Augsburger Allgemeine (Land West)
Nach 48 Jahren ist Schluss als Kreisrat
Politiker Max Strehle begleitete an Landkreis fast ein halbes Jahrhundert lang
Landkreis Augsburg Zum Abschied hätte es schon ein bisschen mehr Lametta sein dürfen, da macht Max Strehle aus seiner Enttäuschung keinen Hehl. Aber die letzte Kreistagssitzung des Politikveteranen fand unter den Bedingungen der CoronaPandemie statt – mit verringerte Besetzung und hinter Masken. So hatte sich Strehle seine letzte Sitzung nach 48 Jahren als Kreisrat nicht vorgestellt. Mit dem CSU-Politiker hört nun der letzte Landkreispolitiker auf, der die Gründungsphase des heutigen Landkreises Augsburg hautnah miterlebte.
Das Gebilde, 1972 aus der Gebietsreform aus mehreren Landkreisen hervorgegangen – woran seit einigen Jahren die Autokennzeichen A, WER und SMÜ erinnern –, hieß im Juni 1972 noch hochoffiziell „Großlandkreis Augsburg West“, als Strehle zu einem seiner Kreisräte gewählt wurde. Auf Platz 13 der CSU-Liste kandidierte der Frischling aus Deubach damals, der zuvor in der Jungen Union von sich reden gemacht hatte. Das Kreistagsmandat sollte das erste größere politische Mandat des späteren Landtagsabgeordneten (ab 1982) und Vizelandrats werden, es blieb auch sein letztes. Ab 2013 leitete Strehle zunächst mit dem Verzicht auf eine weitere Landtagskandidatur seinen Rückzug von der politischen Bühne ein, auf der der bisherige Multifunktionär von da an immer seltener zu sehen war.
Als Kreisrat – dazu war er 2014 noch einmal gewählt worden – begleitete er das prägende politische Thema seiner Laufbahn bis zum Ende: den Übergang des Augsburger Klinikums als Uniklinik an den Freistaat. Dafür hatte Strehle immer gekämpft: Aus dem „Patienten“Klinikum, das mit Finanznöten zu kämpfen hatte, wurde nach der Übernahme durch den Freistaat einer der großen Hoffnungsträger für die weitere wirtschaftliche Entwicklung der Region.
24 Jahre lang führte Strehle, heute 73 Jahre alt, im Kreistag die CSUFraktion, war 20 Jahre lang Stellvertreter des Landrats. Der Architekt aus Deubach war einer der entscheidenden Baumeister des neuen Landkreises, vor allem aber immer Vollblutpolitiker. Strehle erzählt von politischen Entscheidungsprozessen und Abstimmungen wie Sportler von ihren wichtigsten Spielen und weiß deshalb Jahrzehnte später noch genau, wie es ausgegangen ist: wer wie und warum abgestimmt hat. Grundsätzlich, so sagt der Politikveteran, seien die politischen Auseinandersetzungen im Kreistag früher härter gewesen. Hinzu kamen die Unterschiede gerade zum südlichen Landkreis, dem früheren Kreis Schwabmünchen: „Man hat sich nicht gekannt.“Der neue Großlandkreis verfügte nicht einmal über eine richtige Zentrale. Das Landratsamt am Hafnerberg war zu klein, der Kreistag versammelte sich acht Jahre lang in der Turnhalle des Kreisjugendheims in Dinkelscherben. Was anderes war nicht da.
Überhaupt fehlte es dem neuen Landkreis an vielem: Standortdebatten für neue Schulen gehörten beinahe zum täglichen Brot der Kreispolitik. Gut in Erinnerung hat Strehle auch noch den Streit über die (inzwischen wieder geschlossene) Mülldeponie bei Hegnenbach. „Was haben wir uns anhören müssen.“Vorbei. Was bleibt? Heute, da Max Strehle den letzten Tag seines Lebens Kreisrat ist, gibt er zu: „Es tut schon weh.“