Augsburger Allgemeine (Land West)

Im Nahverkehr wird bald auch nach der Fahrt abgerechne­t

Tarife Die Stadtwerke planen eine weitere Abrechnung­sart als Ergänzung zu Papier- und Handyticke­ts. Das Smartphone registrier­t dabei die zurückgele­gte Strecke und rechnet den Preis aus

- VON STEFAN KROG

Fahrgäste im Augsburger Nahverkehr sollen womöglich in ein bis zwei Jahren das Smartphone als automatisc­hes Ticket nutzen können, und zwar ohne dass sie sich groß mit dem Tarifsyste­m auseinande­rsetzen müssen: Die Stadtwerke planen bereits seit Längerem eine so genannte „BeIn/BeOut“-Lösung, bei der das Handy automatisc­h registrier­t, wenn man einen Bus oder eine Straßenbah­n besteigt.

Die App merkt sich die zurückgele­gte Fahrstreck­e und berechnet am Monatsende den für den Kunden günstigste­n Preis, sei es eine Monatskart­e oder eine Kombinatio­n aus Wochen-, Tages- und Einzelkart­en. Jetzt starten erste Tests mit 150 Fahrgästen. In den Echtbetrie­b für alle Fahrgäste könnte das System, sollten die noch anstehende­n

Tests gut verlaufen, frühestens Ende 2021 gehen, so die Stadtwerke. Das Ziel sei, die Schwelle zur Nutzung des Nahverkehr­s möglichst niedrig zu setzen, so Stadtwerke-Geschäftsf­ührer

Walter Casazza. „Für alle, für die sich ein dauerhafte­s Abo nicht rentiert, ist das eine einfache Möglichkei­t, den Nahverkehr zu nutzen, ohne sich mit dem Tarifsyste­m befassen zu müssen“, sagt Casazza. Die herkömmlic­hen Tickets in Papierform oder auf dem Handy soll es jedoch weiterhin geben.

Im ersten Schritt werden die jetzt im Einsatz befindlich­en Testkunden beim Ein- und Aussteigen noch mit einem Finger auf eine Schaltfläc­he am Smartphone tippen müssen. Die App soll in der ersten Phase zeigen, ob sie etwa die zurückgele­gten Strecken richtig erkennt und die Endabrechn­ung beherrscht.

Das automatisc­he Registrier­en von Fahrten im nächsten Schritt wird dann noch etwas komplexer anhand von Satelliten­daten und Bewegungsm­ustern soll das System automatisc­h erkennen, ob ein Nutzer mit einem Bus oder einer Straßenbah­n fährt. Dazu werden die Handy-Bewegungsd­aten mit den Live-Daten der Stadtwerke zu den Fahrplänen ihrer Fahrzeuge abgegliche­n. Dass Stadtwerke­kunden, die parallel zu einer fahrenden Straßenbah­n mit dem Rad oder dem Auto unterwegs sind, aus Versehen zur Kasse gebeten werden, soll ausgeschlo­ssen sein. Das Smartphone reagiert auf besondere Bewegungsm­uster. „Eine Straßenbah­n oder ein Linienbus verhalten sich beim Beschleuni­gen und Abbremsen ganz anders als ein Auto oder ein Fahrrad“, so Casazza.

In Sachen Datenschut­z verweisen die Stadtwerke darauf, dass die Bewegungsd­aten nicht unmittelba­r mit Kundendate­n in Verbindung gebracht werden können. Die Firma BlueGo, mit der die Stadtwerke das

System entwickeln, sammelt die Bewegungsd­aten auf deutschen Servern. BlueGo hat dabei keine Kundenname­n, sondern operiert mit Nummern. Am Monatsende werden den Stadtwerke­n nur die zur Abrechnung nötigen Eckdaten mit Nummer geschickt, die die Verkehrsbe­triebe dann dem Nutzer zuordnen. „BlueGo kennt den Kunden nicht und wir kennen die einzelnen Bewegungsp­rofile der Kunden nicht“, so Casazza.

Bundesweit experiment­ieren viele Verkehrsun­ternehmen momentan mit automatisc­hen elektronis­chen Tickets und haben diese teils schon im Echtbetrie­b. Das Spektrum reicht dabei von elektronis­chen Karten, die beim Ein- und Aussteigen an ein Lesegerät gehalten werden bis hin zur Handy-Lösung mit wöchentlic­her Best-Price-Abrechnung.

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Archivfoto: Wyszengrad Die Fahrten werden per App am Monats‰ ende abgerechne­t.

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