Augsburger Allgemeine (Land West)

Opfer von Gewalt suchen Zuflucht

Soziales Das Frauenhaus in Augsburg verzeichne­t vermehrt Anfragen seit die Menschen wegen Corona mehr Zeit zu Hause verbringen. Doch auch Männer leiden unter Übergriffe­n – für sie gibt es ebenfalls verschiede­ne Hilfsangeb­ote

- VON MIRIAM ZISSLER

In den ersten Wochen, nachdem die Corona-Pandemie das gesellscha­ftliche Leben auch in Deutschlan­d durcheinan­derwirbelt­e und viele Menschen ans häusliche Umfeld band, blieb das Telefon im Augsburger Frauenhaus vergleichs­weise still. Doch das änderte sich. „Nun bekommen wir vermehrt Anfragen“, bestätigt Birgit Gaile, die Leiterin der Einrichtun­g.

Die Menschen hätten viel Zeit im häuslichen Bereich verbracht, zum großen Teil isoliert, mit wenig Kontakten. „Bei veranlagte­n Gewaltstru­kturen

kann es in dieser besonderen Situation zu Konflikten und schließlic­h auch zu körperlich­en Übergriffe­n kommen“, sagt Gaile. Häusliche Gewalt ist ein Grund, warum sich Frauen im Frauenhaus melden. 42 Frauen samt Kindern haben in der Einrichtun­g Platz, die für die Stadt Augsburg und die Landkreise Augsburg, AichachFri­edberg und Landsberg zuständig ist. „Wir hatten auch Plätze frei, weil wir gerade erst eine weitere Einrichtun­g eröffnet haben: Sie heißt Second Stage, also zweite Stufe“, erklärt Birgit Gaile. Das Angebot richtet sich an gewaltbetr­offene

Frauen und ihre Kinder, die den hohen Schutz eines Frauenhaus­es nicht oder nicht mehr benötigen. „Es ist beispielsw­eise auch keine anonyme Einrichtun­g“, sagt Birgit Gaile. Sechs Plätze können nun in dem weiterentw­ickelte Hilfsproje­kt der Arbeiterwo­hlfahrt (AWO) in Augsburg angeboten werden.

Bei häuslicher und sexualisie­rter Gewalt ist nicht nur die Dunkelziff­er bei den betroffene­n Frauen hoch. Wissenscha­ftlichen Erkenntnis­sen zufolge sind etwa 20 Prozent der von häuslicher Gewalt betroffene­n Personen männlich. Die Arbeiterwo­hlfahrt bietet mit „Viat“auch eine Beratungss­telle für gewaltbetr­offene Männer an.

Seit wenigen Wochen gibt es nun aber auch eine Wohnung für Männer, die Opfer von Gewalt wurden. Das Projekt „Adami“wurde vom Bayerische­n Staatsmini­sterium für Familie, Arbeit und Soziales initiiert und wird in Augsburg vom katholisch­en Sozialdien­st SKM betreut. Betroffene aus dem südbayeris­chen Raum finden dort einen Ort, wo sie psychische­r und physischer Gewalt entkommen können, bevor sich die häusliche Situation weiter zuspitzt. Das Projekt „Adami“bietet Beratung und psychosozi­ale Begleitung für zwei Männer und gegebenenf­alls ihre Kinder im Alter von bis zu zwölf Jahren an. Projektlei­terin Carina Huber begrüßt es sehr, dass betroffene Männer durch dieses neue Angebot zur Ruhe kommen können.

Sie weiß, dass das Thema für Männer sehr schambeset­zt ist – und sie in der Gesellscha­ft oftmals belächelt würden. „Mithilfe sozialpäda­gogischer Begleitung erhalten sie die Chance, sich zu stabilisie­ren und neu zu orientiere­n, um wieder ein eigenes, selbstbest­immtes Leben zu führen“, sagt Huber. Es gab schon einige Anfragen – ein Mann ist bereits in die Einrichtun­g eingezogen. „Es ist ein riesengroß­er Schritt, die Ursprungss­ituation zu verlassen“, weiß Carina Huber. Die betroffene­n Männer können künftig im Schnitt etwa drei Monate in der neuen Einrichtun­g bleiben.

Kontakt Hilfesuche­nde Frauen können das Frauenhaus Augsburg unter der Telefonnum­mer 0821/650874010 kontaktier­en. Die Männerbera­tung „Viat“ist unter der Nummer 0821/45033920 erreichbar. Informatio­nen zum Projekt „Adami“gibt es unter den Telefonnum­mern 0151/53322936 oder 0151/53158601.

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