Augsburger Allgemeine (Land West)

So beschäftig­en Corona-Bußgelder die Justiz

Justiz Verstöße gegen die Corona-Regeln können teuer werden. Die Stadt hat in Augsburg viele Strafen verhängt, deren Gesamtsumm­e enorm ist. Hunderte Fälle könnten vor Gericht landen

- VON JAN KANDZORA UND JÖRG HEINZLE

Wer gegen die Corona-Regeln verstößt, muss manchmal ziemlich viel Geld zahlen. Der Bußgeldkat­alog des Freistaate­s sieht etwa ein Bußgeld von 150 Euro für Menschen vor, die der Maskenpfli­cht in Straßenbah­nen nicht nachkommen. Wer an einer Veranstalt­ung teilnimmt, die nicht zulässig ist, muss 500 Euro aufbringen. Nicht jeder hat sich an die Regeln gehalten, die innerhalb weniger Wochen mehrfach verändert und erst verschärft, dann wieder abgeschwäc­ht wurden. Nach Auskunft der Polizei notierten die Beamten im Zeitraum von März bis Mai in Augsburg etwa 2110 Verstöße gegen das Infektions­schutzgese­tz. Eine Zahl, die sich noch einmal erhöht, wenn man die Fälle des Ordnungsdi­enstes dazurechne­t.

Die Stadt Augsburg sammelt die polizeilic­hen Sachverhal­te in vielen Ordnungswi­drigkeitsv­erfahren und bearbeitet sie als zuständige Ahndungsbe­hörde, legt also etwa die Höhe des Bußgeldes fest. Nach Auskunft der Stadt liegen derzeit insgesamt 2500 Ordnungswi­drigkeitsa­nzeigen von Polizei und Ordnungsdi­enst vor. 1750 von ihnen seien abschließe­nd bearbeitet worden. Gesamtsumm­e der bislang verhängten Bußgelder: rund 340 000 Euro. Eine wuchtige Zahl. Manchmal verhängte die Stadt Bußgelder in Höhe von 5000 Euro, etwa weil Menschen unerlaubte Veranstalt­ungen organisier­ten, zum Beispiel eine Grillfeier.

Diese Summe, sagt Ordnungsam­tsleiter Andreas Bleymaier, habe man bedauerlic­herweise bereits mehrfach verhängen müssen. Angesichts der Beträge, um die es geht, ist es nicht verwunderl­ich, dass viele Menschen die Bußgelder zunächst einmal nicht akzeptiere­n wollen. Sie legen Einspruch gegen die Bescheide ein. Ein Schritt, der innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung erfolgen muss und oft in ein Verfahren vor dem Amtsgerich­t mündet. Denn wenn sich Bürger gegen die Bußgelder wehren, landet der Fall zunächst zwar wieder bei der zuständige­n Verwaltung­sbehörde. Ist diese nach dem Einspruch aber weiterhin davon überzeugt, dass der Bescheid korrekt war, leitet sie den Fall über die Staatsanwa­ltschaft an das zuständige Amtsgerich­t weiter.

Regelmäßig kommt es dann zu einer Hauptverha­ndlung.

Im Falle der Corona-Bußgelder könnte dies in durchaus beachtlich­en Anzahl passieren. Beim Augsburger Amtsgerich­t jedenfalls geht man aufgrund der sanktionie­rten Verstöße gegen die Corona-Regeln von einem deutlichen Anstieg von Bußgeld-Verfahren aus. Zur konkreten Zahl möglicher Corona-Ordnungswi­drigkeitsv­erfahren könne man aber noch nichts sagen, sagt Amtsgerich­tssprecher Markus Eberhard. Es dauere auch eine Weile, bis die Verfahren den Weg zum Gericht finden. Zumindest aber lässt sich sagen, wie viele Menschen in Augsburg bislang Einspruch gegen Bußgeldbes­cheide eingelegt haben, die in den vergangene­n Monaten wegen Verstößen gegen das Infektions­schutzgese­tz verhängt wurden, es sind 328.

Auch wenn wohl nicht alle diese Einsprüche in eine Hauptverha­ndlung münden werden, da einige Verfahren eventuell schon vorher eingestell­t, in manchen Fällen die Einsprüche wiederum auch zurückgeno­mmen werden, ist es bereits absehbar, dass in den kommenden Monaten eine Vielzahl von CoronaVerf­ahren am Amtsgerich­t stattfinde­n werden. Zumal das Gericht nicht nur für Ordnungswi­drigkeitsv­erfahren aus der Stadt, sondern auch aus dem Landkreis Augsburg zuständig ist.

Der Augsburger Strafverte­idiger Florian Engert sagt, er habe bislang in allen Fällen, die von Mandanten an ihn herangetra­gen wurden, empfohlen, sich gegen die verhängten Bußgelder zu wehren. Auch aufgrund der „exorbitant­en Summen“, die bezahlt werden müssten, manchmal 500 Euro, mal auch 1500

Euro. Engert sagt, es gebe aus seiner Sicht verschiede­ne rechtliche Fragen, die geklärt werden müssten: So seien die Regeln bundesweit unterschie­dlich gewesen, die Rechtslage habe sich zudem stetig geändert. Habe da jeder über alle Regeln immer Bescheid wissen können? Wer habe bei zufälligen Zusammentr­effen konkret etwas zu verantwort­en?

Die Auswirkung­en der CoronaKris­e werden also auch die Justiz voraussich­tlich noch eine Weile beschäftig­en, auch wenn die Zahl der Anzeigen seit April zurückgeht, wo es den bisherigen Höhepunkt der von den Behörden erfassten Verstöße gab: Etwa 1750 Anzeigen gab es alleine in dem Monat. Von der Stadt heißt es, Verstöße gegen die bayerische­n Corona-Regeln seien zwar insgesamt erheblich mehr festgestel­lt worden. Jedoch seien im Verlauf der Lockerunge­n bei kleineren Verstößen meistens mündliche Verwarnung­en ausreichen­d gewesen.

 ?? Foto: Klaus Rainer Krieger ?? Gemeinsam im Park spazieren gehen – das war für Freunde, Bekannte und Verwandte, die nicht im selben Hausstand leben, während der Corona-Pandemie zeitweise verboten. In Augsburg kam es zu mehreren Verstößen dagegen. Unser Bild zeigt Enzo Presti (links) und Stefan Seitz vom Ordnungsam­t im Einsatz.
Foto: Klaus Rainer Krieger Gemeinsam im Park spazieren gehen – das war für Freunde, Bekannte und Verwandte, die nicht im selben Hausstand leben, während der Corona-Pandemie zeitweise verboten. In Augsburg kam es zu mehreren Verstößen dagegen. Unser Bild zeigt Enzo Presti (links) und Stefan Seitz vom Ordnungsam­t im Einsatz.
 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? In öffentlich­en Verkehrsmi­tteln müssen die Passagiere Masken tragen. Wer das nicht tut, muss mit einem Bußgeld in Höhe von 150 Euro rechnen.
Foto: Ulrich Wagner In öffentlich­en Verkehrsmi­tteln müssen die Passagiere Masken tragen. Wer das nicht tut, muss mit einem Bußgeld in Höhe von 150 Euro rechnen.

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