Augsburger Allgemeine (Land West)
Helle Freude über Nobelpreis im Garchinger PhysikInstitut
Auszeichnung Der Astrophysiker Reinhard Genzel hat das Schwarze Loch in der Milchstraße entdeckt. Trotzdem bleibt noch viel zu erforschen
Stockholm/Garching Als sechster Deutscher seit dem Jahr 2000 erhält der Astrophysiker Reinhard Genzel in diesem Jahr den Nobelpreis für Physik. Genzel wurde 1952 im hessischen Bad Homburg geboren und ist heute Direktor des Max-PlanckInstituts für extraterrestrische Physik in Garching bei München. Er hatte zugleich mit der US-Forscherin Andrea Ghez, 55, das supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum unserer Milchstraße entdeckt. Dafür erhalten die beiden die eine Hälfte des Preises, wie die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften am Dienstag in Stockholm mitteilte. Die zweite Hälfte geht an den Briten Roger Penrose, 89, der erkannte, dass die Bildung von Schwarzen Löchern eine robuste Vorhersage der allgemeinen Relativitätstheorie ist.
In Garching stand das Telefon nicht mehr still, seit der Physik-Nobelpreis bekannt gegeben wurde. Genzel konnte die Nachricht von seinem Nobelpreis zunächst gar nicht glauben. Er sei am Vormittag in einer virtuellen Konferenz gewesen, als das Telefon geklingelt habe. „Da sprach diese Stimme und sagte: ,This is Stockholm‘“, erzählte der 68-jährige Wissenschaftler mittags bei einer Pressekonferenz im Garchinger Max-Planck-Institut, während er übers ganze Gesicht strahlte. Das habe er wirklich nicht erwartet.
„Es gibt den Spruch: Eine Qualität des Forschers, um den Nobelpreis zu gewinnen, ist, dass er langlebig ist.“Seine Gefühlslage direkt danach: sehr emotional. „Ein paar Tränen waren auch dabei.“
Dass Reinhard Genzel Physiker werden würde, lag nahe. „Ich bin erblich vorbelastet“, scherzte er. „Mein Vater war schon Physiker, noch schlimmer, er war auch MaxPlanck-Direktor.“Den Nobelpreis sieht der Physiker auch als Ehre für sein ganzes Team. Jetzt dürfe man sich aber nicht darauf ausruhen und einschlafen. „Von nix kommt nix.“Die junge Generation müsse am Ball bleiben, hart arbeiten und dann könne es auch weitergehen. Es dauerte mehr als ein Vierteljahrhundert, bis Genzel in der Milchstraße ein gigantisches, supermassereiches, kompaktes Objekt nachwies.
Nach dem Studium an den Universitäten in Freiburg und Bonn promovierte Genzel 1978 am MaxPlanck-Institut für Radioastronomie in Bonn. 1976 heiratete er seine Frau, eine Ärztin, das Paar hat zwei Töchter. Danach war Genzel viele Jahre in den USA tätig, unter anderem als Professor für Physik an der University of California in Berkeley.
Ganz in der Nähe an der University of California in Los Angeles forschte und lehrte die 1965 in New York geborene Andrea Ghez, nachdem sie zunächst an Projekten der
US-Raumfahrtbehörde Nasa mitgearbeitet hatte. „Viel Neugier, viel Optimismus und definitiv auch ein bisschen Glück“hätten sie dorthin gebracht, sagt Ghez. Für ihre Arbeit, dokumentiert unter anderem in mehr als 100 wissenschaftlichen Fachartikeln, bekam die Physikerin schon seit Jahren hohes Ansehen und viele Preise.
„Ich betrachte alles als ein Rätsel“, sagt Ghez. „Wir haben topaktuelles Handwerkszeug und ein Weltklasse-Wissenschaftsteam und mit dieser Kombination machen Entdeckungen riesigen Spaß“, sagte Ghez, die für ihr ansteckendes Lachen bekannt ist, laut ihrer Universität nach der Bekanntgabe der Nobelpreis-Auszeichnung. Ghez: „Unser Verständnis davon, wie das Universum funktioniert, ist immer noch so unvollständig. Der Nobelpreis ist fabelhaft, aber wir haben noch so viel zu lernen.“
Roger Penrose (geboren 1931) erfand geniale mathematische Methoden, um Albert Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie zu erforschen, wie das Nobelkomitee mitteilte. Er habe gezeigt, dass diese Theorie zur Bildung von Schwarzen Löchern führt, jenen Monstern in Zeit und Raum, die alles erfassen, was ihnen nahekommt. Der Physik-Nobelpreis ist in diesem Jahr mit insgesamt zehn Millionen Kronen (rund 950000 Euro) dotiert.