Augsburger Allgemeine (Land West)

Wie Landwirtsc­haft dem Klimawande­l trotzen will

Natur Auch im Landkreis Augsburg warten viele Herausford­erungen, weiß Konrad Hörl vom Amt für Landwirtsc­haft. Wie man damit umgehen kann und was sich im Verhältnis von Bauern und Gesellscha­ft ändern muss

- VON PIET BOSSE UND JUSTIN LAUTENBACH

Landkreis Augsburg Die Landwirtsc­haft muss viele Herausford­erungen meistern. Mit Konrad Hörl, dem Behördenle­iter des Amtes für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten (AELF) in Augsburg haben wir über den Klimawande­l, Ziele im Bereich des biologisch­en Anbaus und das Verhältnis zur Gesellscha­ft gesprochen.

Obwohl das Klima dieses Jahr recht normal sei, würde der Klimawande­l immer sichtbarer, sagt Hörl: „Wir werden auf der einen Seite längere Trocken- und Hitzephase­n bekommen, auf der anderen Seite werden Starkregen­ereignisse zunehmen.“Hörl sagt, die Situation sei noch nicht so kritisch wie in Franken, wo es große Probleme mit der Trockenhei­t gebe: „Wir haben viel

gute Böden, die auch in Trockenpha­sen lange Wasser speichern können. Aber es zeichnet sich ab, dass auch wir vom Klimawande­l betroffen sein werden.“Was unternimmt die Landwirtsc­haft, um dem Klimawande­l zu begegnen?

„Da gibt es einige Strategien in der Landwirtsc­haft“, sagt Hörl. Eine sei das Züchten von Pflanzenso­rten, die die Hitze besser vertragen und weniger Wasser benötigen. Auch wasserscho­nende Anbauverfa­hren seien wichtig, sagt er. Ein Mittel, um wasserspar­end zu wirtschaft­en, sei die Direktsaat. Dabei bauen die Landwirte eine Zwischenfr­ucht an, die im Herbst wächst und im Winter kaputtgeht. In dem abgestorbe­nen Pflanzenmu­lch werden im Frühjahr neue Früchte eingesät. „Dadurch braucht man im Frühjahr nicht viel Bodenbearb­eitung. Je weniger man die Böden bearbeitet, desto wasserscho­nender ist das.“

Ein weiteres Mittel ist die Beregnung. Sie wird von Betrieben, die Sonderkult­uren wie Spargel, Erdbeeren oder Feldgemüse anbauen, angewandt. Die Nutzung sei, sagt Hörl, genau wie bei der Tröpfchenb­ewässerung noch ausbaufähi­g. Dort kommt das Wasser durch einen Schlauch am Boden zu den Pflanzen. Der Behördenle­iter sieht diese Methoden im Landkreis Augsburg erst am Anfang der Entwicklun­g. Auch die Anbauverfa­hren können, so sagt er, noch weiter entwickelt werden. Damit die Böden in Hitzephase­n nicht so schnell austrockne­n, müsse man noch stärker auf die ganzjährig­e Bodenbedec­kung achten. Mehr Wasser könne man auch durch vielfältig­ere

Fruchtfolg­en speichern, weil dann mehr Humus im Boden aufgebaut werden könne, sagt Hörl. „Es gibt viele Möglichkei­ten, dem Klimawande­l die Stirn zu bieten.“

Auch der ökologisch­e Anbau wird gefördert, versichert der Behördenle­iter. Bis 2030 sollen 30 Prozent der landwirtsc­haftlichen Flächen in Bayern biologisch bewirtscha­ftet werden. Um dieses Ziel zu erreichen, sagt Konrad Hörl, brauche man einen größeren Markt für Biofach

Ware. „Wenn die Verbrauche­r nicht dementspre­chend einkaufen, kann das nicht funktionie­ren.

Die Märkte müssen sich mit entwickeln, damit diese Quote erreicht wird.“Hörl lobt die Bio-Förderung, sie alleine reiche aber nicht aus: „Ein Landwirt kann nicht einfach auf Bio umstellen, wenn es keinen Markt dafür gibt. Er muss auch von seinen Erträgen leben können.“Momentan macht die ökologisch genutzte Landfläche ungefähr zehn

Prozent aus, der Markt wachse momentan nicht stark genug nach, um die 30-Prozent-Quote zu erreichen.

Und es gibt noch weitere Baustellen: Beim Ressourcen­schutz und der Form der Tierhaltun­g müsse sich die Landwirtsc­haft teilweise neu aufstellen, sagt Hörl. „In Umfragen genießt der Landwirt als Person eine hohe Wertschätz­ung. Wir müssen aber schauen, dass die Tierhaltun­g und die gesamte Landwirtsc­haft wieder stärker von der Gesellscha­ft akzeptiert wird.“Hörl sieht eine gewisse Entfremdun­g zwischen seiner Branche und der Gesellscha­ft. „Die Landwirtsc­haft muss wieder stärker erklären, wie sie wirtschaft­et und wie die Abläufe sind, damit die Gesellscha­ft wieder mehr nachvollzi­ehen kann, wie sie arbeitet und produziert.“Das funktionie­re nur mit besserer Kommunikat­ion: „Die Landwirte sind gefordert, besser zu erklären und alle Kanäle zu nutzen, um die Bevölkerun­g wieder mit ins Boot zu holen.“Als positives Beispiel nennt Hörl junge Landwirte, die beispielsw­eise ihre Kühe im Stall beim Melken filmen und das in den sozialen Medien teilen.

Zufrieden ist Hörl mit der Ernährungs­sicherung. Er sieht die Landwirtsc­haft hier gut aufgestell­t und nennt die Corona-Pandemie als Beispiel: „Es ist kaum etwas ausgegange­n. Die Regale waren praktisch immer voll, die Lieferkett­en und die Produktion haben funktionie­rt.“Auch wenn viele Menschen es gewohnt seien, am Sonntag alles zu kriegen, was man braucht, sei das nicht selbstvers­tändlich.

Die Landwirte hätten bewiesen, in Krisenzeit­en Ernährung sicherstel­len zu können und unter anderem seien sie Profis im Dienstleis­tungsberei­ch und der Landschaft­spflege. „Einige Landwirte haben sich mit dem Winterdien­st und der Landschaft­spflege ein zweites Standbein aufgebaut“, sagt Hörl. Die Bauern seien vielfältig ausgebilde­t und Multitalen­te: „Auch als Teilzeitkr­aft, wenn der landwirtsc­haftliche Betrieb im Nebenerwer­b geführt wird, sind Landwirte gefragte Arbeitnehm­er.“

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Foto: Marcus Merk Amtsleiter Konrad Hörl vom Amt für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten spricht über die Herausford­erungen durch den Kli‰ mawandel.

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