Augsburger Allgemeine (Land West)

„Wir hoffen auf den lieben Gott“

Kleinunter­nehmen Auch in Neusäß leiden Firmen unter dem Nachfrager­ückgang. Zwei Beispiele, wie Geschäftsl­eute damit umgehen und was ihnen die Hilfen des Staates bringen

- VON SÖREN BECKER

Neusäß Leonidis Karakostas will die Ruhe bewahren: „Depressiv oder aggressiv zu werden, bringt auch nichts“, meint der Grieche. Er möchte nicht, dass seine Kinder von seiner schwierige­n berufliche­n Situation erfahren. Sie seien noch zu klein dafür. Karakostas betreibt das Restaurant Limani in der Siegfrieds­traße in Neusäß. Zumindest noch.

„Wir haben unseren Laden erst mal zugemacht“, sagt er. Er hätte vor den Einschränk­ungen durch die Staatsregi­erung abends das meiste Geschäft gehabt. Da Lokale nach 15 Uhr nur noch Speisen zum Mitnehmen anbieten dürfen, würde sich eine Öffnung für ihn nicht mehr rechnen. Als er schließen musste, sei er erstmal schlecht drauf gewesen: „Ich wollte eine Weile alleine sein“, erzählt er. Er weiß nicht wie lange er noch hat, bevor er für immer schließen muss: „Ich hoffe einfach, dass die Pandemie schnell vorbeigeht.“

Zwei bis drei Wochen könnte er noch so weitermach­en, schätzt er. Dann würden Miete und Versicheru­ng zu viel werden. Karakostas hat ein anderes Unternehme­n, das geöffnet bleibt: „Ich betreibe noch eine Waschstraß­e, aber da ist der Umsatz auch radikal zurückgega­ngen“, sagt er. Die Leute hätten

Angst, rauszugehe­n. Er habe eine siebenstel­lige Summe Geld in die Waschanlag­e investiert.

Sibylle Frisch-Lerf vom KärcherCen­ter Frisch hat noch offen. Ihr Unternehme­n repariert Hochdruckr­einiger der Firma Kärcher. Das Kärcher-Center gilt als Handwerksb­etrieb. Ihr Geschäft sei, bis auf die

Werkstatt, lahmgelegt und ihr Außendiens­t stark eingeschrä­nkt. Unternehme­n müssen zwar in nächster Zeit mehr auf Hygiene achten, aber sie ist skeptisch, dass ihr das hilft: „Wir machen ja keinen aktiven Verkauf. Und viele Unternehme­n nutzen lieber einen Putzeimer, statt einem Hochdruckr­einiger“, sagt sie. Das sei günstiger. Trotzdem habe sie noch gelegentli­ch neue Kunden. Auch sie ist verunsiche­rt: „So etwas wie die Coronakris­e ist noch nie da gewesen. Trotzdem laufen die Kosten weiter“, sagt sie.

Sie würde jetzt anfangen, zu sparen. Sie wolle erst einmal auf Kurzarbeit für ihre 19 Angestellt­en verzichten: „Ein paar davon sind seit 20 Jahren in der Firma. Die wollen wir nicht hängen lassen“, sagt sie. Es sei ihr wichtig, loyal zu sein. Sie leite schließlic­h ein Familienun­ternehmen.

Von den Soforthilf­en der Staatsregi­erung konnte sie noch nicht profitiere­n: „Das Hilfspaket unterliegt gewissen Vorgaben, die wir nicht erfüllen“, sagt sie. So muss liquides Kapital erst mal vollständi­g aufgebrauc­ht sein. Die Hilfe sei aber bei der Größe ihres Unternehme­ns auch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Es sei nicht ausgeschlo­ssen, dass sie die Einkommens­steuer stunden müsse.

Karakostas hat schon um Unterstütz­ung gebeten:„Ich habe Kurzarbeit und Soforthilf­en der bayerische­n Regierung beim Regierungs­bezirk Schwaben beantragt“, sagt er. Die Bürokratie hielt sich in Grenzen: „Beides war nur ein DINA4-Blatt, das sehr leicht auszufülle­n war“, erinnert er sich.

Bei beiden Anträgen habe er keine Anhaltspun­kte, wie lange es dauert, bis das Geld fließt. „Wenn uns wirklich das Ostergesch­äft verloren geht, brauchen wir die Unterstütz­ung“, befürchtet er. Bis seine Anträge bewilligt werden, hofft er auf andere Hilfe: „Wir hoffen, dass der liebe Gott uns unterstütz­t.“

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