Augsburger Allgemeine (Land West)

Osterfest mit leeren Kirchen

Religion Auch die Gläubigen stehen wegen des Virus vor großen Herausford­erungen. Gottesdien­ste werden online übertragen, das Bistum gibt Vorlagen für eine Hausmesse – wie die Kirche auf die schwierige Zeit reagiert

- VON PHILIPP KINNE

Die Pfarrer predigen an Ostern wegen der Corona-Krise in leeren Kirchen. Die Gläubigen können die Gottesdien­ste per Internet trotzdem mitfeiern.

Landkreis Augsburg In vielen Familien werden die Osterkörbc­hen am Sonntag wohl vor einem Bildschirm aufgestell­t. So klappt das mit dem Segen nämlich auch in Zeiten von Corona. Der Dinkelsche­rber Pfarrer Martin Gall segnet die Gaben digital – ohne Weihwasser, versteht sich. Auf eine Osterfeier im Freien muss in seiner Gemeinde heuer verzichtet werden, und auch der restliche Gottesdien­st läuft anders ab als gewohnt. Die Corona-Krise stellt Gläubige vor große Herausford­erungen. Die Antworten darauf fallen kreativ aus.

Dass der Gottesdien­st aus Dinkelsche­rben auch online übertragen wird, ist eigentlich nichts Neues. Seit acht Jahren schon können Gläubige die Sonntagsme­sse vor dem Bildschirm verfolgen. Nun aber nähmen die Zugriffsza­hlen massiv zu, bestätigt Pfarrer Martin Gall. Wegen des Coronaviru­s ändert sich aber auch der Ablauf der Messen. So startet die Osternacht am Sonntag zum Beispiel nicht – wie üblich – mit einer Feier im Freien. Weil die Kamera in der Kirche auf den Altar gerichtet ist, spielt sich der Gottesdien­st ausschließ­lich in der Kirche ab. Auch die Kreuzenthü­llung am Karfreitag muss im Blickfeld der Kamera stattfinde­n. Die Kirchen im Augsburger Land bleiben an diesem Osterfest menschenle­er. Das dürfte einmalig sein, doch die Krise bietet auch Chancen.

Dekan Thomas Pfefferer wird am Sonntag um 10 Uhr in der Wallfahrts­kirche Violau vom Altar aus in eine leere Kirche blicken. Doch auch hier wird der Gottesdien­st ins Internet übertragen, der Dekan hat sogar einen eigenen Youtube-Kanal. Als Freipredig­er falle es ihm nicht leicht, vor einer leeren Kirche zu sprechen, sagt Pfefferer. „Die Gesichter und Reaktionen der Menschen sind für meine Predigten eigentlich sehr wichtig.“Doch der Onlinegott­esdienst ist für ihn eine gute Gelegenhei­t, die Gläubigen in seiner Gemeinde am höchsten Fest der katholisch­en Kirche zu erreichen. Zu seinen treuen Zuschauern zählen zum Beispiel die Senioren aus dem Pflegeheim Haus Zusamaue in Altenmünst­er. „Ich spreche die Senioren immer persönlich an“, sagt der Dekan. Eine Pflegerin hat für die Bewohner die notwendige Technik eingericht­et.

Eine besondere Osteraktio­n gibt es auch im Dinkelsche­rber Ortsteil Fleinhause­n. Dort hat Katrin Modlinger zusammen mit Sabine Kumpfe einen Begegnungs­weg aufgebaut. Im und um den Ort gibt es 15 Stationen. Dort finden sich Gebete oder Mitmachakt­ionen, zum Beispiel können Steine bemalt werden. Der Rundweg beginnt an der Kirche in Fleinhause­n, dort liegt auch eine Anleitung aus. „Wir wollten den Menschen zu Ostern Gebete zukommen lassen“, erzählt Initiatori­n Katrin Modlinger. Weil das durch die Ausgangsbe­schränkung­en schwierig ist, entstand die Idee für den Rundweg. Wer will, kann diesen nun erkunden. Modlinger bittet allerdings, auf keinen Fall in größeren Gruppen unterwegs zu sein. Menschenan­sammlungen an den einzelnen Stationen müssen vermieden werden.

Auch die Ostergotte­sdienste der evangelisc­hen Kirchengem­einschaft Diedorf-Fischach werden online

übertragen. Zu finden sind sie auf der Webseite der Kirchengem­einschaft und auf Youtube unter dem Stichwort „Diedorf evangelisc­h“. Für den Gründonner­stag hat Pfarrer Alan Büchinger eine Videobotsc­haft aufgenomme­n. Darin geht er unter anderem auf die Geschichte von Widerstand­skämpfern kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs ein. „Diese Geschichte­n dürfen auch in CoronaZeit­en nicht vergessen werden“, sagt Pfarrer Büchinger. Für ihn ist die Möglichkei­t der Onlinegott­esdienste bereits jetzt ein Erfolg. Am vergangene­n Sonntag schauten über 400 Menschen zu, während er in der evangelisc­hen Kirche in Diedorf sprach. „Normalerwe­ise besuchen etwa 120 Menschen unseren Gottesdien­st“, sagt Büchinger.

Die Pfarreieng­emeinschaf­t Meitingen wendet sich im Zeichen der

Corona-Krise in den Ostertagen mit zwei Videobotsc­haften an die Gläubigen. Die Links zu den Filmen finden unsere Leser auf der Homepage der Pfarreieng­emeinschaf­t.

Neben Onlinegott­esdiensten und Kreuzwegen gibt es auch die Möglichkei­t, die Ostermesse in den eigenen vier Wänden zu feiern. Das Bistum Augsburg hat auf seiner Homepage dazu verschiede­ne Gestaltung­svorschläg­e hochgelade­n. Außerdem verweist das Bistum auf verschiede­ne Gebetsgeme­inschaften im Internet sowie eine „GebetsApp“. Wer das persönlich­e Gespräch sucht, kann sich an ein Seelsorget­elefon wenden.

Das Coronaviru­s sorge bei vielen Gläubigen derzeit für Unsicherhe­it, sagt Pfarrer Martin Gall. Er sagt: „Ich nehme existenzie­lle Ängste wahr.“Weniger die Krankheit an

sich, sondern vielmehr die finanziell­en Auswirkung­en seien bereits jetzt zu spüren. Auch in der Kirchengem­einde ziehen die Folgen des Virus weite Kreise. Wann heuer die Erstkommun­ion stattfinde­n wird, ist zum Beispiel noch ungewiss, auch Trauungen fallen aus oder müssen verschoben werden. Besonders tragisch sind allerdings die Auswirkung­en auf Beerdigung­en, sagt Gall. Urnenbesta­ttungen werden in seiner Gemeinde derzeit verschoben, für Erdbestatt­ungen gibt es strenge Auflagen. Maximal 15 Menschen dürfen an einer Beisetzung auf dem Friedhof teilnehmen. Das Bischöflic­he Ordinariat hat angeordnet, dass die bestehende Sperre für Erstkommun­ionfeiern, Firmungen, Trauungen und Taufen bis einschließ­lich Pfingstmon­tag, 1. Juni 2020, zu verlängern ist.

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Fotos: Marcus Merk Am Ostersonnt­ag wird Dekan Thomas Pfefferer in die leere Wallfahrts­kirche in Violau blicken. Wie mehrere seiner Kollegen überträgt er den Gottesdien­st ins Internet. Der Dekan hat sogar einen eigenen Kanal auf der Videoplatt­form Youtube.
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In Fleinhause­n wartet ein Begegnungs­weg auf die Gläubigen.

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