Augsburger Allgemeine (Land West)
Chef der Justiz sorgt für Sicherheit beim Prozess
Pandemie Prof. Frank Arloth aus Gersthofen ist Amtschef des Bayerischen Justizministeriums. Im Interview schildert er die Herausforderungen durch die Corona-Pandemie für die Gefängnisse und die Gerichte
Gersthofen/München Prof. Frank Arloth aus Gersthofen ist seit sechs Jahren der Amtschef des Justizministeriums und hat als solcher die Leitung über 20.000 Mitarbeiterin Gerichten – vom Amtsgericht bis hin zum Obersten Landesgericht – Staatsanwaltschaften und Gefängnissen in Bayern. Außerdem sitzt Arloth für die CSU im Stadtrat seiner Heimatstadt Gersthofen und hält gelegentlich Vorlesungen an bayerischen Universitäten. Wir sprachen mit dem 62-Jährigen darüber, wie er die Monate mit der Pandemie erlebt hat und welche Aufgaben die Justiz derzeit zu bewältigen hat.
Wie hat sich Ihr Arbeitsalltag durch Corona verändert?
Frank Arloth: Eigentlich nicht allzu sehr. Ich war sogar in den Spitzenzeiten der Pandemie tagtäglich im Büro, nur die Besprechungen mit dem Justizminister oder anderen Kollegen haben als Video- oder Telefonkonferenzen stattgefunden und mein Vorzimmer hat eine Plexiglasscheibe bekommen. Natürlich wurden in den Gerichten und in den Justizvollzugsanstalten die Schutzmaßnahmen hochgefahren, es fanden zunächst nur die wichtigen Strafverfahren und Familiensachen statt. Das Problem ist, dass die Sitzungssäle schnell sehr klein werden, wenn es darum geht, allen Verfahrensbeteiligten genügend Platz und Abstand zu geben. Vielerorts mussten wir die Sitzungssäle zunächst coronagerecht ausstatten, z. B. mit Trennscheiben. Außerdem haben wir mit einem raschen Ausbau der Videokonferenztechnik auf die besonderen Herausforderungen reagiert.
Und wie ist es in den Gefängnissen? Arloth: Zum Glück haben wir sehr wenig Infizierte in den Justizvollzugsanstalten. Dafür tun wir aber auch einiges. So haben wir etwa in Bayern derzeit pro Monat ca. 1200 Neuzugänge, die müssen alle erst einmal 14 Tage in Quarantäne. Aber den Platz muss man haben, das ist manchmal nicht ganz einfach. Mehr als unter den Gefangenen hatten wir positiv Getestete unter den Bediensteten, die haben ja auch draußen mehr Kontakte; aber insgesamt liegt die Zahl der Infektionen auf einem sehr erfreulich niedrigen Niveau. Der Personalbedarf des Justizvollzugs, der schon zuvor in einer angespannten Personalsituation war, hat sich dadurch leider nochmal erhöht.
Bei den JVAs reagieren wir auch regional flexibel. Wo Kreise oder Städte besonders betroffen sind, müssen wir Besuche einschränken und Vollzugslockerungen zurücknehmen. Als man zum Beispiel dachte, Garmisch hätte eine Superspreader-Lage, haben wir in der dortigen JVA, einer kleineren Anstalt, sofort die Schutzmaßnahmen erheblich verschärft.
Als Jurist haben Sie sicher besonders die Diskussionen um die Verhältnismäßigkeit von Einschränkungen von Freiheitsrechten mit Interesse verfolgt. Inwieweit war Ihre Behörde in die Überprüfung der Anordnungen eingebunden?
Arloth: Das fällt nicht in unseren Zuständigkeitsbereich. Anders als man meinen könnte, überprüft das Justizministerium nicht alle Verordnungen. Das ist in dem Fachministerium angesiedelt, das für die jeweilige Verordnung zuständig ist. Wir erhalten das zur Kenntnis und schauen es uns auch an. Die zuständigen Gerichte sind aber die Verwaltungsgerichte, die organisatorisch zum Innenministerium gehören. Sie überprüfen dann unabhängig, ob eine angegriffene Regel weiter gelten kann oder nicht.
Anders als manchmal der Eindruck entstand, haben in Bayern die überwiegende Zahl der Maßnahmen der gerichtlichen Überprüfung stand gehalten. Jetzt im Herbst und Winter ist es wichtig, dass alle vernünftig bleiben, damit die Infektionszahlen nicht weiter ansteigen und wir gemeinsam gut durch die Krise kommen.