Augsburger Allgemeine (Land West)

Leo Dietz stellt die Machtfrage in der Rathaus-CSU

Stadtrat Polit-Urgestein Bernd Kränzle muss bei der Wahl des Fraktionsv­orsitzende­n mit einem Gegenkandi­daten rechnen

- VON JÖRG HEINZLE

Er ist eine der wichtigste­n Persönlich­keiten in der Augsburger Kommunalpo­litik – und das schon seit Jahrzehnte­n. Polit-Urgestein Bernd Kränzle, 77, gehört seit über 50 Jahren der CSU an. Er war 28 Jahre Landtagsab­geordneter und sitzt seit 1972 im Stadtrat. Nun aber muss er damit rechnen, dass er eine Schlüsselp­osition in der Stadtpolit­ik verlieren könnte. Leo Dietz, 53, will ihn an der Spitze der CSU-Stadtratsf­raktion ablösen. Sollte Kränzle nicht von sich aus verzichten, was als unwahrsche­inlich gilt, läuft es auf eine Kampfabsti­mmung um den Fraktionsv­orsitz hinaus.

Die CSU ist im neu gewählten Stadtrat mit 20 Sitzen weiter die mit Abstand stärkste Kraft – auch wenn sie im Vergleich zur Wahl vor sechs Jahren drei Mandate eingebüßt hat.

Der Fraktionsv­orsitzende spielt eine wichtige Rolle – ohne ihn geht nicht viel in der Stadtratsa­rbeit. Kränzle war von 1984 bis 1993 schon Fraktionsc­hef – und ab dem Jahr 2008 wieder. Nach Informatio­nen unserer Redaktion hat er signalisie­rt, dass er auch in der neuen Ratsperiod­e wieder Fraktionsc­hef werden will. Er bekommt es aber mit einem Konkurrent­en zu tun. Leo Dietz greift ebenfalls nach dem Vorsitz. Auf Anfrage bestätigt Dietz, dass er bei der Wahl für den Fraktionsv­orsitz antreten wird. „Ich bin bereit, Verantwort­ung zu übernehmen“, sagt er.

Der 53-jährige Gastronom ist im Jahr 2008 erstmals in den Stadtrat gewählt worden. Er hat seither Machtinsti­nkt bewiesen und sich in der Partei hochgearbe­itet – bis zum Kreisvorsi­tzenden im Augsburger Westen. In der Stadtratsf­raktion ist er bisher einer der stellvertr­etenden

Vorsitzend­en. Dietz gilt als gewiefter Taktiker, der in der Lage ist, Mehrheiten für sich zu organisier­en. Partei-Insider halten es daher für gut möglich, dass er den Fraktionsv­orsitz auch bekommt, wenn er antritt. Aus seinem Umfeld heißt es, es sei keine Kandidatur gegen Bernd Kränzle, der für die Augsburger CSU viel geleistet habe. Es gehe aber darum, jetzt einen Wechsel zu haben. Kränzle könne aber stellvertr­etender Fraktionsc­hef werden.

Am 28. April soll die neue Stadtratsf­raktion tagen und einen Vorsitzend­en wählen. Noch ist unklar, ob es dabei tatsächlic­h zu einer Kampfabsti­mmung kommen wird. Nach

Informatio­nen unserer Redaktion hat es ein Acht–Augen-Gespräch zu der Thematik gegeben – beteiligt waren Kränzle, Dietz, der Augsburger CSU-Vorsitzend­e Volker Ullrich und die künftige Oberbürger­meisterin Eva Weber. In dem Gespräch sollen sowohl Dietz als auch Kränzle ihre Ambitionen signalisie­rt haben.

Parteichef Ullrich und Weber setzen offenbar darauf, dass die beiden Konkurrent­en eine einvernehm­liche Lösung für einen Übergang finden. Ullrich bestätigt auf Anfrage: „Ich setze darauf, dass es eine Einigung gibt.“Eine Empfehlung für Kränzle oder Dietz gibt der Parteichef nicht ab. Das sei eine Angelegenh­eit der

Fraktion, in die er sich nicht einmischen wolle.

Die Stadtratsw­ahl hat für einen großen Wechsel innerhalb der CSUFraktio­n im Rathaus gesorgt. Von den 20 gewählten Ratsmitgli­edern sind immerhin neun Neulinge im Rat, also fast die Hälfte. Auf eine bestehende breite Machtbasis kann sich Kränzle also nicht stützen, dafür punktet er mit einem enormen Erfahrungs­schatz und großem politische­m Wissen. Kränzle merkt intern offenbar auch an, dass er bei der Stadtratsw­ahl mehr Stimmen geholt hat als Dietz. Es sei Dietz auch nicht gelungen, ihn auf der Liste zu überholen – obwohl er das angestrebt habe. Leo Dietz hingegen kann auch darauf setzen, wie die neue Oberbürger­meisterin für einen Generation­enwechsel zu stehen, auch wenn er er mit seinen 53 Jahren nicht mehr als jugendlich durchgeht.

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