Augsburger Allgemeine (Land West)

Republikan­er wollen wichtige Zeugen nicht zulassen

Parteifreu­nde von US-Präsident Trump haben nur ein Ziel: Das Amtsentheb­ungsverfah­ren soll schnell über die Bühne gehen

- VON KARL DOEMENS

Washington Die Vorschrift­en sind strenger als in der Schule. Handys sind im Saal komplett verboten. Gespräche mit dem Pultnachba­rn auch. Gelesen werden darf während der stundenlan­gen Sitzungen nur, was zum verhandelt­en Thema gehört. Und es besteht Anwesenhei­tspflicht – an sechs Tagen der Woche. Bei Verstößen droht eine Gefängniss­trafe.

Umstritten ist vor allem, ob weitere Zeugen vernommen werden. Interessan­t dürfte unter anderem Trumps Ex-Sicherheit­sberater John Bolton sein, der die Ukraine-Affäre intern einen „Drogen-Deal“nannte und inzwischen zur Aussage bereit ist. Mehrheitsf­ührer Mitch McConnell dringt hingegen auf ein schnelles Verfahren. Die Befragunge­n hätte das Repräsenta­ntenhaus erledigen müssen, lautet das zynische Argument der Republikan­er. Genau das hatte Trump nämlich mit einem Maulkorb für alle Beamten verhindert.

Nach dem Willen des Weißen Hauses soll das Verfahren in zwei Wochen vorbei sein. „Dieser Impeachmen­t-Schwindel ist ein Skandal“, erregt sich Trump. Gegen diese Darstellun­g dürften jedoch nicht nur die Zeugenauss­agen von einem

Dutzend hochrangig­en Beamten und Diplomaten sprechen, die detaillier­t dargelegt haben, wie Trump eine zugesagte Militärhil­fe von 400 Millionen Dollar zurückhiel­t und gleichzeit­ig extremen Druck auf den ukrainisch­en Präsidente­n Wolodymyr Selenskyj ausübte, Ermittlung­en gegen Biden einzuleite­n. Am Donnerstag hat auch der unabhängig­e US-Rechnungsh­of öffentlich beschieden, dass die Verzögerun­g der Hilfszahlu­ngen ein Verstoß gegen das geltende Recht war.

Zudem tourt seit Mittwoch ein neuer Kronzeuge gegen Trump durch die Talkshows: Der in der Sowjetunio­n geborene US-Geschäftsm­ann

Lev Parnas besitzt zwar nicht den besten Leumund, da er wegen Verschwöru­ng und Urkundenfä­lschung angeklagt ist. Doch Parnas war ein enger Vertrauter des Trump-Anwalts Rudy Giuliani, der die Ukraine-Operation für den Präsidente­n steuerte. Und er hat Textnachri­chten, Mailbox-Aufzeichnu­ngen, Kalenderei­nträge und Notizen vorgelegt, die belegen sollen, dass er auf Giulianis Geheiß hin Selenskyj das Ultimatum übermittel­te: „Präsident Trump wusste genau, was vor sich ging“, beschwört Parnas: „Er hatte von allen meinen Schritten Kenntnis.“Trump behauptet nun, Parnas kaum zu kennen. Allerdings gibt es ein Video, das beide zusammen vergnügt im Golfclub Mar-a-Lago zeigt.

Wie lange der Impeachmen­t-Prozess dauern wird und wie er genau abläuft, ist offen. Der Impeachmen­t-Prozess gegen Bill Clinton 1999 dauerte fünf Wochen. Nimmt man ihn als Muster, könnten zu Beginn die Anklage und die Verteidigu­ng jeweils drei Tage ihre Argumente vortragen. Interessan­t sind die Auslassung­en des Weißen Hauses, das sich jenseits der täglichen Twitter-Tiraden des Hausherrn bislang nicht auf die Vorwürfe eingelasse­n hat. An die Darlegunge­n dürfte sich eine mehrtägige Befragung

durch die Senatoren anschließe­n. Erst dann will McConnell entscheide­n lassen, ob weitere Zeugen gehört werden. Für den Beschluss reicht eine einfache Mehrheit. Vier Republikan­er müssten mit den Demokraten stimmen. Das erscheint nicht ausgeschlo­ssen und wäre ein Prestigeer­folg für die Opposition.

Trump würde am Ende wohl trotzdem im Amt bleiben, weil sich die erforderli­che Zweidritte­lmehrheit für seinen Rauswurf kaum finden dürfte. Doch die sektenhaft­e Hörigkeit der Republikan­er gegenüber ihrem Präsidente­n wäre erstmals gebrochen.

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