Augsburger Allgemeine (Land West)
So gelingt das Osterfest in Zeiten von Corona
Familienfest Die Sozialpädagogin Birgit Sölch rät zu einem Perspektivenwechsel. Zwar sind viele Freiheiten aktuell eingeschränkt, allerdings bringt die Situation auch Möglichkeiten mit sich
Landkreis Vor drei Wochen wurde mit der Schließung von Kindertagesstätten und Schulen der Ausnahmezustand für viele Familien eingeläutet. Vor zwei Wochen verschärften dann Ausgangsbeschränkungen und Kontaktsperren eben diesen. Auf der langen Liste der Herausforderungen, die Familien zu stemmen hatten, standen Kinderbetreuung, Homeschooling und Arbeiten im Homeoffice. Seit Montag könnten einige Familie diesem Hamsterrad entkommen sein, denn die Osterferien sind angebrochen, und das Osterfest naht.
Die Gedanken vieler kreisen nun allerdings darum, was zum Osterfest nicht möglich ist und nicht erlaubt ist. Birgit Sölch, Diplom-Sozialpädagogin der St.-Gregor-Kinder-, Jugend- und Familienhilfe, plädiert jedoch für eine andere Sichtweise: „Im Fokus sollte stehen, was bleibt und was mit dem Gegebenen möglich ist.“Und das sei jede Menge, weiß die zweifache Mutter. Wer die auferlegte Auszeit als Entlastung begreift – weil kein Haushalt blitzblank geputzt oder große Menüs gekocht werden müssen –, wird auch erkennen können, was trotz oder gerade wegen der Krise nun alles möglich ist.
● Osterbräuche für Kinder Erlebbar sind in jedem Fall Osterbräuche: Osternester können im Garten versteckt werden oder in überschaubarem Maße am Wegrand der Spazierstrecke die Kinder beim Osterspa
erwarten. Eier können gemeinsam bemalt werden. Vielleicht ist sogar gerade zu diesem Osterfest Zeit für die eine oder andere neue kreative Idee, um die faden, weißen Eier fröhlich bunt zu verzieren oder mit witzigen Sprüchen und Smileys zu beschriften, wenn keine Eierfarbe zur Hand ist. Auch das Backen der Osterlämmer ist ein beliebter Brauch, der nach wie vor umsetzbar ist. Zudem könnte ein Osterfeuer in der Grillschale im Garten unter Aufsicht der Erwachsenen entfacht werden. Wer möchte, kann zuvor kleine Zettel schreiben – mit ganz persönlichen Gedanken zu dieser Zeit – und diese im Feuer verbrennen.
● Was ist mit Oma und Opa? Der Unterschied liegt heuer vor allem darin, die Ausmaße des Osterfestes auf die Familienmitglieder zu reduzieren, die zusammenleben – ohne dass Oma und Opa dabei in Vergessenheit geraten sollen. Sie treffe es ohnehin besonders schwer, wenn sie Ostern nicht mit den Enkeln feiern können – umso mehr freuen sie sich über einen Anruf, etwas Selbstgebackenes oder Selbstgebasteltes, das vor der Tür abgelegt werden kann. Wenn zu Hause nicht das passende Bastelmaterial verfügbar ist, dann darf heuer gerne improvisiert werden. „Kreativität ist gefragt“, erklärt Birgit Sölch und weiß, dass viele Familien das bereits umsetzen. In der Natur können derzeit viele beim Sammeln beobachtet werden. Unter dem Stichwort LandArt entstehen so Steinkreise, Symbole und kreativ angeordnete Äste. Auch Ausflüge sind zu den Osterfeiertagen denkbar – nur eben nicht in die Ferne, sondern in die Region vor der Haustür, die häufig etwas stiefmütterlich behandelt wird.
● An Tagesstruktur festhalten Um das nahende, ganz besondere Osterfest gut gelaunt im Kreis der Familie begehen zu können, rät die DiplomSozialpädagogin dazu, an einer Tagesstruktur festzuhalten. Gemeinsame Essenszeiten, gemeinsame Aktionen im Freien am Nachmittag sowie gemeinsame Zeit zum Spielen und Kochen müssen dabei ebenso Platz und Raum finden wie Zeiten, in denen jeder sich eine Auszeit gönnen darf. Birgit Sölch rät zu einem „Mix aus Aktivitäten und gemütlichem Beisammensein“. Die Planung für die Osterfeiertage darf dabei gerne gemeinsam aufgestellt werden – und zwar im Idealfall im Voraus. Wenn jeder eine Idee einbringen darf, wie etwa die Fahrradtour, den Lieblingsfilm oder die gemeinsame Bastelaktion, sorgt das für eine größere Akzeptanz der Pläne, frei nach dem Motto: Jeder darf einen Vorschlag einbringen – dafür muss auch jeder mitziehen.
● Auch mal ein Auge zudrücken Um Streitigkeiten zu den Feiertagen und unter der angespannten Situation im Zeichen des Coronavirus zu vermeiden, rät Birgit Sölch zur Achtsamziergang keit. „Wenn jeder sich darauf besinnt, dass in jedem eine Vielzahl an Gefühlen herrscht – von Angst über Trauer bis hin zu großer Sorge –, dann versteht auch jeder, dass hinter der Gereiztheit eine Notlage liegt.“
Und natürlich ist es dann erlaubt, jetzt einmal die sprichwörtlichen „fünf gerade sein zu lassen“, erklärt die Diplom-Sozialpädagogin. Die Grundpfeiler der Erziehung sollten Bestand haben. Allerdings dürfen
Mama und Papa gerne ein Auge zudrücken, wenn der Schreibtisch unaufgeräumt ist – vielleicht ist das ja der Bastelaktion geschuldet, die die Tochter oder der Sohn gerade emsig vorantreiben.