Augsburger Allgemeine (Land West)
Die Helfertypen im Garten
2020 ist das „Jahr der Pflanzengesundheit“. Weg also mit der Giftspritze und her mit den kleinen Nützlingen
Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat das Jahr 2020 zum „Internationalen Jahr der Pflanzengesundheit“ausgerufen. Wer sich da angesprochen fühlen darf? Selbstverständlich auch Hobbygärtner, die oft – aber nur in der Not natürlich – zur Giftspritze greifen, um ihr Grünzeug bei Laune zu halten, was wiederum dann wieder der Tiergesundheit schaden kann: Bienen, Regenwürmern und andere, die uns im Garten eigentlich helfen sollten. Besser ist es, wo es nur geht, ganz gezielt Nützlinge einzusetzen, die Blattläuse, Nacktschnecken und Co. im Nahrungsangebot mögen. Im Folgenden stellen wir einige der Helfertypen vor und sagen auch, wie man sie anlockt.
Tigerschnegel
Der Tigerschnegel (Limax maximus) trägt seine Raubtierfärbung nicht umsonst. Nachts, wenn es dunkel ist, kommt er aus seinem Versteck gekrochen und macht Jagd auf andere Nacktschnecken. Sogar die bei Gärtnern so unbeliebten Spanischen Wegschnecken,
die vielen anderen Räubern zu bitter schmecken, stehen bei ihm auf der Speisekarte. Er überwältigt nicht nur Exemplare, die annähernd so groß sind wie er selbst, nämlich etwa zehn bis fünfzehn Zentimeter, sondern frisst auch deren Gelege. Darüber hinaus ernährt er sich vor allem von Aas, Pilzen und abgestorbenen Pflanzenteilen. Der Tigerschnegel benötigt schattige und feuchte Bereiche, in denen er sich vor der Hitze des Tages schützen kann. Kühlere Plätze im Laub unter Hecken, Steinen, Holzhaufen etc. sind ideal. Kommt es zu einer Vermehrung, können 100 bis 300 kleine Raubtiere schlüpfen!
Blattlauslöwe
Die Larve der Grünen Florfliege (Chrysoperla carnea) ist auch als Blattlauslöwe bekannt und das nicht ohne Grund. Die gefräßigen Larven können durchaus bis zu 50 Blattläuse pro Tag verputzen. Sie machen sich aber auch über Spinnmilben, Tripse, Weiße Fliegen und Wollund Schmierläuse her. Bis zu 20 Eier pro Tag legt eine Florfliegendame während der Dämmerung in der Nähe einer Blattlauskolonie ab. Schon die Larven eines einzigen Geleges
können in einer Blattlauskolonie also ein regelrechtes Gemetzel veranstalten. Die bei uns heimischen Florfliegen sind im Fachhandel bestellbar. Nach acht bis achtzehn Tagen ist die Entwicklung der Larve allerdings abgeschlossen. Die adulten Tiere ernähren sich dann nur noch von Nektar und fliegen dank neuer Flügel bald ihrer Wege.
Jakobskrautbär
Die Raupen des kleinen hübschen Nachtschmetterlings Tyria jacobaeae machen ihrem Namen alle Ehre. Sie fressen mit Vorliebe das bei Gärtnern und Landwirten so verhasste giftige Jakobskraut (Senecio jacobaea), aber auch andere giftige Pflanzen der Gattung Senecio. Die Raupen schützen sich durch die Aufnahme des Giftes vor anderen Tieren. Diese Giftigkeit stellen die Raupen und Falter ganz offen durch Warnfarben zur Schau. Während die Raupen orangeschwarz gefärbt sind, haben die erwachsenen Falter rotschwarze Flügel. Da die Raupen ausschließlich Jakobskraut und andere giftige Pflanzen der Gattung Senecio fressen, sind sie auch nur dort zu finden, wo es diese gibt. Marienkäfer
Sehr verfressen, die Larven des Marienkäfers (Coccinellidae). Eine einzige kann in ihrer Entwicklungszeit bis zum erwachsenen Marienkäfer je nach Art einige hundert planzenschädigende Läuse verdrücken. Ein ausgewachsener Käfer kommt auf 50 bis 150 Stück pro Tag. Aber auch pflanzensaftsaugende Wanzen und Spinnmilben stehen auf der Speisekarte. Manche Arten fressen auch Schimmel- und Mehltaupilze. Marienkäfer überwintern oft in Gruppen an geschützten Stellen im Garten und manchmal sogar am oder im
Haus, etwa auf dem Dachboden. Im Garten finden sie sich dann unter Steinen, in Laub und Moos oder auch unter Baumrinden.
