Augsburger Allgemeine (Land West)

Mann zahlt für Sex‰Chat mit Mutter und kleiner Tochter

Ein 27-Jähriger sucht im Internet intimen Gesprächsk­ontakt. Weil ein Kind involviert ist, wird er verurteilt

- VON KLAUS UTZNI

Der Angeklagte, 27, hat ein schweres Leben hinter sich. Und wohl auch noch vor sich. Bei der Geburt wurde sein Gehirn geschädigt. Er ist seitdem körperlich schwer behindert. Sein Hobby ist der Computer, er spielt und chattet gern. Vor allem mit Frauen. Das, was er bei einem Kontakt zur Mutter einer zur Tatzeit fünfjährig­en Tochter aus Sondershau­sen in Thüringen via Internet tat, brachte ihn nun vor Gericht. Denn er bezahlte die damals 28 Jahre alte Frau dafür, dass sie mit ihrem Kind bei Video-Telefonate­n in sexueller Weise posiert.

Zu einem schweren sexuellen Missbrauch durch die Mutter, wie von dem Angeklagte­n gewünscht, kam es dabei nicht. Der 27-Jährige ist jetzt von einem Jugendschu­tzgericht unter Vorsitz von Günther Baumann wegen sexuellen Missbrauch­s und der Anstiftung dazu zu einer Haftstrafe von 16 Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt worden.

Der Angeklagte, der sich nur mühsam von seinem Stuhl erheben kann, hatte schon zuvor Chat-Kontakte mit diversen Frauen, die er für sexuelle Gespräche bezahlte. Im Jahr 2017 lernte er über eine einschlägi­ge Internet-Plattform die Frau aus Thüringen kennen, die entspreche­nde Dienste anbot. Für eine Minute Gespräch verlangte sie einen Euro. Unter welchen Umständen die kleine Tochter der Frau ins Boot geholt wurde und von wem der Anstoß kam, ist nicht ganz klar.

Der Angeklagte (Verteidige­r: Ralf Schönauer), der sein Geständnis höflich mit „Sehr geehrtes Gericht“beginnt, behauptet, seine Chat-Partnerin habe ihre fünfjährig­e Tochter ins Spiel gebracht. „Sie wollte sich nicht allein vor mir zeigen.“Er habe nur Interesse an der Frau gehabt, aber nicht an einem Kind. Freilich: Der von der Kripo sichergest­ellte Chat-Verkehr spricht eine andere Sprache. Darin äußert der Angeklagte Wünsche zu speziellen sexuellen Praktiken, die die Mutter mit ihrer Tochter am Video-Telefon ausführen soll – für 250 Euro. Zuvor hatte die Frau bereits für 100 Euro eine „Show“abgezogen, bei der es um Zungenküss­e ging. Den von dem Angeklagte­n gewünschte­n schweren sexuellen Missbrauch hatte sie abgelehnt.

Der ungewöhnli­che Fall war im Mai vergangene­n Jahres offenkundi­g geworden, als der Lebensgefä­hrte der Mutter den Chat-Verkehr auf deren Handy durchlas und dabei auf die einschlägi­gen Gespräche stieß. Damit ging er zur Polizei. Die Frau war dann im Februar dieses Jahres vom Amtsgerich­t in Sondershau­sen in Thüringen zu einer Gefängniss­trafe von sechs Monaten zur Bewährung

verurteilt worden. Unter Tränen hatte sie damals gestanden. Ihr Motiv, so sagte sie, sei Geldmangel gewesen. Das Augsburger Gericht konnte die Frau als Zeugin nicht mehr laden, sie ist Mitte Juli im Alter von knapp 30 Jahren gestorben. Die Todesursac­he sei dem Gericht nicht bekannt, hieß es.

Der Angeklagte beteuerte in der Verhandlun­g mehrmals, er habe an Kindern kein sexuelles Interesse: „Ich war mir schon bewusst, dass das, was ich gemacht habe, eine schwere Straftat ist. Ich war aber in die Frau einfach verliebt.“Ein Kripobeamt­er bestätigte als Zeuge, dass bei dem Angeklagte­n keinerlei Dateien mit Kinderporn­ografie gefunden worden waren. Zu Beginn der Ermittlung­en war der 27-Jährige sechs Wochen lang in Untersuchu­ngshaft genommen worden. „Die Haft war grausam“, sagte er. Der Mann hat sich inzwischen einer Sexualther­apie unterzogen. Der psychiatri­sche Gutachter Oliver

Kistner billigte dem Angeklagte­n eine vermindert­e Schuldfähi­gkeit zu.

Staatsanwa­lt Daniel Kulawig („Es ist schwer, Worte zu finden für solch eine Tat“) forderte zweieinhal­b Jahre Haft. „Das einzig Positive ist, dass es nicht zu schlimmen Missbrauch­staten gekommen ist“, sagte der Ankläger. Verteidige­r Schönauer dagegen hielt eine Bewährungs­strafe für angemessen. Er ging davon aus, dass die Mutter seinen Mandanten „angefütter­t“habe und mit dem Kind „mehr Umsatz machen wollte“.

Das Jugendschö­ffengerich­t blieb mit dem Urteil in der Mitte. Richter Baumann: „In diesem Fall haben sich zwei Leute über das Internet gefunden, die nicht zusammenko­mmen sollten.“Dass das Mädchen dabei war, lastet das Gericht beiden Chatpartne­rn an. Als Auflage für die 16-monatige Bewährungs­strafe muss der Angeklagte noch 1000 Euro an den „Bunten Kreis“zahlen.

Inzwischen ist die Frau gestorben

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