Augsburger Allgemeine (Land West)
Das Dschungelcamp ist ganz schön öde
Die RTL-Show „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“war schon immer TV-Trash. Zu ihren besten Zeiten bot sie aber auch gute Unterhaltung. Seit einiger Zeit springt der Funke nicht mehr über
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s gibt sie noch: Diese Momente, an denen man an die besten Zeiten des Dschungelcamps erinnert wird. Wenn Ex-Fußballprofi Torsten Legat im Kakerlakenkostüm aus Kafkas „Die Verwandlung“liest. Oder wenn Elena Miras, eine der Kandidatinnen (müssen Sie nicht kennen, keine Sorge), auf die Motivationsversuche ihrer Mitcamper allergisch reagiert und poltert: „Fuck mich nicht ab mit deiner guten Laune.“Das ist stellenweise, wie Spiegel-Kolumnistin Anja Rützel zum Kakerlaken-Legat schrieb, „Arte nach zu viel Eierlikör“. Oder einfach nur so absurd, dass es wieder lustig ist. Die meiste Zeit aber ist es vor allem tropische Ereignislosigkeit und bleierne Langeweile, die RTL aus dem australischen Dschungel überträgt. Daran ändert sich auch nichts, wenn sich in Danni Büchner (müssen Sie auch nicht kennen) eine Kandidatin gefunden hat, die polarisiert.
Das schlägt sich auch auf die TVQuoten nieder: Bis zu fünf Millionen Zuschauer schalten derzeit bei „IBES“ein. Das ist immer noch ein respektabler Wert, vor allem der Marktanteil von 40 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen kann sich sehen lassen. Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch, dass sich die Quoten des Formats seit Jahren im Sinkflug befinden: Schalteten bei der Rekordstaffel acht, die im Januar 2014 ausgestrahlt wurde, noch durchschnittlich fast acht Millionen Zuschauer ein, sinkt diese Zahl nun kontinuierlich.
Das liegt übrigens nicht daran, dass das Dschungelcamp ausge
TV-Trash ist – das war es schon immer. Mehr noch: Im Gegensatz zu anderen TV-Formaten spielten die Macher der Show sogar mit dem Umstand, dass sich das Teilnehmerfeld ausschließlich aus ins Stottern geratenen Karrieren, Privatinsolvenzen und sonstigen Problemfällen rekrutiert. Als vor Jahren ein Kandidat bei einer Höhenprüfung den Halt verlor, lautete der Kommentar von Moderatorin Sonja Zietlow: „Normalerweise stürzen die Kandidaten erst ab und kommen dann zu uns ins Camp ...“
ist das Personal mittlerweile zu einem der großen Schwachpunkte geworden: Waren es zu Beginn noch stellenweise „echte“Prominente, wie Brigitte Nielsen, Costa Cordalis oder Ailton, speist sich das Teilnehmerfeld mittlerweile fast komplett aus den hauseigenen Reality-TV-Formaten der RTL-Senderfamilie. Richtig bekannt sind in der aktuellen Staffel nur Schauspielerin Sonja Kirchberger und Ex-Boxweltmeister Sven Ottke. Der hat selbst seine liebe Not, die Namen seiner Mitwiesener camper zu behalten. Das Dilemma, passende Kandidaten zu finden, zeigt sich am besten in der Besetzung von Ex-Verkehrsminister Günther Krause (wenn Sie den nicht kennen – auch nicht schlimm). Der 66-Jährige war wegen seiner Diabetes und seiner Herzerkrankung für alle Dschungelprüfungen gesperrt, wurde separat ins Camp gefahren und verabschiedete sich nach nur einem Tag schon wieder. Ob der Unterhaltungswert von Krause tatsächlich nennenswert gewesen wäre, darf bezweifelt werTatsächlich den – peinlich ist das Blitz-Aus für die Macher der Show dennoch.
Und im Camp ist vieles beliebig: Die Dschungel-Prüfungen, bei denen sich die Teilnehmer Essensrationen erspielen dürfen, haben sich abgenutzt. Selbst Kakerlaken und Mehlwürmer verlieren von der TV-Couch aus irgendwann den Reiz. Das alleine wäre noch nicht schlimm – für die Dramaturgie einer Staffel waren die Prüfungen ohnehin nur dann entscheidend, wenn die Stimmung wegen einer Null– Sterne-Runde und ausbleibender Nahrung in den Keller sank.
Doch selbst das, was innerhalb des Camps passiert, wirkt beliebig, vorhersehbar, ermüdend. Wenn Camp-Schreckschraube Danni Büchner die achte Prüfung in Folge absolvieren muss, ist das kein Aufreger mehr. Sondern etwas, dass es unter spannenderen Umständen schon mal gegeben hat – in früheren Staffeln. Auch die Reality-TV erprobten Teilnehmer wägen ihr Handeln mehr nach den Gesetzmäßigkeiten der Show ab, anstatt wie die Kandidaten früherer Staffeln einfach drauf los zu blubbern. Joey Heindle ärgerte sich 2013 hingegen über seine nicht vorhandene Vorbereitung: „Ich hätte mir einfach öfters diese Show anschauen können. Warum habe ich mir denn einen Fernseher gekauft, ich Depp!“Während Heindle die Staffel gewann, wissen auch die meisten aktuellen Camper, was sie erwartet – und langweilen.
Diese Langeweile und Vorhersehbarkeit sind wohl unausweichlich bei einem Format, das derart lange im TV zu sehen war. Die Haltbarkeitsdauer scheint das Camp jedoch überschritten zu haben.