Ohrwürmer
Nein, Ohrwürmer (Dermaptera) kriechen entgegen eines immer noch verbreiteten Irrtums nicht in unsere Ohren. Sie vertilgen viel lieber große Mengen an Pflanzenschädlingen. Ohrwürmer mögen es warm und sind in der Regel dämmerungsbzw. nachtaktiv. Sie verstecken sich tagsüber vor allem im Dunkeln unter Blättern, Steinen, Totholz, im Laub und unter Baumrinden. Neben Blattläusen, Milben und Gespinstmotten fressen Ohrwürmer auch die Eier des gefürchteten Apfelwicklers, verschmähen allerdings auch pflanzliche Nahrung nicht. Ohrwürmer lassen sich im Garten gezielt ansiedeln. Dazu werden Tonblumentöpfe mit Holzwolle oder Stroh gefüllt und mit der Oberseite nach unten in Obstbäume gehängt oder auch bodennah auf Äste gesteckt, am besten ganz in der Nähe einer Blattlauskolonie.
Kleiner Put
Viele Raubwanzen, wie etwa der nur 2,5 Millimeter messende Kleine Put (Orius minutus), können sich als überaus nützlich erweisen. Der Kleine Put saugt u.a. die Eier von Spinnmilben aus. Auch kleine Raupen und Blattläuse stehen auf der Speisekarte sowie die Weiße Fliege.
Laufkäfer
Laufkäfer (Carabidae) sind vor allem nachtaktiv. Sie machen sich über Schneckeneier her, fressen Drahtwürmer, Kartoffelkäfer und ihre Larven, Milben, Läuse, aber auch Regenwürmer. Weltweit kommen über 40 000 Arten in einer Größe
von einem Millimeter bis 85 Millimetern vor. In Mitteleuropa sind ca. 760 Laufkäferarten beheimatet. Im Garten verstecken sich die Tiere tagsüber gern in dunklen, feuchten Unterschlupfmöglichkeiten, wie etwa unter Baumrinden, in Laubhaufen oder Steinmauern.
Schwebfliegen
Schwebfliegen (Syrphidae) unterscheiden sich optisch von Wespen bzw. Bienen durch das Fehlen der Taille. Die Larven der stechunfähigen Brummer können je nach Art pro Tag einhundert Blattläusen den Garaus machen. Etwa einhundert der in Mitteleuropa vorkommenden Schwebfliegenarten machen sich so als Blattlausjäger bei den Gärtnern beliebt. Wer Schwebfliegen beherbergen möchte, sollte vor allem an die Versorgung der Elterntiere mit Nektarpflanzen, beispielsweise Schmetterlingsflieder, denken. Erwachsene Schwebfliegen erfüllen übrigens darüber hinaus noch eine wichtige Rolle als Bestäuber.
Schlupfwespen
Schlupfwespen legen ihre Eier in bzw. auf Larven oder Puppen anderer Insekten ab, die den daraus schlüpfenden Tieren dann als Nahrung dienen. Dabei haben sich die Wespen in der Regel auf bestimmte Wirtsarten spezialisiert. Mit Apanteles glomeratus lässt sich beispielsweise der Kohlweißling (Pieris brassicae) gezielt dezimieren. Die Schlupfwespe Encarsia formosa hat sich auf die Weiße Fliege spezialisiert. Auch einige Schlupfwespenarten lassen sich im Fachhandel bestellen.