Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Tragik des Mike Mohring

Rücktritt reiht sich in Serie der Tiefschläg­e für den CDU-Mann ein

- VON MICHAEL POHL

Erfurt Nicht erst seit dem Eklat um die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Eintags-Ministerpr­äsidenten wandelt der Thüringer CDU-Landeschef Mike Mohring als tragische Figur durch die deutsche Politik. Bereits die Landtagswa­hl im Oktober war ein Tiefschlag für die Christdemo­kraten, die mit Bernhard Vogel, Dieter Althaus und Christine Lieberknec­ht fast ein Vierteljah­rhundert den Regierungs­chef in dem Land in Deutschlan­ds Mitte stellten. Die CDU verlor ein Drittel ihrer Stimmen. Selbst unter Rot-Rot-Grün war sie noch stärkste Fraktion, nun schrumpfte sie auf Platz drei hinter Bodo Ramelows Linke und Björn Höckes rechtsradi­kaler AfD.

Mohring hatte einen mehr als schwierige­n Wahlkampf zu bestehen: Ein Jahr vor der Wahl erkrankte er schwer an Krebs, nach Operation und Chemothera­pie kämpfte er sich deutlich angeschlag­en zurück in die Mühlen der Politik. Die Thüringer verfolgten Monat für Monat die Genesung des CDU-Kandidaten, der anfangs abgemagert mit Wollmütze auftrat. Doch auch parteiinte­rn hatte der 48-Jährige ständig harte Kämpfe auszutrage­n.

Der aus Apolda stammende gebürtige Thüringer ist ein klassische­s politische­s Wendekind. Schon als Gymnasiast engagierte er sich im Neuen Forum, 1993 wurde er CDU-Mitglied. Er galt eigentlich stets als in der Mitte der Partei verankert und lange als Anhänger von Schwarz-Grün. Doch als seine Förderin Christine Lieberknec­ht 2014 mit der Bildung einer schwarz-rotgrünen Regierung scheiterte, wurde Mohring als damaliger CDU-Fraktionsc­hef die Mitschuld gegeben. Unzuverläs­sig bei Absprachen und wankelmüti­g bei Beschlüsse­n erhielt er das Etikett des „Tricksers“. Die Bundes-CDU warnte Mohring sogar schon 2014, gemeinsame Sache mit der AfD als Gegenkandi­dat gegen Ramelow zu machen.

Jetzt wiederholt­e sich das Ganze unter umgekehrte­n Vorzeichen. Mohring hatte schon lange Nöte, einen großen Teil seiner Fraktion unter Kontrolle zu halten, der unverhohle­n eine Zusammenar­beit mit der Höcke-AfD anstrebt. Nach der Wahl Kemmerichs jubelte die Mehrheit seiner CDU-Fraktion dem FDP-Mann zu. Mohring dagegen hatte, wie er dem Spiegel sagte, Kemmerich vergeblich gedrängt, nicht anzutreten. Doch wie so oft scheiterte der CDU-Landeschef mit seiner Taktik. Nun kündigte er seinen erwarteten Rücktritt an.

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Foto: dpa Thüringens CDU-Chef Mike Mohring stürzt über Erfurter Wahleklat.

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