Augsburger Allgemeine (Land West)
Lufthansa: 22 000 Stellen auf der Kippe
Fluggesellschaft Die Beschäftigten müssen sich auf herbe Einschnitte einstellen
Frankfurt am Main Die Lufthansa und die Gewerkschaften ringen um ein Sparpaket für die angeschlagene Fluggesellschaft. Tausende Stellen stehen auf der Kippe. Die Lufthansa bezifferte den rechnerischen Überhang auf 22000 Vollzeitstellen. Das teilte das Unternehmen nach einem Tarifgipfel mit den Gewerkschaften Vereinigung Cockpit, Ufo und Verdi am Mittwoch mit. Zuletzt war „nur“von deutlich mehr als 10000 Stellen die Rede. Ziel sei es, durch Kurzarbeit und Krisenvereinbarungen möglichst betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Die Beschäftigten müssen sich aber auf harte Einschnitte einstellen.
„Ohne signifikante Senkung der Personalkosten während der Krise verpassen wir die Chance eines besseren Neustarts und riskieren, dass die Lufthansa Group deutlich geschwächt aus der Krise hervorgeht“, sagte Personalvorstand Michael Niggemann. Man setze alles daran, mit den Tarifpartnern bis zum 22. Juni 2020 zu konkreten Ergebnissen zu kommen.
Aus der Politik kommt unterdessen scharfe Kritik an der Lufthansa und an den geplanten Staatshilfen. „Neun Milliarden für ein Unternehmen, das vier Milliarden wert ist, und Verzicht auf jede Mitsprache. Wenn die Lufthansa 22 000 Arbeitsplätze streichen sollte, ist die Bundesregierung verantwortlich!“, schrieb Linken-Parteichef Bernd Riexinger. Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte, das Rettungspaket habe fatale Auswirkungen, weil es keine Sicherheiten für die Beschäftigten enthalte. Zudem seien keine harten Vorgaben zum Klimaschutz gemacht worden. „Die Bundesregierung sollte sich angesichts der neuesten Entwicklungen dringend noch einmal mit der Lufthansa an einen Tisch setzen und das Rettungspaket nachverhandeln“, forderte Hofreiter.
Die Lufthansa rechnet damit, dass die Erholung der Nachfrage im Luftverkehr nur langsam verläuft. Sie geht davon aus, dass die Flotte der Lufthansa Group nach der Krise rund 100 Flugzeuge weniger zählen wird. Das Unternehmen mit 138 000 Mitarbeitern hatte im ersten Quartal einen Milliardenverlust eingeflogen und benötigt staatliche Hilfe. Im Gegenzug für ein neun Milliarden schweres Rettungspaket einschließlich Beteiligung des Bundes muss die Lufthansa 24 Start- und Landerechte in Frankfurt und München abgeben. Die Aktionäre müssen auf der außerordentlichen Hauptversammlung am 25. Juni grünes Licht für das Paket geben. LufthansaChef Carsten Spohr will der Hauptversammlung ein Sparkonzept präsentieren.
Die Flugbegleitergewerkschaft Ufo betonte, sie sei bereit, bis zur Hauptversammlung am 25. Juni eine Lösung zu erreichen. Zugleich forderte sie: „Die Mitarbeiter aller Airlines des Konzerns müssen einen Kündigungsschutz bekommen.“Ufo zufolge entspricht der rechnerische Überhang sogar 26 000 Arbeitsplätze. Ufo hat bislang eine Nullrunde für dieses Jahr und die Absenkung des Stundenzuschlags für lange Flüge angeboten.
Auch die Pilotenvereinigung Cockpit bekräftigt ihre Bereitschaft zu Zugeständnissen in Höhe von 350 Millionen Euro. Für den einzelnen Piloten bedeute dies einen Gehaltsverzicht von bis zu 45 Prozent. „Im Gegenzug erwarten wir einzig vom Konzernvorstand, dass er sich zu seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bekennt“, betonte CockpitPräsident Markus Wahl.