Augsburger Allgemeine (Land West)
Die älteste Gersthofer Arztpraxis schließt
Medizin Bei Dr. Wolfgang Oblinger gehen zum Jahresende die Lichter aus – für viele ältere Patienten ein Schock
Gersthofen „Das war ein Schlag ins Gesicht aus heiterem Himmel“, sagt Anton Langenmeir. Er ist seit 25 Jahren Patient in der ältesten Arztpraxis in Gersthofen, die zum Jahresende schließt. Das Medizinische Versorgungszentrum wird aufgelöst, was zum einen mit dem absehbaren Ruhestand von Dr. Wolfgang Oblinger zu tun hat. Zum anderen wollen die Wertachkliniken, die die Praxis vor zwei Jahren übernahmen, den gastroenterologischen Sitz erhalten und nach Schwabmünchen holen. Dort gibt es keinen. „Wir schaffen dadurch mehr Versorgungsgerechtigkeit“, sagt Klinik-Vorstand Gösele.
„Die Patienten müssen sich nach Augsburg orientieren“, rät der Vorstand der Wertachkliniken in Schwabmünchen und Bobingen, Martin Gösele. „Da gibt es viele Möglichkeiten.“Er bedauert die Situation in Gersthofen. Für den Klinikverbund mit der MVZ Wertachkliniken gGmbH sei aber schon vor zwei Jahren klar gewesen, den gastroenterologischen Sitz in den südlichen Landkreis zu holen, als sich Dr. Oblinger zum Verkauf der Praxis entschieden hatte.
Die beiden Ärzte der Gersthofer Praxis, Dr. Oblinger und Dr. Luz Ocampo Hurtado, werden zum Jahresende nach Schwabmünchen und Bobingen wechseln, wo die Gastroenterologie fortgeführt wird.
Den Angestellten der Praxis wurde bereits gekündigt. Sie können sich laut Gösele aber an den Wertachkliniken bewerben. Er sagt: „Es gibt viele Möglichkeiten, wo wir dringend Fachkräfte brauchen.“
Wo Hausärzte und Fachärzte arbeiten, wird anhand der sogenannten Bedarfsplanung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) entschieden. Sie legt fest, wie viele Hausärzte, Fachärzte oder Psychotherapeuten sich in einem bestimmten Gebiet – dem sogenannten Planungsbereich – niederlassen dürfen. So sollen alle Patienten möglichst gleichmäßig Zugang zur ambulanten vertragsärztlichen Versorgung haben. Nachdem Bobingen, Schwabmünchen und Gersthofen zum selben Planungsgebiet der spezialisierten fachärztlichen Versorgung gehören, spielt der Wechsel von Dr. Wolfgang Oblinger von
Gersthofen an die Wertachkliniken auf dem Papier keine Rolle. An der Planung der KVB ändert sich dadurch nichts. Statistisch gesehen gilt die Region Augsburg weiterhin als gut versorgt mit spezialisierten Fachärzten.
Für Patienten aus dem nördlichen Landkreis Augsburg, die beispielsweise eine Magenspiegelung brauchen, wird der Weg jedoch deutlich weiter, wenn Dr. Wolfgang Oblinger ab Januar 2021 nicht mehr in Gersthofen praktiziert.
Insgesamt sind laut KVB im Landkreis Augsburg derzeit zwei Gastroenterologen beschäftigt. Wenn die Hausarztpraxis Ende Dezember in Gersthofen schließt, fehlen Dr. Wolfgang Oblinger und Dr. Luz Ocampo Hurtado zudem als Hausärzte.
Zumindest die hausärztliche Versorgung soll in Gersthofen laut KVB aber nicht verloren gehen. Über Einzelheiten müsse noch entschieden werden, heißt es von der Körperschaft des öffentlichen Rechts, der alle Vertragsärzte angehören müssen.
Um zu klären, wie viele Hausärzte in einem bestimmten Gebiet arbeiten dürfen, hat die KVB die Region in kleinere Gebiete eingeteilt als bei den Fachärzten. Gersthofen gehört zum Planungsraum Augsburg, Schwabmünchen und Bobingen bilden mit weiteren Gemeinden einen eigenen Planungsraum. Beide Gebiete gelten als überversorgt mit Hausärzten. »Kommentar