Augsburger Allgemeine (Land West)
Augsburg liegt weit unter der Corona-Obergrenze
Virus Aktuell gibt es in der Stadt innerhalb von sieben Tagen weniger als eine Neuinfektion je 100 000 Einwohner. Doch wie gut kommt das Gesundheitsamt damit klar, sollten die Zahlen wieder steigen? Eine Bestandsaufnahme
Momentan ist die Lage in Augsburg entspannt. Zwei Corona-Neuinfektionen wurden Stand Donnerstag in den vergangenen sieben Tagen im Stadtgebiet festgestellt – das sind je 100000 Einwohner nur 0,7 Neuinfektionen in diesem Zeitraum. Damit ist Augsburg derzeit weit von der Corona-Obergrenze entfernt, die Bund und Länder beschlossen haben: Bei 50 Neuinfektionen pro 100000 Einwohnern in einer Stadt oder einem Kreis müssten Lockerungen zurückgenommen werden.
Eine zentrale Funktion haben die Gesundheitsämter. Sollte es im Zuge der zunehmenden Lockerungen bei Schulen, Kitas, Gastronomie und Handel wieder zu steigenden Infektionszahlen im Stadtgebiet kommen, müssen die Mitarbeiter des Amtes es schaffen, die Infektionsketten zu unterbrechen. Wer infiziert ist, der sollte möglichst wenig andere Menschen anstecken. Dazu ist es erforderlich, zu recherchieren, zu welchen Personen ein Infizierter engeren Kontakt hatte. In den vergangenen Wochen und Monaten gelang das in Augsburg so weit einigermaßen. Die meisten Infektionsketten habe man frühzeitig innerhalb des Haushaltes des Infizierten gestoppt, heißt es aus dem Gesundheitsamt.
Allerdings habe es auch einige größere und komplexere Infektionsketten gegeben, die man nicht vollständig nachvollziehen konnte.
Doch was ist die neue Obergrenze wert? Inwieweit man ein Geschehen von 150 Neuinfektionen pro Woche im Griff behalten könne, sei so pauschal nicht zu beantworten, sagt der zuständige städtische Referent Reiner Erben (Grüne). Die Obergrenze ist in Augsburg bisher zu keinem Zeitpunkt überschritten worden. Ende März und Anfang April wurden mit um die 30 Neuinfektionen je 100000 Einwohner die höchsten Sieben-Tages-Werte erreicht. Zeitweise mussten pro Woche an die 100 Neuinfektionen nachverfolgt werden. Das sei noch gelungen, allerdings „unter Nutzung aller Ressourcen“, sagt Reiner Erben. Er verweist auch darauf, dass ein Ausbruch in einem Pflegeheim noch einmal eine andere Herausforderung darstellen würde.
Laut Erben werden die etwa 100 Mitarbeiter des Gesundheitsamtes auf nicht absehbare Zeit weiterhin voll mit der Corona-Pandemie beschäftigt sein. Unter anderem müssen sie, wenn ein Infektionsfall gemeldet wird, unmittelbare Kontaktpersonen abtelefonieren und sie in Quarantäne schicken. Die städtischen Mitarbeiter haben inzwischen
Verstärkung durch Personal des Freistaates bekommen, das sich um die Nachverfolgung von Kontaktpersonen kümmert. Falls die 50erMarke erreicht werden sollte, so Erben, werde die Stadt in Abstimmung mit der Regierung von Schwaben und dem Gesundheitsministerium weitere Maßnahmen ergreifen. Was dies sein könnte, lässt Erben offen. Man werde dies „situationsabhängig“entscheiden.
Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) erneuerte am Donnerstag ihren Appell an die Bürger, die Abstandsregeln einzuhalten. „Ich verstehe, wenn Leute die Freiheit genießen wollen, aber wir stecken noch in der Pandemie. Es ist eine Zeit, für die es keine Blaupause gibt und in der es um ein Herantasten geht“, sagte Weber. Freiheit und der Schutz von Leben und Gesundheit – beides Werte des Grundgesetzes – müssten miteinander vereinbart werden.
Im Hinblick auf den Start der Außengastronomie am kommenden Montag sagte Ordnungsreferent Frank Pintsch (CSU), dass hier ebenfalls das Abstandsgebot weiter gelte. „Menschentrauben darf es nicht geben.“Pintsch kündigte an, dass die Stadt Gastronomen mit Außengastronomie die Gebühren für die Nutzung von Gehwegen nicht nur stunden, sondern erlassen werde. Dies gelte vorerst für die Monate März bis Mai. Man beabsichtigte aber, dem Stadtrat einen Erlass fürs ganze Jahr vorzuschlagen. Offenbar gab es von Gastronomen bereits Anfragen bei der Stadt, die ihre Außenbereiche deutlich vergrößern wollen, um trotz des Abstands viele Gäste bewirten zu können. Man werde „kulant“sein, so Pintsch, allerdings seien maßlose Vergrößerungen im Hinblick auf Interessen von Nachbarn nicht sinnvoll. „Da ist Ärger programmiert.“
Was die Einnahmeausfälle für die Stadt durch die Corona-Krise aufgrund wegbrechender Steuern betrifft, gebe es nach wie vor keine seriöse Größenordnung, sagt Weber. Man nehme das Ergebnis der Steuerschätzer, die bundesweit von einem Minus von 100 Milliarden Euro gegenüber der Vorhersage vom November ausgehen, zur Kenntnis, könne dies aber noch nicht auf Augsburg übertragen. Hier müsse man erst weitere Meldungen zur Gewerbesteuer abwarten. Voraussichtlich im Juni soll es mehr Klarheit geben, wie viel Geld der Stadt heuer fehlen wird.