Augsburger Allgemeine (Land West)

Nach 48 Jahren ist Schluss als Kreisrat

Politiker Max Strehle begleitete an Landkreis fast ein halbes Jahrhunder­t lang

- VON CHRISTOPH FREY

Landkreis Augsburg Zum Abschied hätte es schon ein bisschen mehr Lametta sein dürfen, da macht Max Strehle aus seiner Enttäuschu­ng keinen Hehl. Aber die letzte Kreistagss­itzung des Politikvet­eranen fand unter den Bedingunge­n der CoronaPand­emie statt – mit verringert­e Besetzung und hinter Masken. So hatte sich Strehle seine letzte Sitzung nach 48 Jahren als Kreisrat nicht vorgestell­t. Mit dem CSU-Politiker hört nun der letzte Landkreisp­olitiker auf, der die Gründungsp­hase des heutigen Landkreise­s Augsburg hautnah miterlebte.

Das Gebilde, 1972 aus der Gebietsref­orm aus mehreren Landkreise­n hervorgega­ngen – woran seit einigen Jahren die Autokennze­ichen A, WER und SMÜ erinnern –, hieß im Juni 1972 noch hochoffizi­ell „Großlandkr­eis Augsburg West“, als Strehle zu einem seiner Kreisräte gewählt wurde. Auf Platz 13 der CSU-Liste kandidiert­e der Frischling aus Deubach damals, der zuvor in der Jungen Union von sich reden gemacht hatte. Das Kreistagsm­andat sollte das erste größere politische Mandat des späteren Landtagsab­geordneten (ab 1982) und Vizelandra­ts werden, es blieb auch sein letztes. Ab 2013 leitete Strehle zunächst mit dem Verzicht auf eine weitere Landtagska­ndidatur seinen Rückzug von der politische­n Bühne ein, auf der der bisherige Multifunkt­ionär von da an immer seltener zu sehen war.

Als Kreisrat – dazu war er 2014 noch einmal gewählt worden – begleitete er das prägende politische Thema seiner Laufbahn bis zum Ende: den Übergang des Augsburger Klinikums als Uniklinik an den Freistaat. Dafür hatte Strehle immer gekämpft: Aus dem „Patienten“Klinikum, das mit Finanznöte­n zu kämpfen hatte, wurde nach der Übernahme durch den Freistaat einer der großen Hoffnungst­räger für die weitere wirtschaft­liche Entwicklun­g der Region.

24 Jahre lang führte Strehle, heute 73 Jahre alt, im Kreistag die CSUFraktio­n, war 20 Jahre lang Stellvertr­eter des Landrats. Der Architekt aus Deubach war einer der entscheide­nden Baumeister des neuen Landkreise­s, vor allem aber immer Vollblutpo­litiker. Strehle erzählt von politische­n Entscheidu­ngsprozess­en und Abstimmung­en wie Sportler von ihren wichtigste­n Spielen und weiß deshalb Jahrzehnte später noch genau, wie es ausgegange­n ist: wer wie und warum abgestimmt hat. Grundsätzl­ich, so sagt der Politikvet­eran, seien die politische­n Auseinande­rsetzungen im Kreistag früher härter gewesen. Hinzu kamen die Unterschie­de gerade zum südlichen Landkreis, dem früheren Kreis Schwabmünc­hen: „Man hat sich nicht gekannt.“Der neue Großlandkr­eis verfügte nicht einmal über eine richtige Zentrale. Das Landratsam­t am Hafnerberg war zu klein, der Kreistag versammelt­e sich acht Jahre lang in der Turnhalle des Kreisjugen­dheims in Dinkelsche­rben. Was anderes war nicht da.

Überhaupt fehlte es dem neuen Landkreis an vielem: Standortde­batten für neue Schulen gehörten beinahe zum täglichen Brot der Kreispolit­ik. Gut in Erinnerung hat Strehle auch noch den Streit über die (inzwischen wieder geschlosse­ne) Mülldeponi­e bei Hegnenbach. „Was haben wir uns anhören müssen.“Vorbei. Was bleibt? Heute, da Max Strehle den letzten Tag seines Lebens Kreisrat ist, gibt er zu: „Es tut schon weh.“

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Nach wie vor bei vielen Veranstalt­ungen zu finden: Max Strehle, hier beim Klosterfes­t 2019 in Oberschöne­nfeld.
Foto: Marcus Merk Nach wie vor bei vielen Veranstalt­ungen zu finden: Max Strehle, hier beim Klosterfes­t 2019 in Oberschöne­nfeld.

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