Augsburger Allgemeine (Land West)
Hilferufe von Urlaubern und Vermietern
Corona Die zwei Bundestagsabgeordneten Hansjörg Durz (CSU) und Rainer Kraft (AfD) sind eigentlich im Homeoffice, doch heute geht es in Berlin um das Notfallpaket. Mit welchen Anliegen sich Bürger an die Politiker wenden
Landkreis Augsburg Der Bundestag will heute in einer Notgesetzgebung einen Betrag im dreistelligen Milliardenbereich zur Bekämpfung der Folgen der Corona-Krise freigeben. Die Abgeordneten arbeiten allerdings schon länger im Krisenmodus – unter ihnen auch Hansjörg Durz (CSU) aus Neusäß und Dr. Rainer Kraft (AfD) aus Langweid. Sie sind die beiden Mitglieder des Bundestags aus dem Landkreis Augsburg.
Hansjörg Durz sitzt an seinem Schreibtisch zu Hause, als ihn unsere Zeitung am Montag erreicht. Glücklicherweise habe er schon vor längerer Zeit ein Homeoffice eingerichtet, meint Durz. Seit über einer Woche arbeiten auch seine Mitarbeiter von zu Hause. Er versuche gerade, mehr Mundschutzmasken und Teströhrchen für die Region zu organisieren, erklärt der Politiker aus Neusäß. Zwar habe sich der Bund bereits um eine Lieferung von Materialien bemüht, aber auch dieser Nachschub würde wieder nur für eine bestimmte Zeit ausreichen.
Im Arbeitsalltag des Bundestagsabgeordneten dreht sich gerade alles um Corona. „Besonders wichtig ist mir, eng mit den Gesundheitsund Landratsämtern der Region zusammenzuarbeiten. Ich will sie unterstützen und ihre Bedürfnisse nach Berlin weitergeben“, erklärt Durz. Außerdem steht er in direktem Kontakt zu den Unternehmen aus der Region. „Viele brauchen Unterstützung“, weiß der Politiker: „Zentral sind die Liquiditätshilfen des Bundes. Ich kläre auf und frage nach, wer Hilfe braucht.“
Allerdings geht das alles seiner Ansicht noch nicht weit genug bei der Hilfe. Zusammen mit der Unionsfraktion im Bundestag wolle er darauf hinarbeiten, dass der Bund den Unternehmen die Sozialversicherungsbeiträge „stundet“. Durz erklärt: „Das wäre aus meiner Sicht die sinnvollste Maßnahme.“Der Grund: Bis die Finanzhilfen des Bundes anlaufen, werde es sicherlich noch dauern. Die Verschiebung des Abführens der Sozialversicherung könnte dagegen schon Ende des Monats „enorm helfen“.
Auch am Wochenende beschäftigt das Corona-Thema den Abgeordneten. Zum Beispiel nehmen Privatpersonen, deren Angehörige im Ausland gestrandet sind, immer häufiger Kontakt zu ihm auf und bitten um Hilfe. Ein Beispiel ist eine Familie, deren erwachsene Tochter mit drei Freundinnen auf den Kapverden gestrandet ist. Da die Inselgruppe noch kaum vom Coronavirus betroffen ist, stehen Urlauber dort nicht auf den Rückhollisten des Auswärtigen Amtes. Trotzdem werden Flüge gestrichen, unter anderem der Rückflug der Urlauberinnen (wir berichteten). „Und sie sind nicht die Einzigen, denen es so ergeht“, betont Hansjörg Durz.
Ebenfalls bereits auf seinem Schreibtisch: Fragen zum Thema Miete. Allerdings sprechen ihn weniger Mieter an, sondern vor allem private Vermieter, die um die Zahlungen fürchten, die ihnen bisher als Rentenaufstockung gedient haben oder mit denen sie Darlehen bediees nen müssen. Der vom Bund beschlossene Kündigungsschutz für Mieter in der Corona-Krise mache ihnen Sorgen.
Das Geld des Bundes soll in all diesen Bereichen mehr Sicherheit bringen. Um es tatsächlich ausgeben zu können, muss das Parlament allerdings die Schuldenbremse außer Kraft setzen. Dafür braucht es wiederum eine „Kanzlermehrheit“von 355 Mandaten. Durz wollte deshalb am Dienstagabend bereits nach Berlin reisen – ob mit dem Auto oder doch mit dem Flugzeug, wusste er am Montag noch nicht sicher.
Der Bundestagsabgeordnete Rainer Kraft hat sich am Dienstagvormittag auf den Weg in die Hauptstadt gemacht. Mit dem Zug wolle er zur Fraktionssitzung der AfD, erklärt er im Gespräch. „Ich mache mir wegen der Zugfahrt keine Sorgen, wahrscheinlich ist sowieso nicht so viel los.“Als unsere Zeitung ihn am Montagabend erreicht, sitzt Kraft mit seinem Laptop auf den Knien zu Hause. Der Abgeordnete aus Langweid am Lech arbeitet seit über einer Woche im Homeoffice. Ebenso seine Mitarbeiter. Schon davor habe er die allgemeinen Hygienevorschriften in seinem Berliner
Büro umgesetzt. „Keine Handschläge mehr, immer Hände waschen, auch wenn man das Büro nur mal kurz verlassen hat“, beschreibt Kraft.
Am Montagabend beschäftigt sich Kraft gerade mit den Nothilfen, um sich eine Meinung zu bilden. Wie er am Mittwoch abstimmen wird, hat er noch nicht entschieden. Aus zwei Gründen sei die Entscheidung „gar nicht so einfach“, erklärt Kraft. Erstens „ist das nicht unbedingt meine Thematik“. Kraft ist normalerweise eher in Arbeitskreisen und Ausschüssen zu den Themen Umwelt, Energie und Verkehr aktiv; die Gesetze, die am Mittwoch zur Abstimmung stehen, kämen eher aus dem Bereich Finanzen.
Zweitens betont Kraft: „Mir liegen unvollständige Informationen vor.“Die Mitglieder im Finanzausschuss hätten die Berichte der Sachverständigen und mehr Materialien zur Verfügung, ihm fehle dieser Input. Trotzdem versuche er den Stoff zusammen mit seinen Mitarbeitern so gut es geht zu durchdringen. Außerdem werde er die Fraktionssitzung abwarten und dann eine Entscheidung treffen, erklärt Kraft.