Augsburger Allgemeine (Land West)
Eigentümer um 262118 Euro erleichtert
Über Jahre hat ein heute 58-Jähriger als Hausverwalter viel Geld trickreich in seine eigene Tasche transferiert. Warum das Schöffengericht dennoch ein mildes Urteil gesprochen hat
Augsburg „Unprofessionell“, „nicht transparent“, zudem „trickreich“, „schlechteste Erfahrungen“, „nicht zu empfehlen“. Die Bewertungen im Internet über die Firma, die jahrelang in Augsburg und Friedberg mehrere große Immobilien verwaltet hat, lesen sich verheerend. Die Einträge sind allerdings auch schon drei Jahre alt. Die Firma ist längst Insolvenz gegangen. Ihr Geschäftsführer saß jetzt vor einem Schöffengericht auf der Anklagebank – und hatte sich wegen des Vorwurfs der Untreue in 107 Fällen zu verantworten. Die Höhe des Schadens, den Wohnungseigentümer durch ihn erlitten haben, beträgt laut Staatsanwaltschaft ganze 262 118 Euro.
Über vier Jahre hinweg hat der heute 58-Jährige – ein gelernter Handelskaufmann – Einnahmen und Ausgaben hin und her verschoben, um so zu vertuschen, dass tatsächlich Geld fehlte. Geld, das er aus den Konten von Wohnungseigentümergemeinschaften in die eigene Tasche abgezweigt hatte. Warum?
2013 habe er die Hausverwaltung für eine der Immobilien verloren, begründete der verheiratete Angeklagte, warum es ab dann für ihn finanziell immer enger geworden sei. Geschädigte, die in größerer Anzahl den Prozess in Augsburg als Zuhörer verfolgten, war allerdings auch sein aufwendiger Lebensstil aufgefallen, zu dem Autos und ein Haus gehörten. Auch hatte er in bester Innenstadtlage Büroräume gemietet.
Wie die Anklageschrift auf sieben Seiten auflistet, soll der Hausverwalter mehrmals im Monat bis zu 1500 Euro an Bankautomaten abgehoben haben. Daneben überwies er größere Geldbeträge, die für Reparaturrechnungen zu zahlen gewesen wären, auf eigene Konten. Irgendwann fiel es auf – 2017 zeigten mehrere Geschädigte den Hausverwalter schließlich bei der Polizei wegen des Verdachts der Untreue an.
Vor Gericht kam der Geschäftsführer trotz des hohen Schadens und der Vielzahl angeklagter Fälle mit einem blauen Auge davon. Er muss nicht für mehr als drei Jahre ins Gefängnis, wie von Staatsanwältin Yvonne Möller gefordert. Wie von seinem Verteidiger Florian Engert beantragt, wurde der 58-Jährige zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt.
Während der Angeklagte sich zufrieden zeigte und das Urteil noch im Gerichtssaal akzeptierte, erwägt die Staatsanwältin in Berufung zu gehen. Hintergrund: Das Strafgesetz sieht für jede der Untreuehandlungen eine Mindeststrafe von sechs Monaten vor. Das Gericht beindruckte aber offenbar, dass der Angeklagte, der heute als Hausmeister arbeitet, ab März bei einem kirchlichen Träger eine besser bezahlte Arbeitsstelle in Aussicht hat und so nach und nach das Geld an seine Gläubiger zurückzahlen könnte. Offen sind nur noch rund 82 000 Euro, nachdem er den größten Teil des Schadens aus dem Verkauf des Hauses wiedergutgemacht hatte.