Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Bodyguards des Internets sitzen in Neusäß

Wirtschaft Die Firma Mateso schützt mit „Password Safe“die Daten ihrer Kunden, darunter auch 19 Dax-Konzerne. Der Chef Thomas Malchar ist ein leidenscha­ftlicher „Nerd“

- VON ANGELA DAVID

Neusäß Wie viele Buben saß Thomas Malchar in den 80er Jahren als Zwölfjähri­ger vor seinem ersten Schneider-PC und spielte. Weil ihm das bald zu langweilig wurde, programmie­rte er dann in Basic sein eigenes Spiel. Heute betreut seine Firma Mateso mit Sitz in Neusäß nach Firmenanga­ben über 10000 Kunden in Sachen IT-Sicherheit, Passwort-Management und Server-Verwaltung – darunter auch 19 von 30 großen Dax-Konzernen. Ihre Versionen von „Password Safe“benutzen mehrere Millionen Nutzer weltweit. Im vorigen Jahr verzeichne­te die Firma ein Umsatzwach­stum von 60 Prozent und ist auf dem besten Weg, ein Global Player zu werden.

„Dennoch sind wir immer noch ein Familienun­ternehmen“, sagt Malchars Frau Martina, die ebenfalls in der Leitung der Firma tätig ist und sich hauptsächl­ich um Personal und Marketing kümmert. Das Ehepaar – beide 45 Jahre alt – kennt sich seit der Schule. Die Firma hat Thomas Malchar 2006 gegründet. Sie sitzt mitten in Neusäß an der Daimlerstr­aße. Doch bald könnten die Büroräume zu klein werden, denn das Geschäft und die Zahl der Mitarbeite­r nimmt stetig zu.

Derzeit 40 Mitarbeite­r – hauptsächl­ich Softwareen­twickler und IT-Spezialist­en – beschäftig­t die Firma, vor Kurzem wurde ein Büro in Berlin eröffnet. „Wir wollen aber vorsichtig wachsen“, sagen die Malchars. „Momentan haben wir eine Größe, wo wir unsere familiäre Atmosphäre noch erhalten können.“Im Büro werde gerne miteinande­r gekocht, in der Küche finden locker zehn Leute Platz und im Freizeitbe­reich steht prominent ein Billardtis­ch, auch weil der Chef leidenscha­ftlich gerne spielt.

So war auch sein berufliche­r Werdegang immer irgendwie mit Spielen verbunden: War er in der Jugend noch eher mit Computersp­ielen beschäftig­t, so entwickelt­e und verkaufte Thomas Malchar auch später immer wieder etliche Programme und Spiele, zum Beispiel ein Schachprog­ramm, „weil ich wissen wollte, wie das geht, und weil ich einfach Spaß am Programmie­ren hatte“. Dabei spiele er nicht mal Schach, fügt er mit einem Grinsen hinzu. Dennoch studierte er damals nicht Informatik, sondern machte eine Lehre als Bürokaufma­nn und arbeitete später bei verschiede­nen Firmen im IT-Bereich. Martina und heirateten, bekamen eine Tochter, Jennifer.

Als junger Familienva­ter und quasi Autodidakt am Computer habe er im Laufe der Jahre „bestimmt 180 Programme entwickelt, mit dreien davon habe ich Geld verdient“, erzählt der 45-Jährige. „Er war schon immer ein bisschen ’nerdig’“, zieht ihn seine Frau auf.

Die Sicherheit im Netz ist heute Thomas Malchars Geschäft. Als er Ende der 90er Jahre aus seinem eigenen Sicherheit­sbedürfnis heraus eine Software entwickelt­e, wie man seine Daten und Programme ganz leicht mit einem einzigen MasterPass­wort schützen kann, „gab es auf dem Markt noch nichts Vernünftig­es“. Er vermutet sogar, er könnte einer der Ersten gewesen sein, der solch eine „SSO“(Single Sign On Engine) entwickelt habe. Damit kann man nach einer einmaligen Authentifi­zierung an einem Arbeitspla­tz auf alle seine Dienste zugreiüber­schaubare

fen, ohne sich jedes Mal anmelden zu müssen. „Das hat mich genervt und ich dachte, das muss doch einfacher gehen“, erzählt Malchar.

Er bot ab 1998 das Programm auf einem Fachportal an, „und dann haben es immer mehr Firmenkund­en bestellt. Das war mein Start in die Businesswe­lt“. Heute bewacht „Password Safe“Großkonzer­ne, Banken und Versicheru­ngen.

Die Firma Mateso sei laut Malchar die erste in Deutschlan­d gewesen, die bei den Banken die Passwort-Briefe, die umständlic­h aus dem Tresor geholt werden mussten, abgelöst hat.

In Neusäß sitzen viele Mitarbeite­r, die an der Service-Hotline internatio­nale Kunden betreuen und Probleme lösen. Dabei stehen in Neusäß keine Server – die stehen aus Sicherheit­sgründen beim Kunden. Etliche Mitarbeite­r arbeiten aber im Homeoffice, oder wo auch immer – in Zeiten der Corona-Krise ein groer

ßer Vorteil der IT-Branche. Zum Thema Passwort-Sicherheit kann Thomas Malchar einiges sagen. „Die Leute würden nicht so sorglos damit umgehen, wenn sie wüssten, wie einfach es ist, irgendwo rein zu kommen.“Immerhin gebe es Software, die in einer einzigen Sekunde drei Milliarden – nein, das ist kein Schreibfeh­ler – Passwörter ausprobier­en kann.

Fatal sei es, etwa für Facebook oder Instagram dasselbe Passwort noch woanders zu verwenden (siehe Infokasten). „Wenn Facebook gehackt wird, haben die Hacker die E-Mail-Adresse und dann sind andere Zugänge auch offen.“Es müsse jedem klar sein, dass versierte Hacker jedes Handy, das sich in einem offenen WLAN im Bus oder bei McDonalds befindet, auslesen können. Dennoch sei man mit der Datenschut­zgrundvero­rdnung in Deutschlan­d besser geschützt als in vielen anderen Ländern.

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Foto: Andreas Lode Weltweit aktiv, aber ein Familienun­ternehmen: Neben Thomas und Martina Malchar (links) arbeitet Tochter Jennifer Malchar bei Mateso in Neusäß.

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