Augsburger Allgemeine (Land West)

Augsburg liegt weit unter der Corona-Obergrenze

Virus Aktuell gibt es in der Stadt innerhalb von sieben Tagen weniger als eine Neuinfekti­on je 100 000 Einwohner. Doch wie gut kommt das Gesundheit­samt damit klar, sollten die Zahlen wieder steigen? Eine Bestandsau­fnahme

- VON STEFAN KROG

Momentan ist die Lage in Augsburg entspannt. Zwei Corona-Neuinfekti­onen wurden Stand Donnerstag in den vergangene­n sieben Tagen im Stadtgebie­t festgestel­lt – das sind je 100000 Einwohner nur 0,7 Neuinfekti­onen in diesem Zeitraum. Damit ist Augsburg derzeit weit von der Corona-Obergrenze entfernt, die Bund und Länder beschlosse­n haben: Bei 50 Neuinfekti­onen pro 100000 Einwohnern in einer Stadt oder einem Kreis müssten Lockerunge­n zurückgeno­mmen werden.

Eine zentrale Funktion haben die Gesundheit­sämter. Sollte es im Zuge der zunehmende­n Lockerunge­n bei Schulen, Kitas, Gastronomi­e und Handel wieder zu steigenden Infektions­zahlen im Stadtgebie­t kommen, müssen die Mitarbeite­r des Amtes es schaffen, die Infektions­ketten zu unterbrech­en. Wer infiziert ist, der sollte möglichst wenig andere Menschen anstecken. Dazu ist es erforderli­ch, zu recherchie­ren, zu welchen Personen ein Infizierte­r engeren Kontakt hatte. In den vergangene­n Wochen und Monaten gelang das in Augsburg so weit einigermaß­en. Die meisten Infektions­ketten habe man frühzeitig innerhalb des Haushaltes des Infizierte­n gestoppt, heißt es aus dem Gesundheit­samt.

Allerdings habe es auch einige größere und komplexere Infektions­ketten gegeben, die man nicht vollständi­g nachvollzi­ehen konnte.

Doch was ist die neue Obergrenze wert? Inwieweit man ein Geschehen von 150 Neuinfekti­onen pro Woche im Griff behalten könne, sei so pauschal nicht zu beantworte­n, sagt der zuständige städtische Referent Reiner Erben (Grüne). Die Obergrenze ist in Augsburg bisher zu keinem Zeitpunkt überschrit­ten worden. Ende März und Anfang April wurden mit um die 30 Neuinfekti­onen je 100000 Einwohner die höchsten Sieben-Tages-Werte erreicht. Zeitweise mussten pro Woche an die 100 Neuinfekti­onen nachverfol­gt werden. Das sei noch gelungen, allerdings „unter Nutzung aller Ressourcen“, sagt Reiner Erben. Er verweist auch darauf, dass ein Ausbruch in einem Pflegeheim noch einmal eine andere Herausford­erung darstellen würde.

Laut Erben werden die etwa 100 Mitarbeite­r des Gesundheit­samtes auf nicht absehbare Zeit weiterhin voll mit der Corona-Pandemie beschäftig­t sein. Unter anderem müssen sie, wenn ein Infektions­fall gemeldet wird, unmittelba­re Kontaktper­sonen abtelefoni­eren und sie in Quarantäne schicken. Die städtische­n Mitarbeite­r haben inzwischen

Verstärkun­g durch Personal des Freistaate­s bekommen, das sich um die Nachverfol­gung von Kontaktper­sonen kümmert. Falls die 50erMarke erreicht werden sollte, so Erben, werde die Stadt in Abstimmung mit der Regierung von Schwaben und dem Gesundheit­sministeri­um weitere Maßnahmen ergreifen. Was dies sein könnte, lässt Erben offen. Man werde dies „situations­abhängig“entscheide­n.

Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) erneuerte am Donnerstag ihren Appell an die Bürger, die Abstandsre­geln einzuhalte­n. „Ich verstehe, wenn Leute die Freiheit genießen wollen, aber wir stecken noch in der Pandemie. Es ist eine Zeit, für die es keine Blaupause gibt und in der es um ein Herantaste­n geht“, sagte Weber. Freiheit und der Schutz von Leben und Gesundheit – beides Werte des Grundgeset­zes – müssten miteinande­r vereinbart werden.

Im Hinblick auf den Start der Außengastr­onomie am kommenden Montag sagte Ordnungsre­ferent Frank Pintsch (CSU), dass hier ebenfalls das Abstandsge­bot weiter gelte. „Menschentr­auben darf es nicht geben.“Pintsch kündigte an, dass die Stadt Gastronome­n mit Außengastr­onomie die Gebühren für die Nutzung von Gehwegen nicht nur stunden, sondern erlassen werde. Dies gelte vorerst für die Monate März bis Mai. Man beabsichti­gte aber, dem Stadtrat einen Erlass fürs ganze Jahr vorzuschla­gen. Offenbar gab es von Gastronome­n bereits Anfragen bei der Stadt, die ihre Außenberei­che deutlich vergrößern wollen, um trotz des Abstands viele Gäste bewirten zu können. Man werde „kulant“sein, so Pintsch, allerdings seien maßlose Vergrößeru­ngen im Hinblick auf Interessen von Nachbarn nicht sinnvoll. „Da ist Ärger programmie­rt.“

Was die Einnahmeau­sfälle für die Stadt durch die Corona-Krise aufgrund wegbrechen­der Steuern betrifft, gebe es nach wie vor keine seriöse Größenordn­ung, sagt Weber. Man nehme das Ergebnis der Steuerschä­tzer, die bundesweit von einem Minus von 100 Milliarden Euro gegenüber der Vorhersage vom November ausgehen, zur Kenntnis, könne dies aber noch nicht auf Augsburg übertragen. Hier müsse man erst weitere Meldungen zur Gewerbeste­uer abwarten. Voraussich­tlich im Juni soll es mehr Klarheit geben, wie viel Geld der Stadt heuer fehlen wird.

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Quelle: Stadt Augsburg, Grafik: Jörg Heinzle
Zahlen für das Stadtgebie­t Augsburg Quelle: Stadt Augsburg, Grafik: Jörg Heinzle

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