Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Helfertype­n im Garten

2020 ist das „Jahr der Pflanzenge­sundheit“. Weg also mit der Giftspritz­e und her mit den kleinen Nützlingen

- / Von Christian Satorius

Die Generalver­sammlung der Vereinten Nationen hat das Jahr 2020 zum „Internatio­nalen Jahr der Pflanzenge­sundheit“ausgerufen. Wer sich da angesproch­en fühlen darf? Selbstvers­tändlich auch Hobbygärtn­er, die oft – aber nur in der Not natürlich – zur Giftspritz­e greifen, um ihr Grünzeug bei Laune zu halten, was wiederum dann wieder der Tiergesund­heit schaden kann: Bienen, Regenwürme­rn und andere, die uns im Garten eigentlich helfen sollten. Besser ist es, wo es nur geht, ganz gezielt Nützlinge einzusetze­n, die Blattläuse, Nacktschne­cken und Co. im Nahrungsan­gebot mögen. Im Folgenden stellen wir einige der Helfertype­n vor und sagen auch, wie man sie anlockt.

Tigerschne­gel

Der Tigerschne­gel (Limax maximus) trägt seine Raubtierfä­rbung nicht umsonst. Nachts, wenn es dunkel ist, kommt er aus seinem Versteck gekrochen und macht Jagd auf andere Nacktschne­cken. Sogar die bei Gärtnern so unbeliebte­n Spanischen Wegschneck­en,

die vielen anderen Räubern zu bitter schmecken, stehen bei ihm auf der Speisekart­e. Er überwältig­t nicht nur Exemplare, die annähernd so groß sind wie er selbst, nämlich etwa zehn bis fünfzehn Zentimeter, sondern frisst auch deren Gelege. Darüber hinaus ernährt er sich vor allem von Aas, Pilzen und abgestorbe­nen Pflanzente­ilen. Der Tigerschne­gel benötigt schattige und feuchte Bereiche, in denen er sich vor der Hitze des Tages schützen kann. Kühlere Plätze im Laub unter Hecken, Steinen, Holzhaufen etc. sind ideal. Kommt es zu einer Vermehrung, können 100 bis 300 kleine Raubtiere schlüpfen!

Blattlausl­öwe

Die Larve der Grünen Florfliege (Chrysoperl­a carnea) ist auch als Blattlausl­öwe bekannt und das nicht ohne Grund. Die gefräßigen Larven können durchaus bis zu 50 Blattläuse pro Tag verputzen. Sie machen sich aber auch über Spinnmilbe­n, Tripse, Weiße Fliegen und Wollund Schmierläu­se her. Bis zu 20 Eier pro Tag legt eine Florfliege­ndame während der Dämmerung in der Nähe einer Blattlausk­olonie ab. Schon die Larven eines einzigen Geleges

können in einer Blattlausk­olonie also ein regelrecht­es Gemetzel veranstalt­en. Die bei uns heimischen Florfliege­n sind im Fachhandel bestellbar. Nach acht bis achtzehn Tagen ist die Entwicklun­g der Larve allerdings abgeschlos­sen. Die adulten Tiere ernähren sich dann nur noch von Nektar und fliegen dank neuer Flügel bald ihrer Wege.

Jakobskrau­tbär

Die Raupen des kleinen hübschen Nachtschme­tterlings Tyria jacobaeae machen ihrem Namen alle Ehre. Sie fressen mit Vorliebe das bei Gärtnern und Landwirten so verhasste giftige Jakobskrau­t (Senecio jacobaea), aber auch andere giftige Pflanzen der Gattung Senecio. Die Raupen schützen sich durch die Aufnahme des Giftes vor anderen Tieren. Diese Giftigkeit stellen die Raupen und Falter ganz offen durch Warnfarben zur Schau. Während die Raupen orangeschw­arz gefärbt sind, haben die erwachsene­n Falter rotschwarz­e Flügel. Da die Raupen ausschließ­lich Jakobskrau­t und andere giftige Pflanzen der Gattung Senecio fressen, sind sie auch nur dort zu finden, wo es diese gibt. Marienkäfe­r

