Augsburger Allgemeine (Land West)

Versuch einer Erpressung?

Gotha: Heimkehr der gestohlene­n Gemälde

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Berlin/Gotha Gut 40 Jahre nach dem spektakulä­ren Bilderdieb­stahl von Gotha sind fünf im Jahre 2018 wieder aufgetauch­te Gemälde als echt und damit als seinerzeit­iges Diebesgut identifizi­ert worden: Werke von Frans Hals, Jan Brueghel dem Älteren, Anthonis van Dyck, Jan Lievens und Hans Holbein dem Älteren im Wert von vier bis fünf Millionen Euro. Das ergab eine Prüfung im Rathgen-Forschungs­labor der Staatliche­n Museen zu Berlin, wie dessen Direktor Stefan Simon am Freitag in Berlin schilderte. Die Kunstwerke galten nach dem Diebstahl 1979 als verscholle­n. 2018 wurden sie jedoch über einen Anwalt der Stiftung Schloss Friedenste­in zum Kauf angeboten. Im September 2019 kam es dann zur Übergabe der Werke.

Knut Kreuch, Oberbürger­meister von Gotha, ist Dreh- und Angelpunkt einer Entwicklun­g, die dem von ihm als „Trauma von Gotha“bezeichnet­en Zustand ein Ende bereitete. Zu ihm suchte 2018 ein Anwalt Kontakt, der für eine Erbengemei­nschaft handelte. Zunächst sollte nur ein Bild zurückgege­ben werden, das Wissenscha­ftler hätten überprüfen können. Kreuch verlangte aber alle. Und auf Geldforder­ungen wurde mit „Sturheit und Coolness“reagiert, wie seitens der Ernst von Siemens Kunststift­ung erklärt wird, die in solchen Fällen eventuell einen „Finderlohn“zu zahlen bereit ist. Ein Poker mit Erfolg: „Die Übergabe ohne Gegenleist­ung war der große Coup“, so Kreuch am Freitag.

Jenseits der zivilrecht­lichen Ebene gibt es allerdings noch einen strafrecht­lichen Aspekt. Im Landeskrim­inalamt Berlin ermittelt die für Kunstdelik­te zuständige Abteilung von René Allonge wegen Erpressung. „Die an der Erpressung beteiligte­n Personen sind bekannt“, so Allonge. Anhaltspun­kte für Hehlerei gibt es nach seiner Schilderun­g nicht.

Das Landeskrim­inalamt Berlin befasst sich auch mit dem Weg, den die fünf Bilder genommen haben: Im Lauf der 80er Jahre waren sie in den Westen gelangt. „Bei der Rekonstruk­tion, wie die Bilder aus der damaligen DDR in die BRD kamen, sind wir noch am Anfang. Wir verfolgen da noch gewisse Spuren, um die Geschichte, die im Rahmen der Erpressung erzählt wurde, zu überprüfen“, sagt Allonge.

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