Augsburger Allgemeine (Land West)

„Wenn die Stimmung nicht gut ist, wird es schwierig“

Marwin Hitz wechselte im Sommer 2018 ablösefrei vom FCA zum BVB. Am Samstag kehrt er mit Dortmund in die WWK-Arena zurück. Der Schweizer spricht unter anderem über seine Enttäuschu­ng, auch in dieser Saison hinter Roman Bürki nur die Nummer zwei zu sein

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Ist es Ihnen diesmal schwergefa­llen, sich für das Trainingsl­ager in Spanien zu motivieren?

Hitz: Nein, warum fragen Sie?

Weil Sie vor kurzem in einem Interview gesagt haben, dass die Entscheidu­ng, dass Sie die Nummer zwei hinter Roman Bürki sind, „im ersten Jahr viel einfacher zu verstehen war, als jetzt in diesem Sommer“.

Hitz: Das stimmt. Aber ich bin dennoch total motiviert.

Warum war es diesmal nicht einfach zu verstehen? Was sind die Gründe dafür?

Hitz: Weil ich meine Leistung in der Vorbereitu­ng und in den Spielen, die ich gespielt habe, zu 100 Prozent gebracht habe. Das waren in der Hinrunde schon mehr als in der ganzen vergangene­n Saison, und dann ist es persönlich als Torhüter schon enttäusche­nd, wenn man wieder raus muss. Das ändert aber nichts an meiner Wertschätz­ung für Roman Bürki und den Trainer. Nur: Wer wäre ich, würde ich als Profi zufrieden sein, wenn ich auf der Bank sitze?

Wie gehen Sie ganz persönlich mit der Situation um?

Marwin Hitz über seine Enttäuschu­ng, nachdem klar war, dass er auch diese Saison die Nummer zwei hinter Roman Bürki ist

Hitz: Man muss sich persönlich immer wieder neue Ziele setzen, versuchen sich zu verbessern. Solange mir das gelingt und ich das Gefühl habe, dass ich mich in allen Bereichen verbessern kann, geht das selbstvers­tändlich.

Normalerwe­ise steht ja am Ende der Trainingsw­oche das Spiel als Belohnung in Aussicht. Dieses, sagen wir, Ventil fehlt Ihnen ja meistens. Wie verarbeite­n Sie das?

Hitz: In der Vorrunde hatte ich vier Bundesliga-Einsätze. Im Fußball kann es immer sehr schnell gehen. Ich nutze die Zeit einfach, um gewisse Sachen noch mehr zu verbessern. Und wenn ich gebraucht werde, will ich da sein.

Als Ersatz-Torhüter bekommt man normalerwe­ise nur die Chance, wenn sich der Konkurrent verletzt oder patzt. Ist das nicht eine besondere Belastung für Sie?

Hitz: Ich hoffe, dass mich der Trainer aufgrund meiner Leistung aufstellt. Wenn man sich selten zeigen kann, ist das natürlich nicht so einfach. Dennoch gebe ich alles, in jeder Einheit. Und ich wünsche mir sicher nicht, dass Roman schlecht hält oder sich verletzt. Wir haben ein gutes Verhältnis.

Die Vorrunde begann für Sie eigentlich optimal. Sie standen beim Saisonauft­akt gegen den FC Augsburg im Tor, weil Roman Bürki nach einer Schienbein­verletzung wurde.

Hitz: Ich hatte ja zuvor schon im Supercup gegen den FC Bayern gespielt und auch in der ersten Pokalrunde. Persönlich hätte es nicht besser laufen können, und wir haben ja auch alle Spiele gewonnen. nicht rechtzeiti­g fit

Sie durften ja dann noch einmal ran. Ende Oktober wurden Sie in der 70. Minute beim Spiel gegen Gladbach eingewechs­elt, weil sich Bürki am Knie verletzt hatte. Sie hielten den 1:0-Sieg fest. Danach spielte die Borussia mit Ihnen im Tor 0:0 auf Schalke und gewann zu Hause 3:0 gegen Wolfsburg. Und trotzdem mussten Sie wieder auf die Bank.

Hitz: Klar hofft man, dass man drin bleibt. Das war eine schwierige Phase, nicht nur für mich, sondern für die ganze Mannschaft. Wir sind zwei Torhüter, die ihre Leistung bringen. Es ist natürlich nicht einfach für den Trainer.

Hat Ihr Verhältnis zu Roman Bürki darunter gelitten?

Hitz: Nein. Wir verstehen uns bestens. Wir gehen sehr profession­ell miteinande­r um. Wir pushen uns gegenseiti­g und halten das Trainingsn­iveau sehr hoch.

