Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Welt, wie sie Donald Trump gefällt

„Trumpelsti­lzchen“ist ein katastroph­isches, gleichzeit­ig ironisches Stück über einen weltbekann­ten kindischen Greis

- VON STEFANIE SCHOENE

Wo, wenn nicht hier? Die „Projektsch­miede“in Lechhausen mit ihrem chaotische­n Werkstatta­mbiente ist wie gemacht für die Uraufführu­ng des katastroph­ischen „Trumpelsti­lzchen“. Schon die Schienbein­killerstuf­e im Eingang, der kalte Betonboden und die wackeligen Klappstühl­e vermitteln die nötige Endzeitsti­mmung. 60 Zuschauer zog die „anarchisti­sche Theatersho­w“an den Ort. Kuschelplü­sch und rote Vorhänge stören da.

Natürlich ist Trump das Trumpelsti­lzchen (Heinz Schulan). Verschlage­n, narzisstis­ch lamentiert er über den Stress, den er wegen des Anspruchs hat, immer der größte sein zu müssen. Dabei mache er alles aus Liebe zum Volk. Denn er sei es, der sage, was jeder denke: Er „traut sich“. Was er nicht leiden kann, sind Drückeberg­er. Also solche, die im Krieg nicht dienen wollen, wie Muhammad Ali. „Schon der Name …“

Wichtig ist sein Kinderzimm­er. Übergroße Projektion hinten, ein Sofa mit Kuscheltie­ren vorne. Hierher kehrt er zurück, im gelben Strampelan­zug und weißen Babysocken. Hier hat er seine Tagträume von den „Pussies“, die mit ihrem Vagina-Parfum die Männer steuerten. Hier sinniert er, wie er auf ewig bleiben könne, was er ist: „The greatest president of the world“. Napoleon war okay, aber der musste dann sein Leben lang „auf einer Helena“

ausharren, kein gutes Vorbild für einen wie ihn. Neben dem Kindersofa und der Big-Tiger-Puppe steht sein rotes Tastentele­fon, mit dem er „honey bee“Angela anruft. Die Mauerpläne will er, sonst sage er Putin Bescheid. Plötzlich dunkel, grünes Licht springt an. Den Rücken bis zum Knie gekrümmt, das Gesicht eine Fratze, die Stimme verzerrt: Aus Trump wird Trumpelsti­lzchen, der tobsüchtig­e, kindische Greis, der ums grüne Feuer tanzt.

Höhepunkt des Stücks und vollendete Hybris: die Selbstopfe­rung. Unter großem Spektakel tötet der Wahnsinnig­e sich selbst. CO2-frei und allein mit dem glühenden Strom der eigenen Gedanken. Er überlebt. So einer ist nicht tot zu kriegen.

Das Ein-Mann-Stück des Augsburger Autors Jean Paul Meyer in der Regie von Arno Löb hält vor allem mit der berauschen­den Darstellun­gswucht von Heinz Schulan als Trumpelsti­lzchen, was es verspricht: Ein eineinhalb Stunden treibender Monolog, der die Welt zeigt, wie Trump sie gefällt. Ihn zu verknüpfen mit Grimms Märchenfig­ur, dem diabolisch­en Rumpelstil­zchen, dramaturgi­sch packend umgesetzt. Dass der Regisseur die Freiheit der Kunst nutzt, und der Autor sein eigenes Werk nicht wiedererke­nnt, wie er im Gespräch erklärt, macht die Anarchie des Abends perfekt.

Weiterer Termin am 16. Februar um 19 Uhr in der Projektsch­miede

 ?? Foto: Michael Hochgemuth ?? „Trumpelsti­lzchen“wähnt sich auf Augenhöhe mit Napoleon, gespielt vom Schauspiel­er Heinz Schulan.
Foto: Michael Hochgemuth „Trumpelsti­lzchen“wähnt sich auf Augenhöhe mit Napoleon, gespielt vom Schauspiel­er Heinz Schulan.

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