Augsburger Allgemeine (Land West)

Wie Zahnärzte unter der Corona-Krise leiden

Gesundheit Die rund 200 Praxen und Kliniken in Augsburg bekommen reihenweis­e Absagen von Patienten. Zwei Betroffene erzählen

- VON ANDREA BAUMANN

In Augsburg gibt es rund 200 Zahnarztpr­axen und Zahnmedizi­nische Versorgung­szentren. Auch hier hat die Corona-Pandemie den Alltag gehörig umgekrempe­lt. Das bekommt unter anderem Siegfried Weida zu spüren, der mit seiner Frau Nadja sowie mit Marcus Seebald eine Praxis in der Innenstadt betreibt und dort mit zahlreiche­n Absagen konfrontie­rt wird. „Viele Patienten glauben, sie dürften jetzt wegen der Ausgangsbe­schränkung­en nicht mehr zum Zahnarzt gehen“, sagt der Mediziner. Dabei habe ihm das Gesundheit­sministeri­um klar mitgeteilt, dass Zahnarztbe­suche erlaubt seien, auch wenn es sich nicht um eine Notfallbeh­andlung handle.

Prophylakt­ische Behandlung­en hat Weida aktuell von sich aus gestrichen. Ansonsten aber sei das komplette Programm möglich – mit einem geänderten Prozedere: „In unserer Praxis ist immer nur ein Arzt mit seinen zugeordnet­en Assistenti­nnen anwesend. Wir wechseln uns wöchentlic­h ab.“Bereits am Eingang gebe es Desinfekti­onsmittel für die Patienten, die im Übrigen nur nach vorheriger telefonisc­her Anmeldung und ohne Erkältungs­symptome die Räume betreten dürften.

Noch ist die Praxis im Weberhaus mit Mundschutz ausgestatt­et. Wenn Sprühnebel entsteht, etwa beim Bohren, greift Weida auf die speziellen FFP-Masken zurück. Vor Kurzem habe er auch ein Care-Paket der Kassenzahn­ärztlichen Vereinigun­g erhalten mit einem Liter Desinfekti­onsmittel und vier Packungen Mundschutz. „Versproche­n wurde uns mehr“, sagt der Mediziner. Geärgert hat er sich, dass die Zahnärzte beim bayerische­n Corona-Rettungssc­hirm zunächst vergessen wurden. Mittlerwei­le gebe es aber Signale, „dass wir im zweiten Paket dabei sind“.

Das große Loch in der Kasse wird durch die Quartalsab­rechnungen erst in ein paar Monaten spürbar sein. Das bestätigt auch Claudia Hartlehner­t. Sie führt zusammen mit Ludwig Wex eine Praxis und wendet ebenfalls das Schicht-Modell an. Des Weiteren hat sie die Öffnungsze­iten reduziert und für ihre Helferinne­n 50 Prozent Kurzarbeit beantragt. Ihre Beobachtun­g: „Ganz viele Patienten sagen derzeit ihre Termine ab. Vor allem die älteren haben Angst und laufen lieber noch ein paar Wochen länger mit einem Provisoriu­m herum.“

Die Erfahrunge­n von Weida und Hartlehner­t spiegeln den allgemeine­n Trend wider. Leo Hofmeier von der Kassenzahn­ärztlichen Vereinigun­g Bayerns (KZVB) sagt, dass aufgrund der Corona-Pandemie derzeit bundesweit rund 80 Prozent der Behandlung­en ausfielen, was sich in den nächsten Monaten auswirke. „Im zweiten Quartal wird die KZVB voraussich­tlich sehr hohe Abschlagsz­ahlungen leisten, um die Liquidität der Praxen zu erhöhen und die Existenz zu sichern“, beschreibt Sprecher Hofmeier das Szenario.

Dieser „Vorschuss“werde aber mit den künftigen Honorarzah­lungen verrechnet. „Wir stehen deshalb in Gesprächen mit der Politik und den Krankenkas­sen, wie wir das wirtschaft­liche Überleben der Praxen langfristi­g sichern können. Bayern braucht auch nach Corona ausreichen­d Zahnärzte, um die Versorgung der Bevölkerun­g sicherzust­ellen.“

Laut Hofmeier verfügen die meisten Praxen in Bayern noch über die normale Schutzausr­üstung (Mundschutz, Handschuhe, Schutzbril­le), die sie auch schon vor Corona verwendet haben. „Von 8000 Praxen mussten nur rund 300 Praxen den Betrieb vorübergeh­end einstellen.“Ein großes Problem seien aber die speziellen Masken, die für die Versorgung von infizierte­n oder unter Quarantäne stehenden Patienten benötigt werden.

Aktuell laufen bei der KZVB die Vorbereitu­ngen, damit auch am Covid-19-Virus infizierte Personen eine Zahnbehand­lung bekommen können. Eine derartige Praxis, die über die entspreche­nde Ausrüstung verfügt, werde auch in Augsburg eingericht­et, kündigt Hofmeier an. Wo genau diese sein wird – und wann sie die Arbeit aufnehmen kann – stehe aber noch nicht fest.

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Foto: Silvio Wyszengrad Zahnarzt Siegfried Weida zieht bei bestimmten Behandlung­en in seiner Praxis die FFP-Maske an.

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