Augsburger Allgemeine (Land West)

Trotz Förderung: Grundstück­e bleiben teuer

Immobilien Die Stadt Augsburg will Familien mit „niedrigem und mittlerem Einkommen“das Bauen ermögliche­n. Doch diese Rechnung geht nicht ohne Weiteres auf

- VON STEFAN KROG

Das Modell gibt es in Augsburg schon seit mehr als 50 Jahren: Bürger mit niedrigen und mittleren Einkommen bekommen von der Stadt, sofern sie bestimmte Voraussetz­ungen nach einem Kriterienk­atalog (Einkommen, Kinderanza­hl) erfüllen, stadteigen­e Grundstück­e als Bauland zu einem vergünstig­ten Preis verkauft. Als Nächstes soll das früher als „Einheimisc­henmodell“bezeichnet­e Konstrukt bei zwölf Grundstück­en in der Schillstra­ße und etwa 20 Grundstück­en im Neubaugebi­et an der Wernhüters­traße (nahe Antonsiedl­ung) in Lechhausen umgesetzt werden. Bis zu 40 Prozent des Verkehrswe­rts eines Grundstück­s erlässt die Stadt den Käufern. Doch noch bevor das Modell, das zuletzt Anfang der 2000erJahr­e in mehreren Augsburger Baugebiete­n umgesetzt wurde, in eine Neuauflage gehen kann, zeichnen sich Probleme ab.

Denn die Grundstück­spreise sind aufgrund der Bodenknapp­heit in den vergangene­n Jahren so gestiegen, dass ein Hausbau für Familien der Zielgruppe zunehmend weniger in Frage kommt. Den Zusatz, dass man Förderung für Familien mit „niedrigem und mittleren Einkommen“betreiben will, streicht die Stadt aus dem Modellname­n - das wecke nur falsche Erwartungs­haltungen, sagt der für städtische Grundstück­e zuständige Liegenscha­ftsreferen­t Wolfgang Hübschle. „Hier hat uns die Preisentwi­cklung bei den Grundstück­en inzwischen einen Strich durch die Rechnung gemacht.“

Je nach Lage sind beim Baugrund für eine Einfamilie­nhausbebau­ung in Augsburg inzwischen Quadratmet­erpreise von 600 Euro realistisc­h - bei einem 20 mal 20 Meter großen Grundstück, was für ein Einfamilie­nhaus nicht übermäßig groß ist, wären das 240 000 Euro nur für den Baugrund. Vor einigen Jahren waren noch deutlich niedrigere Bodenpreis­e angesagt.

Zuletzt war die Grundstück­spolitik der Stadt im Wirtschaft­sausschuss des Stadtrates ein Thema. Christine Wilholm (Sozialfrak­tion; Linke) sagte, Eigentumsb­ildung sei für Menschen mit niedrigen Einkommen in Augsburg inzwischen undenkbar. „Die sind froh, wenn sie die Miete bezahlen können und am

Ende des Monats noch etwas im Kühlschran­k ist“, so Wilholm. Auch Raphael Brandmille­r (Generation Aux) sagte, er halte es für schwierig, „diesen Weg weiterzuge­hen, obwohl das Ziel dadurch augenschei­nlich nicht erreicht wird“.

Damit die Rechnung auch für Bürger mit etwas höherem Einkommen überhaupt aufgeht, hat die Stadt die Vermögenso­bergrenze, die Antragstel­ler nicht überschrei­ten dürfen, von 100000 auf 200000 Euro angehoben. Denn wer als Häuslebaue­r nur 100000 Euro an Eigenkapit­al mitbringt, würde die 650 000 Euro, von denen die Stadt in der Schillstra­ße als Mindestpre­is für ein Haus ausgeht, nicht schultern können. Auch mit der 200000-Euro-Grenze sei eine Kreditfina­nzierung gerade noch so gewährleis­tet, sagt die Stadt. Allerdings, so Linken-Stadträtin Wilholm, frage sie sich, wie auch eine besser verdienend­e Familie mit zwei Kindern 200 000 Euro an Eigenkapit­al ansparen könne, wenn es keine Erbschaft gebe. „Letztlich fördern wir wohl nur die, die es sich ohnehin leisten könnten“, so Wilholm. Hübschle hält die Schillstra­ße allerdings für ein Extrembeis­piel. Im Bebauungsp­lan seien dort relativ große Grundstück­e vorgesehen, was sich auch auf den Preis auswirke.

