Augsburger Allgemeine (Land West)
Streit um härtere Strafen für Kinderpornografie
Justiz Die CDU fordert, dass die Verbreitung von Missbrauchsbildern in jedem Fall als Verbrechen geahndet wird. Justizministerin Lambrecht hielt eine Strafverschärfung zunächst nicht für notwendig. Doch sie scheint umzudenken
Berlin Zwischen Union und SPD ist am Mittwoch ein heftiger Streit darüber ausgebrochen, welche Konsequenzen aus den Missbrauchsfällen von Münster gezogen werden sollten. Vertreter von CDU und CSU griffen Justizministerin Christine Lambrecht scharf an und warfen ihr „Arbeitsverweigerung“und eine „Blockadehaltung“vor.
Lambrecht hatte zuvor Unionsforderungen nach einer Verschärfung des Strafrahmens bei Kinderpornografie zurückgewiesen. Am Donnerstagnachmittag schien sich jedoch anzudeuten, dass die SPDPolitikerin nun doch einlenkt. Sie wolle härtere Strafen auch für die Fälle sexuellen Missbrauchs, die nicht mit körperlicher Gewalt und Misshandlungen einhergingen. „Das sind zum Beispiel Berührungen von Kindern in sexueller Weise. Im Gesetz muss ganz klar zum Ausdruck kommen, dass es sich hierbei ohne Wenn und Aber um Verbrechen handelt“, sagte Lambrecht.
Am Wochenende war ein Fall schweren sexuellen Missbrauchs mehrerer Kinder in Münster bekannt geworden. Der 27 Jahre alte Hauptverdächtige war wegen Kinderpornografie-Besitzes zweifach vorbestraft. Bislang gab es in dem Fall Festnahmen von elf Tatverdächtigen aus mehreren Bundesländern. Sieben von ihnen sitzen in Untersuchungshaft. „Der pauschale Ruf nach einer abstrakten Strafrechtsverschärfung bei Kinderpornografie, wie er von (CDU-Chefin) Frau Kramp-Karrenbauer kommt, führt nicht weiter“, hatte Lambrecht zunächst der Zeitung gesagt. Bei Kindesmissbrauch sei eines der höchsten Strafmaße überhaupt möglich – bis zu 15 Jahren plus Sicherheitsverwahrung. „Wichtiger ist es, konkret den Ermittlern mehr Möglichkeiten zu geben und sie gut auszustatten. Dass das wirkt, zeigt sich in NRW.“
Kramp-Karrenbauer und die CDU-Spitze hatten gefordert, dass Kindesmissbrauch in jedem Fall als Verbrechen und nicht mehr nur als Vergehen geahndet werde, damit in jedem Fall eine Mindeststrafe von einem Jahr drohe. Zudem müsse der Strafrahmen bei Besitz oder Beschaffung von kinderpornografischem Material erhöht werden. Offensichtlich reiche das bisherige Strafmaß nicht aus, um die Täter von ihren „widerlichen Taten“abzuhalten, sagte CSU-Generalsekretär Blume am Mittwoch dem Spiegel. An die Adresse der Bundesjustizministerin sagte er: „Sie sollte schleunigst ihrer Jobbeschreibung nachkommen, statt um Kompromiss und Nachsicht an unangebrachter Stelle zu feilschen.“
Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) verwies auf Forderungen der Innenminister der Länder nach Strafverschärfungen. „Für mich ist das absolut widerlich und ganz, ganz schlimm“, sagte der CSU-Politiker. „Jeder muss wissen, dass, wenn er sich an solchen scheußlichen Dingen beteiligt oder selbst organisiert, dass darauf eine saftige Strafe steht.“Wichtig sei auch, dass die Menschen in ihrem eigenen Umfeld aufmerksam seien.
Eine Sprecherin des Justizministeriums sagte am Mittwoch, eine Verschärfung des Strafmaßes könne kein Allheilmittel für alles sein. Wichtig sei es, verschiedene Maßnahmen in den Blick zu nehmen, wie mehr Ermittlungsbefugnisse für die Polizei und Prävention. Durch erweiterte Ermittlungsbefugnisse sehe man jetzt auch mehr von diesen „furchtbaren Straftaten“. Zudem werde mit dem geplanten Gesetz gegen Hass und Hetze im Netz auch eine Meldepflicht für Internetprovider kommen, kinderpornografische Inhalte an das Bundeskriminalamt zu melden. Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, hatte ebenfalls eine volle Ausschöpfung des Strafrahmens gefordert. Kinderpornografie müsse bestraft werden wie sexueller Missbrauch.