Augsburger Allgemeine (Land West)
Lufthansa streicht Flotte zusammen
Verkehr Der Konzern legt die ersten Flugzeuge still. Die Tochter Germanwings soll gar nicht mehr abheben – was nicht zwingend für alle Beschäftigten die Arbeitslosigkeit bedeuten muss
Frankfurt/Köln Die Corona-Krise zwingt den Lufthansa-Konzern zu einem massiven Sparprogramm. Mindestens 42 Jets der Kerngesellschaft Lufthansa und der Eurowings sollen dauerhaft stillgelegt werden, teilte das Unternehmen mit. Zudem werden Leasingverträge für alle angemieteten Flieger gekündigt, was zusammen eine Reduzierung der Flotte mit bislang 763 Flugzeugen um rund zehn Prozent ergibt.
Zudem soll der Flugbetrieb der Kölner Tochter Germanwings nicht wieder aufgenommen werden. Dies bedeute aber nicht, dass alle rund 1400 Beschäftigten ihre Jobs verlieren, stellten Unternehmenssprecher klar. Vielmehr solle nun mit den Sozialpartnern über Optionen verhandelt werden. Zu möglichen Staatsbeihilfen der Regierungen in Berlin, Brüssel, Wien und Bern machte Lufthansa keine Angaben.
Bislang gibt es für die 500 Piloten und 900 Flugbegleiter der Germanwings noch keine Vereinbarung zur Kurzarbeit, sodass sie vorerst die vollen Bezüge erhalten, ohne zu fliegen. Hier sind schnelle Verhandlungen zu erwarten.
Die Gewerkschaften hatten befürchtet, dass das Unternehmen und die Jobs schnell abgewickelt werden sollen. Das sei nun keineswegs so, sagte der Sprecher der Kabinengewerkschaft Ufo, Nicoley Baublies. Aus seiner Sicht müsse kein einziger Flugbegleiter gehen, wenn klug über kollektive Lösungen nachgedacht und die natürliche Fluktuation genutzt werde.
„Wir wollen Lösungen für alle Mitarbeiter der Lufthansa“, erklärte Sprecher Janis Schmitt von der Vereinigung Cockpit (VC). Gemeinsam mit Verdi und weiteren Berufsvereinigungen hatten VC und Ufo am Montag dem LufthansaManagement gedroht: „Wir können uns nicht vorstellen, dass Sie einzelne Gruppen opfern und ernsthaft noch mit konstruktiver Unterstützung Ihrer Mitarbeiter anderer Gruppen rechnen.“
Bereits vor der Corona-Krise hatte Lufthansa für die Touristiktochter Eurowings das Ziel formuliert, ihre bislang wesentlich auf drei Flugbetriebe verteilte Flotte auf einen zu konzentrieren. Dazu gehört auch die einstmals selbstständige Marke Germanwings mit zuletzt noch rund 30 Flugzeugen. Klar ist bereits, dass die Marke Eurowings mit 13 Flugzeugen weniger an den Neustart gehen wird.
Bei der Kerngesellschaft Lufthansa sollen dauerhaft 18 Langstreckenflugzeuge und elf Mittelstreckenjets am Boden bleiben. Darunter sind sechs Maschinen des Superjumbos A380, die ohnehin ab 2022 an den Hersteller Airbus zurückgehen sollten. Zudem werden verbrauchsungünstige Jets wie die Boeing 747 und der Airbus A340 ausgemustert.
Auch für die übrigen Töchter Brussels, Austrian und Swiss kündigte der Konzern Flugzeug-Stilllegungen beziehungsweise verzögerte Auslieferungen an, ohne konkrete Zahlen zu nennen. Zugleich wurden sämtliche Mietverträge mit anderen Fluggesellschaften gekündigt. Diese hatten im sogenannten Wet-Lease auch die Besatzungen gestellt.
Mit der Verkleinerung der Flotte und dem eingeleiteten Ende der Germanwings rammt die Lufthansa-Führung erste Pflöcke für die nächsten Jahre ein, die für Unternehmen und Beschäftigte äußerst hart werden könnten. Nach Einschätzung des Vorstands wird es Monate dauern, bis die weltweiten Reisebeschränkungen vollständig aufgehoben sind, und Jahre, bis die weltweite Nachfrage nach Flugreisen wieder das Niveau aus der Vorkrisen-Zeit erreicht.
Für die rund 12 000 Beschäftigten der Lufthansa Technik AG wurde in Hamburg Kurzarbeit bis Ende August vereinbart. Um die Auswirkungen auf die Mitarbeiter möglichst gering zu halten, werde das Kurzarbeitergeld vom Unternehmen auf 90 Prozent des Nettogehalts aufgestockt, bei leitenden Mitarbeitern auf 80 Prozent.