Augsburger Allgemeine (Land West)

Das Dschungelc­amp ist ganz schön öde

Die RTL-Show „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“war schon immer TV-Trash. Zu ihren besten Zeiten bot sie aber auch gute Unterhaltu­ng. Seit einiger Zeit springt der Funke nicht mehr über

- VON FLORIAN EISELE

Eeisl@augsburger-allgemeine.de

s gibt sie noch: Diese Momente, an denen man an die besten Zeiten des Dschungelc­amps erinnert wird. Wenn Ex-Fußballpro­fi Torsten Legat im Kakerlaken­kostüm aus Kafkas „Die Verwandlun­g“liest. Oder wenn Elena Miras, eine der Kandidatin­nen (müssen Sie nicht kennen, keine Sorge), auf die Motivation­sversuche ihrer Mitcamper allergisch reagiert und poltert: „Fuck mich nicht ab mit deiner guten Laune.“Das ist stellenwei­se, wie Spiegel-Kolumnisti­n Anja Rützel zum Kakerlaken-Legat schrieb, „Arte nach zu viel Eierlikör“. Oder einfach nur so absurd, dass es wieder lustig ist. Die meiste Zeit aber ist es vor allem tropische Ereignislo­sigkeit und bleierne Langeweile, die RTL aus dem australisc­hen Dschungel überträgt. Daran ändert sich auch nichts, wenn sich in Danni Büchner (müssen Sie auch nicht kennen) eine Kandidatin gefunden hat, die polarisier­t.

Das schlägt sich auch auf die TVQuoten nieder: Bis zu fünf Millionen Zuschauer schalten derzeit bei „IBES“ein. Das ist immer noch ein respektabl­er Wert, vor allem der Marktantei­l von 40 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen kann sich sehen lassen. Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch, dass sich die Quoten des Formats seit Jahren im Sinkflug befinden: Schalteten bei der Rekordstaf­fel acht, die im Januar 2014 ausgestrah­lt wurde, noch durchschni­ttlich fast acht Millionen Zuschauer ein, sinkt diese Zahl nun kontinuier­lich.

Das liegt übrigens nicht daran, dass das Dschungelc­amp ausge

TV-Trash ist – das war es schon immer. Mehr noch: Im Gegensatz zu anderen TV-Formaten spielten die Macher der Show sogar mit dem Umstand, dass sich das Teilnehmer­feld ausschließ­lich aus ins Stottern geratenen Karrieren, Privatinso­lvenzen und sonstigen Problemfäl­len rekrutiert. Als vor Jahren ein Kandidat bei einer Höhenprüfu­ng den Halt verlor, lautete der Kommentar von Moderatori­n Sonja Zietlow: „Normalerwe­ise stürzen die Kandidaten erst ab und kommen dann zu uns ins Camp ...“

ist das Personal mittlerwei­le zu einem der großen Schwachpun­kte geworden: Waren es zu Beginn noch stellenwei­se „echte“Prominente, wie Brigitte Nielsen, Costa Cordalis oder Ailton, speist sich das Teilnehmer­feld mittlerwei­le fast komplett aus den hauseigene­n Reality-TV-Formaten der RTL-Senderfami­lie. Richtig bekannt sind in der aktuellen Staffel nur Schauspiel­erin Sonja Kirchberge­r und Ex-Boxweltmei­ster Sven Ottke. Der hat selbst seine liebe Not, die Namen seiner Mitwiesene­r camper zu behalten. Das Dilemma, passende Kandidaten zu finden, zeigt sich am besten in der Besetzung von Ex-Verkehrsmi­nister Günther Krause (wenn Sie den nicht kennen – auch nicht schlimm). Der 66-Jährige war wegen seiner Diabetes und seiner Herzerkran­kung für alle Dschungelp­rüfungen gesperrt, wurde separat ins Camp gefahren und verabschie­dete sich nach nur einem Tag schon wieder. Ob der Unterhaltu­ngswert von Krause tatsächlic­h nennenswer­t gewesen wäre, darf bezweifelt werTatsäch­lich den – peinlich ist das Blitz-Aus für die Macher der Show dennoch.

Und im Camp ist vieles beliebig: Die Dschungel-Prüfungen, bei denen sich die Teilnehmer Essensrati­onen erspielen dürfen, haben sich abgenutzt. Selbst Kakerlaken und Mehlwürmer verlieren von der TV-Couch aus irgendwann den Reiz. Das alleine wäre noch nicht schlimm – für die Dramaturgi­e einer Staffel waren die Prüfungen ohnehin nur dann entscheide­nd, wenn die Stimmung wegen einer Null– Sterne-Runde und ausbleiben­der Nahrung in den Keller sank.

Doch selbst das, was innerhalb des Camps passiert, wirkt beliebig, vorhersehb­ar, ermüdend. Wenn Camp-Schrecksch­raube Danni Büchner die achte Prüfung in Folge absolviere­n muss, ist das kein Aufreger mehr. Sondern etwas, dass es unter spannender­en Umständen schon mal gegeben hat – in früheren Staffeln. Auch die Reality-TV erprobten Teilnehmer wägen ihr Handeln mehr nach den Gesetzmäßi­gkeiten der Show ab, anstatt wie die Kandidaten früherer Staffeln einfach drauf los zu blubbern. Joey Heindle ärgerte sich 2013 hingegen über seine nicht vorhandene Vorbereitu­ng: „Ich hätte mir einfach öfters diese Show anschauen können. Warum habe ich mir denn einen Fernseher gekauft, ich Depp!“Während Heindle die Staffel gewann, wissen auch die meisten aktuellen Camper, was sie erwartet – und langweilen.

Diese Langeweile und Vorhersehb­arkeit sind wohl unausweich­lich bei einem Format, das derart lange im TV zu sehen war. Die Haltbarkei­tsdauer scheint das Camp jedoch überschrit­ten zu haben.

 ?? Foto: TVNOW, Stefan Menne ?? Dschungelc­amp-Alltag, Tag acht: Elena Miras (rechts) und Danni Büchner bei einer Prüfung.
Foto: TVNOW, Stefan Menne Dschungelc­amp-Alltag, Tag acht: Elena Miras (rechts) und Danni Büchner bei einer Prüfung.

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