Augsburger Allgemeine (Land West)
Exzellent – so lobt Mann sich
In der Wissenschaft benutzen Männer zur Beschreibung ihrer Forschung positivere Begriffe als Frauen – unabhängig von der tatsächlichen Bedeutung ihrer Arbeit. Das berichtet ein internationales Team im British Medical Journal (BMJ) nach der Analyse von über sechs Millionen Fachartikeln. Das Selbstlob in den Texten führe zudem dazu, dass sie häufiger von anderen Kollegen zitiert würden – was möglicherweise auch der Karriere der Autoren zugutekomme. Frauen sind in der klinischen Forschung und in den Biowissenschaften unterrepräsentiert. Zudem verdienen sie weniger als Männer, erhalten weniger Forschungsgelder und werden seltener zitiert. Ein Grund dafür könnte sein, dass sie ihre Ergebnisse anders formulieren als ihre männlichen Kollegen.
Dies prüften Marc Lerchenmüller von der Universität Mannheim und Ole Sorenson von der amerikanischen Yale University, die im Bereich technologische Innovation und Management forschen, sowie der Mediziner Anupam Jena von der Harvard University. Das Team analysierte, wie oft Begriffe wie „einzigartig“, „exzellent“, „neuartig“und 22 andere positive Beschreibungen in den Überschriften und Zusammenfassungen von mehr als 100000 Fachartikeln zu klinischer Forschung und über sechs Millionen Artikeln aus den Biowissenschaften aus den Jahren 2002 bis 2017 verwendet wurden. Das Ergebnis: Bei Artikeln zu klinischer Forschung mit einem männlichen Hauptautor war die Wahrscheinlichkeit um bis zu 21 Prozent höher, dass derartige positive Beschreibungen genutzt wurden. Jene Fachartikel wurden auch um bis zu 13 Prozent häufiger zitiert als solche ohne ein derartiges Anpreisen. Für die Biowissenschaften ergab die Auswertung tendenziell ähnliche Resultate.
Für die Linguistin Helga Kotthoff von der Universität Freiburg ist das keine Überraschung: „Kleinere Studien, die sprachlich aber mehr ins Detail gehen, kamen bereits zu ähnlichen Befunden.“Bemerkenswert sei die aktuelle Studie, weil sie viele Daten umfasse. Allerdings sei nicht untersucht worden, ob es auch eine direkte Korrelation zwischen Zitierhäufigkeit und den Namen der jeweiligen Autoren gegeben habe: „Wir wissen, dass bereits ein männlicher Name des Vortragenden dazu führt, dass Studierende eine Vorlesung besser beurteilen“, führt Kotthoff aus. Werde der gleiche Fachartikel einmal mit einem Autor und dann mit einer Autorin angegeben, so werde der Beitrag des männlichen Verfassers als fundierter wahrgenommen. „Entsprechend ist die Frage, ob es wirklich am Selbstlob liegt oder an den Namen, dass ein Artikel öfter zitiert wurde.“(dpa)