Augsburger Allgemeine (Land West)
Großes Kino aus kleinen Anfängen
Festival Obwohl sich die Filmzeit Kaufbeuren längst etabliert hat, ist die 13. Auflage schwierig
Kaufbeuren Ermunterungsmails aus Peking, Videobotschaften aus Belarus und eine Schweizer Regisseurin, die sich hochemotional darüber freut, dass ihr neues Werk endlich live vor Publikum gezeigt werden kann. Es ist schon großes Kino, was sich da in Kaufbeuren aus der Idee einiger Filmbegeisterter entwickelt hat. Seit 2008 gibt es das Autorenfilmfestival Filmzeit in der Wertachstadt. Inzwischen hat es sich an den deutschsprachigen Filmhochschulen, aber auch in der jungen internationalen Filmszene sowie bei Cineasten aus dem weiten Umkreis einen beachtlichen Ruf erarbeitet.
Bei der momentan laufenden 13. Auflage wagten die Macher nun erstmals den Sprung über die Kaufbeurer Stadtmauern. Der Wettbewerb mit internationalen Beiträgen wurde nach Kempten ausgelagert. Dazu kam ein neuer Wettbewerb mit Musikfilmen, der in Immenstadt über die Leinwand des Traditionskinos Union-Filmtheater flimmerte. Zwar war die Weiterentwicklung zur Filmzeit Allgäu schon länger geplant. Aber gerade in diesem für die Branche schwierigen Corona-Jahr, wollten die Macher ein deutliches „Zeichen für die Kino-Kultur“setzen und ihr Festival unbedingt in den beteiligten Kinos durchziehen, wie Leiterin Birgit Kern-Harasymiw berichtet. Ein Entschluss, welcher der Filmzeit viel Lob einbrachte. Den Auswirkungen der Pandemie ganz widersetzen kann sich jedoch auch die Filmzeit nicht. In der ersten der beiden Festivalwochen wurden nur rund 400 Besucher gezählt. Im vergangenen Jahr waren es bei einer Woche Laufzeit knapp 2500. „Die Leute trauen sich einfach noch nicht so ins Kino“, glaubt Kern-Harasymiw.
Doch das nach wie vor kleine, eingeschworene Filmzeit-Team, das die Organisation größtenteils ehrenamtlich übernimmt, ist Kummer gewohnt. Immer wieder seitdem der bildende Künstler Roman Harasymiw seine Vision eines Kaufbeurer Autorenfilmfestivals ohne Einschränkung auf Genres und Themen in die Tat umgesetzt hat, mussten die Filmzeit-Macher – vor allem finanziell – um ihr Projekt kämpfen.
Die Schwierigkeiten hielten Harasymiw und seine Mitstreiter aber nie davon ab, ihre Leidenschaft für bewegte Bilder ambitioniert auszuleben. Aus inzwischen hunderten von Einreichungen werden die Filme der verschiedenen Wettbewerbe so sorgsam ausgewählt, dass immer wieder spätere Überflieger dabei sind. Heuer etwa war das Drama „Lake of Happiness“des weißrussischen Filmemachers Aliaksei Paluyan im Programm, das inzwischen für den Kurzfilm-Oscar nominiert ist. Zum eigentlichen Festival gesellen sich zudem immer wieder Videokunst-Ausstellungen, spezielle Programme für Kinder oder in diesem Jahr ein Drehbuchwettbewerb. Dessen Gewinner Alexander Löwen durfte seine Geschichte zu Verschwörungstheorien in Kaufbeuren verfilmen. Welturaufführung von „Grad Deutscher Härte“ist am kommenden Freitag. »www.filmzeitkaufbeuren.de