Augsburger Allgemeine (Land West)
Am Bildschirm fehlt der Duft von Weihrauch
Die Kirchen sind geschlossen. Gottesdienste gibt es nur in medialer Übermittlung. Besser als nichts. Und doch ganz, ganz anders als live
Weihrauch liebe ich über alles. Den würzigen, herben Duft vermisse ich, seit die öffentlichen heiligen Messen eingestellt worden sind. Wie mystisch verbreiteten sich doch die graublauen Schleier im Augsburger Dom!
Jetzt gibt es nur virtuelle Gottesdienste auf dem Bildschirm. Keinerlei Duft wird dabei übertragen – weder der von Weihrauch noch wenigstens der von Kerzenwachs. Gut, Letzteres lässt sich auch im Homeoffice ohne besonderen Aufwand herstellen. Hier ist eine offene Flamme ja sogar erlaubt im Gegensatz zum Redaktionsbüro mit seinen strengen Brandschutzregeln.
Mit dem Weihrauch ist es schon schwieriger. Ich hätte sogar noch ein Tütchen mit dem aromatischen Harz zu Hause. Doch würde ich es auf der glühenden Kohle verschmoren lassen, wäre es um den familiären Frieden geschehen. Einen würdigen Ort zum Ausweichen finde ich in Corona-Zeiten leider nicht.
Also ist im Homeoffice Fasten angesagt, das auch an Ostern noch kein Ende hat. Denn auch in den gestreamten Gottesdiensten, die ich jetzt aus beruflichem Interesse anschaue, wird kein Rauchfass geschwungen. Mediale Teilhabe ist um einige sinnliche Eindrücke ärmer als das Live-Ereignis. Mag die Kamera auch näher an die handelnde Person zoomen können, als dies der Besucher in einer großen Kirche sehen würde.
Leinwände mit Videoübertragungen
werden auch bei großen Gottesdiensten aufgestellt, damit die Mitfeiernden auf den ungünstigeren Plätzen auch etwas mitbekommen. Und stark ist man versucht, das projizierte Geschehen für realer zu halten als das, das vorne gerade abläuft. Doch dabei sitzt man immerhin in der Kirche selbst, hört live die Orgel und die Lieder, spricht mit den anderen die Gebete mit, riecht die Kerzen.
Am Bildschirm fallen diese unmittelbaren Eindrücke allesamt weg. Eine Distanz legt sich zwischen den Betrachter und dem Betrachteten. Besser als gar nichts sind die Medienangebote der Kirchen allemal. Und die Nachfrage bestätigt, dass ein breiteres Bedürfnis
in der Bevölkerung nach Teilhabe an religiösen Feiern besteht. In Nuancen unterscheiden sich die Qualitäten: Eine bildgetriebene Darstellung verlangt besondere Motive, manche Geistliche setzen geschickt Symbole in ihren Gottesdiensten ein. Momente des stillen Verharrens zerdehnen sich am Bildschirm. Live ist mir das alles doch viel lieber.
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Der Bischof von Augsburg, Bertram Meier, wird zu Ostern Gottesdienste vor den laufenden Kameras von a.tv halten. Sie können sie unter augsburger-allgemeine.de/ostergottesdienst am Karfreitag um 15 Uhr, in der Osternacht um 21 Uhr, am Ostersonntag um 10 Uhr und am Ostermontag um 10 Uhr mitverfolgen.
An dieser Stelle berichten Kolleginnen und Kollegen aus der Redaktion von ihrem Alltag in Zeiten von Corona.