Augsburger Allgemeine (Land West)

Tattoo-tata

Urteil Ist man mit Tätowierun­g ein schlechter­er Polizist?

- VON HOLGER SABINSKY-WOLF

Früher trugen Seefahrer, Zuhälter oder Knackis Tätowierun­gen. Gerne selbst gestochen. Heute heißt es, das Tattoo sei in der Mitte der Gesellscha­ft angekommen. Unabhängig von der Frage, ob das angesichts der Qualität vieler Tattoos eine gute Nachricht ist, stimmt es nicht. Viele Berufsgrup­pen können sich eben nicht einfach tätowieren lassen.

Polizisten zum Beispiel. Das Bayerische Beamtenges­etz verbietet ihnen das Tragen eines sichtbaren Tattoos. Polizeiobe­rkommissar Jürgen Prichta will aber unbedingt einen „Aloha“-Schriftzug auf dem Unterarm haben, als Erinnerung an tolle Flitterwoc­hen auf Hawaii. Er ist dafür bis vors Bundesverw­altungsger­icht gezogen.

Viele Polizisten, gerade jüngere, wollen eine Tätowierun­g tragen, dürfen das aber nicht, weil es aus Sicht ihres Arbeitgebe­rs, also des Staats, deren Neutralitä­t und Autorität beeinträch­tigt. Wie ein Tattoo die Neutralitä­t gefährden kann – solange es nicht extremisti­sch, diskrimini­erend oder strafbar ist –, erschließt sich nicht so leicht. Bei der Autorität verhält es sich so: Es gibt eine Studie der Polizeihoc­hschule RheinlandP­falz, wonach tätowierte Beamte weniger Respekt und Vertrauen genießen – kurioserwe­ise auch bei tätowierte­n Menschen. Wer jetzt meint, die Polizei habe größere Probleme als die Tattoos ihrer Beamten: Das ist ein großes Problem. Denn die Polizei findet zu wenig Nachwuchs. Sie kann es sich nicht leisten, junge Leute nur wegen deren Tattoos abzulehnen. Auch deshalb gab es zuletzt Bewegung. Klagen hatten Erfolg, Länder lockerten ihre Regelungen. Bayern nicht.

Zu Recht, entschied das Bundesverw­altungsger­icht am Donnerstag. Ein sichtbares Tattoo sei mit der Neutralitä­ts- und Repräsenta­tionsfunkt­ion eines Polizisten unvereinba­r. Daraus darf man aber jetzt nicht schließen, dass Polizisten nicht zur Mitte der Gesellscha­ft gehören …

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Foto: dpa

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