Ihr Vertrag und der von Roman Bürki enden im Sommer 2021. Es war zu lesen, dass mit Bürki schon über eine Vertragsve­rlängerung gesprochen wird. Wie sieht es denn bei Ihnen aus? Hitz: Da halte ich es wie immer: Über Vertragsan­gelegenhei­ten spreche ich grundsätzl­ich nicht in der Öffentlich­keit.

Wie war eigentlich Ihr Umgang mit Andreas Luthe als er im Sommer 2016 als neuer Herausford­erer zum FCA kam?

Hitz: Wie mit jedem anderen Mitspieler auch. Wir sind doch eine Mannschaft. Wir haben uns gut verstanden, das Training hat Spaß gemacht und das ist sehr wichtig. Denn im Torwarttea­m arbeitet man sehr eng zusammen, und wenn da die Stimmung nicht so gut ist, wird es schwierig.

Ist es wichtig, dass man sich nicht als Konkurrent­en betrachtet?

Hitz: Auch wenn man sich gut versteht, habe ich natürlich gewusst, dass Andi gerne gespielt hätte. Auch Roman weiß, dass ich gerne im Tor stehen würde. Aber das muss man nicht jede Woche betonen, so würde das nicht funktionie­ren. Wir sind Profis. Jeder will spielen!

Könnten Sie es nachvollzi­ehen, wenn Andreas Luthe derzeit mit seiner Situation nicht zufrieden wäre, denn Tomas Koubek spielte ja beim FCA eine sehr durchwachs­ene Vorrunde?

Hitz: Ich weiß nicht, wie Andi das sieht, so eng sind wir nicht in Kontakt. Und es ist auch schwierig, das von außen zu beurteilen.

Stichwort Vorrunde. Wie beurteilen Sie die Leistung Ihrer Mannschaft? Hitz: Durchwachs­en ist nicht das richtige Wort. Wir hatten uns mehr vorgestell­t. Das sieht man auch an den letzten Spielen (Anm. der Red. 3:3 gegen Leipzig und 1:2 gegen Hoffenheim), da haben wir wieder Punkte verschenkt, obwohl wir deutlich überlegen waren. Wir wollen die Rückrunde auf jeden Fall besser gestalten.

Von außen betrachtet hatte man den Eindruck, dass in Dortmund nie Ruhe herrschte. Täuscht das?

Hitz: Dass es bei uns Diskussion­en gibt, wenn wir nicht siegen, ist völlig normal. Wir haben den Anspruch, jedes Spiel zu gewinnen, das ist uns in der Vorrunde nicht gelungen. Dass dann der Trainer und auch

Spieler in der Kritik stehen, ist im Profisport zur Normalität geworden.

Zuletzt sorgte ja auch Jadon Sancho für Aufregung, als er über Instagram seinen extravagan­ten Lebensstil mit Luxusjacht, Goldsteak und ähnlichem zur Schau stellte. Ihre Posts sehen da anders aus. Man sieht Sie beim Schlittenf­ahren mit den Kindern in Arosa. Hitz: Ja, ich versuche ein bisschen was preiszugeb­en, wie wir leben. Was andere machen, will ich nicht beurteilen. Ich bin auch nicht so oft online und schaue mir auch nicht alles an. In einer Mannschaft gibt es einfach verschiede­ne Charaktere. In seiner Freizeit kann jeder machen, was er will. Aber am Ende geht man gemeinsam raus auf das Feld, um das Spiel zu gewinnen, da ticken wir alle gleich.

Am Samstag startet Borussia beim FCA in die Rückrunde. Am ersten Spieltag der Saison standen Sie beim 5:1-Sieg im Tor. Kann man dieses Ergebnis noch als Maßstab heranziehe­n? Hitz: Auswärts hatten wir in der Vorrunde das eine oder andere Problem. Aber wir wollen das Spiel in Augsburg gewinnen, um gut ins neue Jahr zu starten. Zu Hause wäre es vielleicht einen Tick leichter, aber wenn wir fokussiert sind, konzentrie­rt sind und unser Potenzial abrufen, sind wir auch auswärts schwer zu schlagen. Selbst von einer guten Mannschaft wie dem FCA.

Interview Robert Götz

● Marwin Hitz, 32, wechselte im Sommer 2018 ablösefrei vom FCA zu Borussia Dortmund. Seitdem absolviert­e er elf Pflichtspi­ele (6 x Bundesliga, 3 x DFB-Pokal, 1 x DFLSupercu­p, 1 x Champions League) für den BVB (zehn Siege, ein Unentschie­den).

„Wer wäre ich, würde ich als Profi zufrieden sein, wenn ich auf der Bank sitze?“

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Foto: Witters Gute Laune ist auch unter Konkurrent­en wichtig. Roman Bürki (links) und Marwin Hitz beim Training.

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