Augsburger Allgemeine (Land West)
Neun Gratismonate im Hotel führen ins Gefängnis
Prozess Amtsgericht verurteilt 29-Jährigen wegen Betrugs zu Bewährungsstrafe. Es gibt einen Freispruch für die Partnerin
Landkreis Augsburg Fast neun Monate lang lebten ein 29-jähriger Angeklagter und seine Lebensgefährtin, 26, in einem Hotel im Großraum Augsburg, ohne je einen Cent zu bezahlen. Dann erst klickten die Handschellen. Jetzt wurde der 29-jährige Mann zu einer zweijährigen Haftstrafe, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt – nicht zum ersten Mal. Teuer zu stehen kommen wird ihn die Schadenswiedergutmachung von knapp 12000 Euro. Das Verfahren gegen seine Lebensgefährtin wurde eingestellt.
Er verwalte das Millionenerbe seines Vaters, sei zudem Inhaber einer eigenen Firma – mit diesen und ähnlichen Eulenspiegeleien gelang es dem 29-Jährigen aus Österreich, die Hotelbetreiber für sich einzunehmen. Seine Augsburger Lebensgefährtin, angeblich aus der Republik Südafrika, bestätigte diese.
Von März bis Dezember 2019 bewohnten die beiden eine Ferienwohnung des Hotels – knapp neun Monate lang ununterbrochen. Aber immer wieder, wenn es ans Bezahlen gehen sollte, so die sachbearbeitende Beamtin von der Gersthofer Polizeiinspektion auf dem Zeugenstuhl, habe es ein Problem gegeben. Einmal bei der Bank, dann beim Büro, beim Steuerberater, ein Zahlendreher, ein Missverständnis ...
Dünner wurde die Luft für das Pärchen, als Mitte September 2019 eine Hotelfachfrau neu angestellt wurde. Diese kümmerte sich umgehend um ausstehende Rechnungen – auch des Pärchens. Dabei stellte sie fest, dass den beiden zwar immer wieder Rechnungen gestellt und ausgehändigt worden waren, diese aber nicht bezahlt wurden. Knapp 12 000 Euro für Kost und Logis seien aufgelaufen, so die Zeugin.
Weil die Schließung des Hotels über die Weihnachtsfeiertage anstand, habe sie angeregt, die Polizei zurate zu ziehen, nicht dass die beiden Schuldner diese Gelegenheit zum Verschwinden nutzen könnten. Und so ging es am 20. Dezember für den 29-Jährigen in Untersuchungshaft in die JVA Gablingen, wo er bis jetzt zu seinem Prozess ausharren musste. Beide Angeklagten gestanden die ihnen zur Last gelegten Taten. Im Falle der 26-jährigen gelernten Verkäuferin führte eine verfahrensvereinfachende Absprache („Deal“) zwischen Richter Thomas Kirschner, Staatsanwältin Johanna Thumser und den Verteidigerinnen Alexandra Gutmeyer und Cornelia McCready zu einer Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldbuße von 700 Euro. Im Falle des Mannes klappte die Verständigung nicht, weil die Staatsanwältin für den Angeklagten nicht noch eine zweite Bewährungsstrafe hinnehmen wollte. Denn wie sich im Laufe des Verfahrens zeigte, hatte das Pärchen dieselbe Masche bereits zwei Jahre vorher in Ulm durchgezogen. Auch dort war ein Hotel um mehrere Tausend Euro geprellt worden, weswegen der Mann im November 2017 vom dortigen Amtsgericht zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr Haft verurteilt worden war. Unter dieser Bewährung stand er noch während des hiesigen Betrugs.
Er habe anfangs wirklich geglaubt, Geld als Texter verdienen und seine Rechnung zahlen zu können, erklärte der studierte Wirtschaftsinformatiker dem Gericht. Später habe er auf finanzielle Hilfe von der Mutter und Freunden gehofft – vergeblich.
In ihrem Plädoyer forderte Staatsanwältin Thumser eine Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten für den Angeklagten, die nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Dem strafmildernden Geständnis des Angeklagten stünden hohe kriminelle Energie und der erhebliche Schaden gegenüber. Auch sei der gesetzlich vorgeschriebene Wertersatz zugunsten des Geschädigten vorzunehmen.
Verteidigerin Gutmeyer, die den Tatvorwurf zunächst nicht habe glauben wollen, verwies auf die Hoffnung ihres Mandanten. Bis zuletzt habe er geglaubt, seine Rechnungen bezahlen zu können, bis zuletzt habe er das Hotel nicht verlassen. Sie stellte eine umgehende Zahlung von zunächst 3000 Euro durch die Mutter des 29-Jährigen an das Hotel in Aussicht. Für den weiteren Schaden wolle ihr Mandant alsbald aufkommen. Deswegen plädierte sie für eine Bewährungsstrafe, damit er arbeiten könne. Der Angeklagte hatte erklärt, er wolle zu seiner Mutter nach Österreich zurückkehren und sich dort Arbeit suchen.
„Mit Bauchschmerzen“, so Richter Kirschner, habe er die von ihm verhängte zweijährige Haftstrafe wegen Betrugs gegen den Angeklagten erneut zur Bewährung ausgesetzt. Die Tat bezeichnete er als „dreist“, auch wenn sie vom Hotel leicht gemacht worden sei. Der Richter nannte in seiner Urteilsbegründung das halbe Jahr Untersuchungshaft – im Ausland, zu Corona-Zeiten und ohne Besuchsgelegenheit durch die Partnerin – als eine schwere Zeit. Er hoffe, dass sich dies beim Angeklagten eingeprägt habe.
Kirschner setzte den Wertersatz von fast 12 000 Euro fest, dazu einen Abzahlungsplan. Für die Bewährungsdauer von fünf Jahren ordnete er dem 29-Jährigen einen Bewährungshelfer bei, eine Maßnahme, die er nach Österreich weitergeben werde. Der Mann nahm das Urteil noch im Gerichtssaal an, nicht aber die Staatsanwältin, weswegen es noch nicht rechtskräftig wurde.