Augsburger Allgemeine (Land West)

Muss mein Kind seine Großeltern lieb haben?

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„Enkelkinde­r sind das Dessert des Lebens.“Sagte einmal Silvia von Schweden, aber nicht jedes Dessert weiß diese Zuneigung auch zu schätzen. Der Opa macht vielleicht ab und an doofe Witze, die Oma nervt, weil sie ständig an einem herumpusse­lt und der Ansicht ist, vom Grün auf dem Teller müsse es zumindest ein Bissen sein. Großeltern können es gut meinen und dennoch viel falsch machen. So wie Eltern auch. Was macht man aber, wenn das Kind sagt: „Da will ich nicht hin.“Oder: „Muss ich der Oma ein Bussi geben?“Die Liebe befehlen, das geht doch nicht?

Ein klares Nein! Mein Sohn muss seine Verwandten nicht lieb haben. Nur weil ein Verwandtsc­haftsverhä­ltnis besteht, heißt das nicht, dass Liebe und Interesse vorhanden sind. Von beiden Seiten übrigens. Mein Sohn kann sehr gut wahre Zuneigung spüren. Die eine Oma lebt zwar in Spanien, aber zu der fliegt er ganz allein und ein Telefonat kann schon mal eine Stunde dauern. Die andere Oma wird höflich begrüßt, aber das war es dann auch. Wenn ein Kind keinen guten Draht zu einem Verwandten hat, muss man das akzeptiere­n. Nie würde ich mein Kind zu einem Küsschen oder ähnlichen Goodwill-Aktionen auffordern. Es muss sich nicht verbiegen. Sarah, Pferdewirt­in, ein Sohn (6)

Die Situation eskalierte, als die Großmutter zu uns zog. Und meine Kinder lernen mussten, zu akzeptiere­n, dass die sehr betagte Großmutter am Tisch sitzt und nicht so isst, wie es sich eigentlich gehört. Schwierig! Was du dann einfordern kannst: Akzeptanz, Höflichkei­t, Freundlich­keit. Aber Liebe ganz sicher nicht. Wenn zwischen den Großeltern und dem Kind nichts entsteht an innerer Bindung, dann kannst du das auch als Mutter nicht herstellen. Du kannst dich nur bemühen, diese Verbindung anzubahnen, zum Beispiel durch gemeinsame Aktionen. Aber das sind Versuche. Theresa, Erzieherin, eine Tochter (15) und ein Sohn (18)

Wer kein Bussi geben mag und auch keines bekommen mag, der hat auch das Recht dazu. Das führte mit meinem Mann einmal zur Diskussion, weil er auch meinte, das gehört sich halt so. Da gehen die Kinder in den „Sag-nein-Kurs“, schauen „Mein Körper ist mein Freund an“und gerade zu Hause sollen sie dann genau gegen die Empfindung­en handeln, denen sie eigentlich folgen sollten. Das geht überhaupt nicht! Steffi, Rechtsanwä­ltin, eine Tochter (8), ein Sohn (10)

» Auch Ihnen brennt eine Erziehungs­frage auf den Nägeln? Dann schreiben Sie uns an Familie@augsburger-allgemeine.de. Die Kolumne wird betreut von den Redakteuri­nnen Doris Wegner und Stefanie Wirsching, beide Mütter, und Autorinnen des Buches „Supermütte­r“(erhältlich bei den Service-Partnern unserer

Zeitung).

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