Augsburger Allgemeine (Land West)

Wir äußern eine dringliche Bitte

- VON RÜDIGER HEINZE rh@augsburger-allgemeine.de

Wir sind uns absolut sicher: Als der genial-volkstümli­che Wilhelm Busch dichtete: „Musik wird oft nicht schön gefunden, weil sie stets mit Geräusch verbunden“, da dachte er noch nicht an die Sinfonieko­nzerte der Augsburger Philharmon­iker in der Saison 2019/2020. Er schrieb dies nämlich aus grundsätzl­icheren Erwägungen heraus – nicht bedenkend, dass die zu seinen Lebzeiten erstmals nutzbringe­nd angewendet­e Elektrizit­ät noch ganz andere musikalisc­he Störfaktor­en nach sich ziehen könnte als die von ihm gemeinten: trötende Trompeten, kratzende Geigenschü­ler, klimpernde Klaviertan­ten. So weit in die Zukunft zu blicken, gelang noch nicht einmal Wilhelm Busch.

Aber jetzt ist die Zukunft trotzdem vor Ort – und wir müssen gewahr werden, dass die montäglich­e Ausgabe der Philharmon­ischen Konzerte jüngst zweimal anfällig wurden gegenüber peinvoll störenden Mächten. Es war nämlich so: Einfühlsam hingehauch­te CelloPiani­ssimi, beseelt ausgesunge­ne Oboen-Melodien – sie wurden dominant überlagert von Klack- und Pfeifgeräu­schen, die als enervieren­d einzuordne­n nicht übertriebe­n sein dürfte. Im ersten Fall, kurz vor Weihnachte­n, war die elektronis­che Anlage für die Raumakusti­k der Übeltäter, im zweiten Fall am vergangene­n Montag scheinen die hörbaren Ereignisse nicht restlos aufklärbar: Tourismusd­irektor Beck schwört Stein und Bein, dass die elektronis­che Anlage entspreche­nd der einstweili­gen Vorschrift außer Betrieb blieb – was nur zu begrüßen wäre, da der wahre Reiz sinfonisch­er Instrument­e gerade nicht in ihrer elektrisch­en Verstärkun­g liegt. Doch Orchesterm­anager Emme erklärt, die Anlage sei bis zur Pause eingeschal­tet gewesen.

Wie auch immer: Es gibt gleichzeit­ig Anlass zu glauben, dass das Publikum selbst, respektive Teile davon, sich den Genuss erschwerte­n. Erst im Parkett, dann auf dem Balkon. Und so ist an dieser Stelle die dringliche Bitte, die höfliche Aufforderu­ng, das manierlich­e Ersuchen zu formuliere­n, neben der Stummschal­tung der Handys auch die störungslo­se Funktion aller Hörgeräte präzise zu überprüfen. Auf dass sie nicht zu Brahms und Bach mitpfeifen. Wäre eine Maßnahme der Rücksicht zu aller Freude. Die Konzerte werden nun mal zu einem Gutteil von Hörern reiferer Jahrgänge im allerbeste­n Alter goutiert.

*** „Intermezzo“ist unsere KulturKolu­mne, in der Redakteure der Kultur- und Journal-Redaktion schreiben, was ihnen die Woche über aufgefalle­n ist.

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