Augsburger Allgemeine (Land West)
Osterfest mit leeren Kirchen
Religion Auch die Gläubigen stehen wegen des Virus vor großen Herausforderungen. Gottesdienste werden online übertragen, das Bistum gibt Vorlagen für eine Hausmesse – wie die Kirche auf die schwierige Zeit reagiert
Die Pfarrer predigen an Ostern wegen der Corona-Krise in leeren Kirchen. Die Gläubigen können die Gottesdienste per Internet trotzdem mitfeiern.
Landkreis Augsburg In vielen Familien werden die Osterkörbchen am Sonntag wohl vor einem Bildschirm aufgestellt. So klappt das mit dem Segen nämlich auch in Zeiten von Corona. Der Dinkelscherber Pfarrer Martin Gall segnet die Gaben digital – ohne Weihwasser, versteht sich. Auf eine Osterfeier im Freien muss in seiner Gemeinde heuer verzichtet werden, und auch der restliche Gottesdienst läuft anders ab als gewohnt. Die Corona-Krise stellt Gläubige vor große Herausforderungen. Die Antworten darauf fallen kreativ aus.
Dass der Gottesdienst aus Dinkelscherben auch online übertragen wird, ist eigentlich nichts Neues. Seit acht Jahren schon können Gläubige die Sonntagsmesse vor dem Bildschirm verfolgen. Nun aber nähmen die Zugriffszahlen massiv zu, bestätigt Pfarrer Martin Gall. Wegen des Coronavirus ändert sich aber auch der Ablauf der Messen. So startet die Osternacht am Sonntag zum Beispiel nicht – wie üblich – mit einer Feier im Freien. Weil die Kamera in der Kirche auf den Altar gerichtet ist, spielt sich der Gottesdienst ausschließlich in der Kirche ab. Auch die Kreuzenthüllung am Karfreitag muss im Blickfeld der Kamera stattfinden. Die Kirchen im Augsburger Land bleiben an diesem Osterfest menschenleer. Das dürfte einmalig sein, doch die Krise bietet auch Chancen.
Dekan Thomas Pfefferer wird am Sonntag um 10 Uhr in der Wallfahrtskirche Violau vom Altar aus in eine leere Kirche blicken. Doch auch hier wird der Gottesdienst ins Internet übertragen, der Dekan hat sogar einen eigenen Youtube-Kanal. Als Freiprediger falle es ihm nicht leicht, vor einer leeren Kirche zu sprechen, sagt Pfefferer. „Die Gesichter und Reaktionen der Menschen sind für meine Predigten eigentlich sehr wichtig.“Doch der Onlinegottesdienst ist für ihn eine gute Gelegenheit, die Gläubigen in seiner Gemeinde am höchsten Fest der katholischen Kirche zu erreichen. Zu seinen treuen Zuschauern zählen zum Beispiel die Senioren aus dem Pflegeheim Haus Zusamaue in Altenmünster. „Ich spreche die Senioren immer persönlich an“, sagt der Dekan. Eine Pflegerin hat für die Bewohner die notwendige Technik eingerichtet.
Eine besondere Osteraktion gibt es auch im Dinkelscherber Ortsteil Fleinhausen. Dort hat Katrin Modlinger zusammen mit Sabine Kumpfe einen Begegnungsweg aufgebaut. Im und um den Ort gibt es 15 Stationen. Dort finden sich Gebete oder Mitmachaktionen, zum Beispiel können Steine bemalt werden. Der Rundweg beginnt an der Kirche in Fleinhausen, dort liegt auch eine Anleitung aus. „Wir wollten den Menschen zu Ostern Gebete zukommen lassen“, erzählt Initiatorin Katrin Modlinger. Weil das durch die Ausgangsbeschränkungen schwierig ist, entstand die Idee für den Rundweg. Wer will, kann diesen nun erkunden. Modlinger bittet allerdings, auf keinen Fall in größeren Gruppen unterwegs zu sein. Menschenansammlungen an den einzelnen Stationen müssen vermieden werden.
Auch die Ostergottesdienste der evangelischen Kirchengemeinschaft Diedorf-Fischach werden online
übertragen. Zu finden sind sie auf der Webseite der Kirchengemeinschaft und auf Youtube unter dem Stichwort „Diedorf evangelisch“. Für den Gründonnerstag hat Pfarrer Alan Büchinger eine Videobotschaft aufgenommen. Darin geht er unter anderem auf die Geschichte von Widerstandskämpfern kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs ein. „Diese Geschichten dürfen auch in CoronaZeiten nicht vergessen werden“, sagt Pfarrer Büchinger. Für ihn ist die Möglichkeit der Onlinegottesdienste bereits jetzt ein Erfolg. Am vergangenen Sonntag schauten über 400 Menschen zu, während er in der evangelischen Kirche in Diedorf sprach. „Normalerweise besuchen etwa 120 Menschen unseren Gottesdienst“, sagt Büchinger.
Die Pfarreiengemeinschaft Meitingen wendet sich im Zeichen der
Corona-Krise in den Ostertagen mit zwei Videobotschaften an die Gläubigen. Die Links zu den Filmen finden unsere Leser auf der Homepage der Pfarreiengemeinschaft.
Neben Onlinegottesdiensten und Kreuzwegen gibt es auch die Möglichkeit, die Ostermesse in den eigenen vier Wänden zu feiern. Das Bistum Augsburg hat auf seiner Homepage dazu verschiedene Gestaltungsvorschläge hochgeladen. Außerdem verweist das Bistum auf verschiedene Gebetsgemeinschaften im Internet sowie eine „GebetsApp“. Wer das persönliche Gespräch sucht, kann sich an ein Seelsorgetelefon wenden.
Das Coronavirus sorge bei vielen Gläubigen derzeit für Unsicherheit, sagt Pfarrer Martin Gall. Er sagt: „Ich nehme existenzielle Ängste wahr.“Weniger die Krankheit an
sich, sondern vielmehr die finanziellen Auswirkungen seien bereits jetzt zu spüren. Auch in der Kirchengemeinde ziehen die Folgen des Virus weite Kreise. Wann heuer die Erstkommunion stattfinden wird, ist zum Beispiel noch ungewiss, auch Trauungen fallen aus oder müssen verschoben werden. Besonders tragisch sind allerdings die Auswirkungen auf Beerdigungen, sagt Gall. Urnenbestattungen werden in seiner Gemeinde derzeit verschoben, für Erdbestattungen gibt es strenge Auflagen. Maximal 15 Menschen dürfen an einer Beisetzung auf dem Friedhof teilnehmen. Das Bischöfliche Ordinariat hat angeordnet, dass die bestehende Sperre für Erstkommunionfeiern, Firmungen, Trauungen und Taufen bis einschließlich Pfingstmontag, 1. Juni 2020, zu verlängern ist.