Der Bebauungsp­lan war seinerzeit wegen seiner Eingriffe in die Lechauen umstritten. Unter anderem der Bund Naturschut­z kritisiert­e, dass wenn dort Boden versiegelt werde, wenigstens viele Wohnungen entstehen sollten. Die Einfamilie­nhausplanu­ng sei nur für Besserverd­ienende geeignet. Die Bauverwalt­ung hielt dem seinerzeit entgegen, dass eine mehrstöcki­ge Bebauung an dieser Stelle nicht in die Landschaft passe und ebenfalls Proteste nach sich ziehen werde.

Liegenscha­ftsamts-Leiter Ralph Schmidtman­n verweist in der aktuellen Vergabedis­kussion auch darauf, dass sich die Rahmenbedi­ngungen der Grundstück­svergabe in den vergangene­n Jahrzehnte­n grundsätzl­ich geändert hätten. Augsburg vergebe schon lange

Grundstück­e zur Selbstbeba­uung an Bürger, doch allein schon durch die höheren Gebäudesta­ndards und komplizier­te Vorschrift­en könnten Bauherren heute weniger selbst machen als noch vor 50 Jahren.

Neben der Schillstra­ße will die Stadt auch auf dem sogenannte­n Wohanka-Areal im Bärenkelle­r Grundstück­e vergünstig­t abgeben. Für das Gelände am Holzweg an der Stadtgrenz­e zu Neusäß wird gerade ein Bebauungsp­lan erstellt. Und im Neubaugebi­et Wernhüters­traße, wo insgesamt 360 Wohneinhei­ten in Ein- und Mehrfamili­enhäusern entstehen sollen, gehören der Stadt 16 Prozent der bebaubaren Grundfläch­e. Einen Teil bekommt die städtische Wohnbaugru­ppe, damit sie geförderte Mietwohnun­gen bauen kann. Die restlichen Grundstück­e für 21 Einfamilie­nhäuser und Doppelhaus­hälften will die Stadt vergünstig­t an Bürger verkaufen. Die anderen Grundstück­e gehören dem Wohnbaulan­d-Entwickler Infracommu­n Senn, der bereits in die Vermarktun­g gegangen ist und die

Grundstück­e

Offen ist, inwieweit die Förderung künftig angewendet werden wird. Die Grundfläch­en der Stadt sind überschaub­ar. Um eine Bevorratun­gspolitik wie die Stadt Ulm durchzuzie­hen, die so viele Grundstück­e wie möglich kauft und diese dann zu Bauland entwickelt, um Bodenspeku­lation zu bremsen, fehle der Stadt schlicht das Geld, so Schmidtman­n. Allerdings hatte der Stadtrat im Frühjahr, als er für Neubaugebi­ete eine fixe Quote an geförderte­n Wohnungen von 30 Prozent verabschie­dete, um die Mietpreise­ntwicklung etwas zu bremsen, auch einen Beschluss zum Thema Einfamilie­nhäuser/Doppelhaus­hälften/Reihenhäus­er verabschie­det. Demnach kann Investoren in bestimmten Konstellat­ionen auferlegt werden, 30 Prozent der Bauplätze gemäß der städtische­n Richtlinie vergünstig­t an Häuslebaue­r zu verkaufen. Insofern, so Schmidtman­n, gehe die Wirkung der Richtlinie über städtische Grundstück­e hinaus. bauträgerf­rei verkauft.

 ?? Foto: Michael Hochgemuth ?? In einem Baugebiet an der Schillstra­ße sollen Augsburger mit kleinen Einkommen günstige Grundstück­e erhalten. Doch es gibt Probleme.
Foto: Michael Hochgemuth In einem Baugebiet an der Schillstra­ße sollen Augsburger mit kleinen Einkommen günstige Grundstück­e erhalten. Doch es gibt Probleme.

Newspapers in German

Newspapers from Germany