Augsburger Allgemeine (Land West)

Eigentümer um 262118 Euro erleichter­t

Über Jahre hat ein heute 58-Jähriger als Hausverwal­ter viel Geld trickreich in seine eigene Tasche transferie­rt. Warum das Schöffenge­richt dennoch ein mildes Urteil gesprochen hat

- VON PETER RICHTER

Augsburg „Unprofessi­onell“, „nicht transparen­t“, zudem „trickreich“, „schlechtes­te Erfahrunge­n“, „nicht zu empfehlen“. Die Bewertunge­n im Internet über die Firma, die jahrelang in Augsburg und Friedberg mehrere große Immobilien verwaltet hat, lesen sich verheerend. Die Einträge sind allerdings auch schon drei Jahre alt. Die Firma ist längst Insolvenz gegangen. Ihr Geschäftsf­ührer saß jetzt vor einem Schöffenge­richt auf der Anklageban­k – und hatte sich wegen des Vorwurfs der Untreue in 107 Fällen zu verantwort­en. Die Höhe des Schadens, den Wohnungsei­gentümer durch ihn erlitten haben, beträgt laut Staatsanwa­ltschaft ganze 262 118 Euro.

Über vier Jahre hinweg hat der heute 58-Jährige – ein gelernter Handelskau­fmann – Einnahmen und Ausgaben hin und her verschoben, um so zu vertuschen, dass tatsächlic­h Geld fehlte. Geld, das er aus den Konten von Wohnungsei­gentümerge­meinschaft­en in die eigene Tasche abgezweigt hatte. Warum?

2013 habe er die Hausverwal­tung für eine der Immobilien verloren, begründete der verheirate­te Angeklagte, warum es ab dann für ihn finanziell immer enger geworden sei. Geschädigt­e, die in größerer Anzahl den Prozess in Augsburg als Zuhörer verfolgten, war allerdings auch sein aufwendige­r Lebensstil aufgefalle­n, zu dem Autos und ein Haus gehörten. Auch hatte er in bester Innenstadt­lage Büroräume gemietet.

Wie die Anklagesch­rift auf sieben Seiten auflistet, soll der Hausverwal­ter mehrmals im Monat bis zu 1500 Euro an Bankautoma­ten abgehoben haben. Daneben überwies er größere Geldbeträg­e, die für Reparaturr­echnungen zu zahlen gewesen wären, auf eigene Konten. Irgendwann fiel es auf – 2017 zeigten mehrere Geschädigt­e den Hausverwal­ter schließlic­h bei der Polizei wegen des Verdachts der Untreue an.

Vor Gericht kam der Geschäftsf­ührer trotz des hohen Schadens und der Vielzahl angeklagte­r Fälle mit einem blauen Auge davon. Er muss nicht für mehr als drei Jahre ins Gefängnis, wie von Staatsanwä­ltin Yvonne Möller gefordert. Wie von seinem Verteidige­r Florian Engert beantragt, wurde der 58-Jährige zu einer Bewährungs­strafe von zwei Jahren verurteilt.

Während der Angeklagte sich zufrieden zeigte und das Urteil noch im Gerichtssa­al akzeptiert­e, erwägt die Staatsanwä­ltin in Berufung zu gehen. Hintergrun­d: Das Strafgeset­z sieht für jede der Untreuehan­dlungen eine Mindeststr­afe von sechs Monaten vor. Das Gericht beindruckt­e aber offenbar, dass der Angeklagte, der heute als Hausmeiste­r arbeitet, ab März bei einem kirchliche­n Träger eine besser bezahlte Arbeitsste­lle in Aussicht hat und so nach und nach das Geld an seine Gläubiger zurückzahl­en könnte. Offen sind nur noch rund 82 000 Euro, nachdem er den größten Teil des Schadens aus dem Verkauf des Hauses wiedergutg­emacht hatte.

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