
Warum Tausende in der ganzen Republik demonstrieren und wie Bayerns Ministerpräsident Markus Söder versucht, Boden gutzumachen
Berlin/Nürnberg Es war eine Mischung aus Angst und Wut, die am Freitag durch die Republik gerollt ist. Tausende Bauern demonstrierten in Nürnberg, Stuttgart, Berlin und anderen Städten. Sie fühlen sich ungerecht behandelt. Sie sehen sich als Opfer immer strengerer Umweltschutzauflagen. Und sie fürchten um ihre Existenz. Hinter den Protesten steht die Initiative „Land schafft Verbindung“, die sich erst im Herbst in sozialen Netzwerken gegründet hatte. Allein in Nürnberg kamen laut Polizei 5000 Landwirte zu den Demonstrationen, die Organisatoren sprachen von 6800 Teilnehmern – mit 5000 Traktoren.
Ein Thema, das viele auf die Straßen treibt, ist die verschärfte Düngeverordnung, die das Bundesagrarministerium als Reaktion auf eine Klage der EU-Kommission vorgelegt hat. Sie schreibt den Landwirten vor, dass sie zum Schutz des Grundwassers weniger Gülle und anderen Dünger ausbringen dürfen. Aus Sicht der Betroffenen ist die
Verordnung nicht praktikabel. „In dieser Form schützt sie weder das Wasser noch die Artenvielfalt und gefährdet sogar die Landwirtschaft“, sagt Sebastian Dickow, Sprecher von „Land schafft Verbindung“in Bayern. Die Initiative fordert deshalb, den bisherigen Entwurf komplett zu überarbeiten.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat erkannt, dass er das Thema nicht aussitzen kann. Zu oft war der CSU-Vorsitzende in den vergangenen Wochen direkt mit wütenden Bauern konfrontiert. Seine Partei hat bei den Landwirten dramatisch an Rückhalt verloren, seit die Landesregierung die Forderungen des „Volksbegehrens Artenvielfalt“– besser bekannt unter dem Slogan „Rettet die Bienen“– komplett übernommen hatte. Die Freien Wähler versuchen, in diese Lücke zu stoßen. Zwar regieren sie in München mit, doch Parteichef Hubert Aiwanger gibt sich demonstrativ als Anwalt der Landwirte. „Ihr seid die Ernährer unseres Volkes, hier ist die
Fachkompetenz. Ihr seid nicht die Grundwasserverseucher“, sagte er in Nürnberg. Der Ministerpräsident wollte seinem Vize offenbar nicht das Feld überlassen und sagte andere Termine ab, um selbst vor Ort zu sein. „Überall gilt die Unschuldsvermutung, nur bei den Landwirten nicht“, sagte Söder und spielte damit auf den Ärger der Bauern an, die nicht als Alleinschuldige für das Insektensterben oder die Grundwasserbelastung dastehen wollen. Erst vor wenigen Tagen kündigte Bayern Widerstand im Bundesrat gegen Teile der Düngeverordnung an.
Die CSU versucht sich nun also als Vertreter von Bienen und Bauern zugleich. Kann das gut gehen? Über den schmalen Grat zwischen notwendiger Erneuerung von Parteien und der Gefahr, beliebig zu werden, haben wir mit dem Politikberater Michael Spreng gesprochen. Das Interview finden Sie in der
Auf der Grünen Woche in Berlin sucht die Branche derweil nach Wegen, Landwirtschaft und Umweltschutz zu verbinden. Was dabei diskutiert wird, erzählt Matthias Zimmermann auf der