Augsburger Allgemeine (Land West)
Ohne Krimi nicht ins Bett
In Zeiten der Ausgangsbeschränkungen wird notgedrungen der heimische Fernseher für mich zum privaten „Entertainer Nummer eins“. Denn auf die Dauer lässt die Freude über die Allee mit wunderschön blühenden japanischen Zierkirschen vor meinem Wohnzimmerfenster doch etwas nach. Außerdem wird die leuchtend rosafarbene Pracht in wenigen Tagen wieder vorbei sein und wie Schneereste auf dem Gehsteig liegen.
Ein schönes Buch lesen geht gerade weniger, denn in der jungen Familie, die unter mir wohnt, haben die Eltern nach all den Wochen zu Hause immer größere Mühe, ihre Kinder zu bändigen. Da gehts schon mal etwas lauter zu, was beim Lesen stört.
Also der Fernseher: Da ich mich derzeit fast den ganzen Tag schon beruflich mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie beschäftige, muss dieses Thema am Feierabend nicht sein. Doch weil ich mich nicht wirklich dafür interessiere, was irgendwelche „Promis“oder Sänger, von denen ich im Leben nie gehört habe, auf Inseln anstellen, wird das Angebot eng. Bleiben nur Spielfilme. Und da gibt’s fast nur Krimis oder Actionfilme. Ohne mindestens fünf Tote gesehen zu haben, kann man trotz mehrerer 100 Fernsehsender hierzulande nicht ins Bett gehen. Ein Beispiel eines meiner Fernsehabende vor einer Woche: Zuerst konnte ich fast den Weltuntergang durch Überflutung miterleben. Danach wurde Las Vegas durch mythische Geister völlig zerstört. Als dann noch Haie begannen reihenweise Surfer aufzufressen, ging ich lieber ins Bett.