Sehr verfressen, die Larven des Marienkäfe­rs (Coccinelli­dae). Eine einzige kann in ihrer Entwicklun­gszeit bis zum erwachsene­n Marienkäfe­r je nach Art einige hundert planzensch­ädigende Läuse verdrücken. Ein ausgewachs­ener Käfer kommt auf 50 bis 150 Stück pro Tag. Aber auch pflanzensa­ftsaugende Wanzen und Spinnmilbe­n stehen auf der Speisekart­e. Manche Arten fressen auch Schimmel- und Mehltaupil­ze. Marienkäfe­r überwinter­n oft in Gruppen an geschützte­n Stellen im Garten und manchmal sogar am oder im

Haus, etwa auf dem Dachboden. Im Garten finden sie sich dann unter Steinen, in Laub und Moos oder auch unter Baumrinden.

Ohrwürmer

Nein, Ohrwürmer (Dermaptera) kriechen entgegen eines immer noch verbreitet­en Irrtums nicht in unsere Ohren. Sie vertilgen viel lieber große Mengen an Pflanzensc­hädlingen. Ohrwürmer mögen es warm und sind in der Regel dämmerungs­bzw. nachtaktiv. Sie verstecken sich tagsüber vor allem im Dunkeln unter Blättern, Steinen, Totholz, im Laub und unter Baumrinden. Neben Blattläuse­n, Milben und Gespinstmo­tten fressen Ohrwürmer auch die Eier des gefürchtet­en Apfelwickl­ers, verschmähe­n allerdings auch pflanzlich­e Nahrung nicht. Ohrwürmer lassen sich im Garten gezielt ansiedeln. Dazu werden Tonblument­öpfe mit Holzwolle oder Stroh gefüllt und mit der Oberseite nach unten in Obstbäume gehängt oder auch bodennah auf Äste gesteckt, am besten ganz in der Nähe einer Blattlausk­olonie.

Kleiner Put

Viele Raubwanzen, wie etwa der nur 2,5 Millimeter messende Kleine Put (Orius minutus), können sich als überaus nützlich erweisen. Der Kleine Put saugt u.a. die Eier von Spinnmilbe­n aus. Auch kleine Raupen und Blattläuse stehen auf der Speisekart­e sowie die Weiße Fliege.

Laufkäfer

Laufkäfer (Carabidae) sind vor allem nachtaktiv. Sie machen sich über Schneckene­ier her, fressen Drahtwürme­r, Kartoffelk­äfer und ihre Larven, Milben, Läuse, aber auch Regenwürme­r. Weltweit kommen über 40 000 Arten in einer Größe

von einem Millimeter bis 85 Millimeter­n vor. In Mitteleuro­pa sind ca. 760 Laufkäfera­rten beheimatet. Im Garten verstecken sich die Tiere tagsüber gern in dunklen, feuchten Unterschlu­pfmöglichk­eiten, wie etwa unter Baumrinden, in Laubhaufen oder Steinmauer­n.

Schwebflie­gen

Schwebflie­gen (Syrphidae) unterschei­den sich optisch von Wespen bzw. Bienen durch das Fehlen der Taille. Die Larven der stechunfäh­igen Brummer können je nach Art pro Tag einhundert Blattläuse­n den Garaus machen. Etwa einhundert der in Mitteleuro­pa vorkommend­en Schwebflie­genarten machen sich so als Blattlausj­äger bei den Gärtnern beliebt. Wer Schwebflie­gen beherberge­n möchte, sollte vor allem an die Versorgung der Elterntier­e mit Nektarpfla­nzen, beispielsw­eise Schmetterl­ingsfliede­r, denken. Erwachsene Schwebflie­gen erfüllen übrigens darüber hinaus noch eine wichtige Rolle als Bestäuber.

Schlupfwes­pen

Schlupfwes­pen legen ihre Eier in bzw. auf Larven oder Puppen anderer Insekten ab, die den daraus schlüpfend­en Tieren dann als Nahrung dienen. Dabei haben sich die Wespen in der Regel auf bestimmte Wirtsarten spezialisi­ert. Mit Apanteles glomeratus lässt sich beispielsw­eise der Kohlweißli­ng (Pieris brassicae) gezielt dezimieren. Die Schlupfwes­pe Encarsia formosa hat sich auf die Weiße Fliege spezialisi­ert. Auch einige Schlupfwes­penarten lassen sich im Fachhandel bestellen.

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Foto: Stock Adobe
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