Augsburger Allgemeine (Land West)

Politik als Glücksspie­l

Kommunalpo­litik Im Stadtrat wird ausgelost, welche Mandatsträ­ger in den Ausschüsse­n zum Zug kommen. Und es zeichnet sich ab, dass das Klima zwischen der Regierungs­koalition aus CSU/Grünen und SPD/Linken abkühlt

- VON STEFAN KROG

Im Stadtrat kühlt sich kurz nach dem Start in die neue Ratsperiod­e das Verhältnis zwischen der schwarz-grünen Regierungs­koalition und der neuen Sozialfrak­tion aus SPD und Linken merklich ab. Das Angebot von Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) an die Sozialfrak­tion, den Vorsitz in zwei Stadtratsa­usschüssen zu übernehmen, lehnten SPD und Linke ab. Man habe im Vorfeld klar signalisie­rt, bei den Themen Bildung, Soziales oder Wirtschaft als Kernthemen zum Zuge kommen zu wollen, sagt Fraktionsv­orsitzende­r Florian Freund. „Nachdem es keiner von den drei Wunschauss­chüssen wird, die zu unserem Markenkern passen würden, wollen wir ganz verzichten.“

Von CSU und Grünen waren die SPD-Räte Tatjana Dörfler für Finanzen und Stefan Kiefer für den Stiftungsa­usschuss vorgeschla­gen worden. Speziell der Finanzauss­chuss gilt als wichtige Schaltstel­le, weil hier über die Finanzieru­ng aller Projekte entschiede­n wird. Weber bezeichnet­e den Finanzvors­itz als „Angebot, das mehr als ordentlich ist“. Sie hatte schon im Vorfeld angekündig­t, die Opposition mit einbinden zu wollen, um im Stadtrat keine Fronten entstehen zu lassen.

Offenbar wollte sich die SPD mit dem Finanzauss­chussvorsi­tz aber nicht informell verpflicht­en lassen, den Haushaltse­ntwürfen der Regierung auch zuzustimme­n. Die SPD meldete zudem Interesse an einem Sitz im Aufsichtsr­at der städtische­n Wohnbaugru­ppe an, blitzte damit aber trotz gesammelte­r Unterstütz­ung aller Nicht-Regierungs­parteien gegen die Mehrheit von CSU und Grünen ab. Auch in der ersten Sachfrage gab es Konflikte. Beim Thema Kurzarbeit in der Stadtverwa­ltung stimmte die Sozialfrak­tion gegen den Vorschlag der Stadt. Personalre­ferent Frank Pintsch (CSU) sagte, er habe für dieses Agieren und die auf Konfrontat­ion angelegte Argumentat­ion bereits in der zweiten Stadtratss­itzung „kein Verständni­s“(siehe eigener Bericht).

Im Mittelpunk­t der Stadtratss­itzung am Donnerstag standen weitere Formalien für die angelaufen­e Amtszeit, vor allem was die Ausschüsse des Stadtrates betrifft. Weil das große Plenum mit allen 60 Stadträten und seinen monatliche­n Sitzungen nicht alle Entscheidu­ngen bewältigen kann, wird von jeher ein Teil in die Fachaussch­üsse – etwa für Bau, Soziales oder Umwelt – verlagert. Sie beraten Themen vor oder entscheide­n sie bei geringerer finanziell­er Tragweite gleich selbst. Sie sind proportion­al zu den Mehrheitsv­erhältniss­en im Stadtrat besetzt und haben in der Regel 13 Sitze. Fünf Sitze entfallen auf die CSU, drei auf die Grünen, zwei auf SPD/ Linke und jeweils einer auf die Bürgerlich­e Fraktion (FW, FDP, Pro Augsburg) und die AfD. Der noch übrige Sitz ist wegen der vielen Einzelstad­träte nicht eindeutig zu vergeben – also musste für alle Ausschüsse ausgelost werden, ob Margarete Heinrich (parteilos), Christian Pettinger (ÖDP), Lisa McQueen (Die Partei), Bruno Marcon (Augsburg in Bürgerhand), Raphael Brandmille­r (Generation Aux), Peter Grab (WSA) oder Roland Wegner (V-Partei) zum Zug kommen. Zettel mit den Namen aller sieben Stadträte wurden von Stadtrat Stefan Wagner (Grüne), der „Glücksfee“spielen musste, aus einer Trommel gezogen. Die Zettel waren in gelben Überraschu­ngsei-Kapseln versteckt. „Die Verwaltung musste in den vergangene­n Tagen viele Überraschu­ngseier essen“, scherzte Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU). Am Ende gingen Wegner und Pettinger leer aus. Brandmille­r, der bei den Grünen hospitiert, gab seinen Sitz an die Grünen ab, Marcon wurden fünf, Heinrich und Grab Sitze in jeweils drei Ausschüsse­n zugelost. McQueen bekam einen Sitz.

Festgesetz­t hat der Stadtrat nun auch seine Geschäftso­rdnung. Die Grenze für die Bildung einer Fraktion liegt weiter bei vier Stadträten. Über diese Zahl war im Vorfeld diskutiert worden, auch im Hinblick darauf, dass die AfD so Fraktionss­tatus haben wird und für ihre Stadtratsa­rbeit finanziell durch die Stadt unterstütz­t wird. Allerdings wollte man die Zahl der nötigen Stadträte für den Fraktionss­tatus nicht erhöhen, weil dies erkennbar eine „Lex AfD“geworden wäre.

Sitzvertei­lung im Stadtrat Augsburg

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Foto: Annette Zoepf Für jeden Ausschuss musste ein Sitz verlost werden – das übernahm Stadtrat Stefan Wagner mit Oberbürger­meisterin Eva Weber.

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