Augsburger Allgemeine (Land West)
Doku über Kunstschatz
Kino Katharina Weser aus Agawang erzählt in ihrem neuen Film die Geschichte einer DDR-Kunstsammlung. Weshalb diese ausgerechnet in Brasilien aufgetaucht ist
Katharina Weser aus Agawang erzählt in ihrem Film die Geschichte einer DDR-Kunstsammlung. Weshalb diese ausgerechnet in Brasilien aufgetaucht ist.
KutzenhausenAgawang Es ist eine unglaubliche Geschichte, die Katharina Weser zusammen mit ihren Kollegen erzählt. Sie handelt von einer riesigen Sammlung von Kunst aus der DDR. Dieser Schatz lagert an einem geheimen Ort in Brasilien. Es ist die größte Privatsammlung nonkonformer Kunst aus der DDR. Ihr Sammler, ein brasilianischer Diplomat, ist der Schlüssel zu einem fast vergessenen Kapitel deutscher Geschichte. Wieder zum Leben erweckt wird sie in einem Dokumentarfilm, der am Montag im LiliomKino in Augsburg zu sehen ist.
Dahinter steckt unter anderem die 31-jährige Filmemacherin Katharina Weser aus dem Kutzenhauser Ortsteil Agawang. Zusammen mit einem Partner gründete sie die Produktionsfirma Reynard Films mit Sitz in Leipzig und Stuttgart. Die Doku „Der Vergessene Schatz“ist Wesers erster längerer Film, der auch im Kino zu sehen ist. Dass er überhaupt entstehen konnte, liegt auch an der Fußballweltmeisterschaft in Brasilien 2014.
Damals war der ostdeutsche Regisseur Tom Ehrhardt in Brasilien unterwegs, um die Stimmung während der Weltmeisterschaft einzufangen. Zufällig sah er eine Ausstellung mit Kunst aus der DDR, erzählt Katharina Weser. Der Regisseur stieß auf eine Sammlung von mehr als 1200 Gemälden, Zeichnungen, Collagen und Druckgrafiken. Eine Sammlung, von der bislang niemand wusste. Sie gehört Francisco Chagas Freitas, einem ehemaligen brasilianischen Diplomaten, der 1984 in Berlin lebte und anfing, Kunst zu sammeln, die nicht dem sozialistischem Realismus entsprach. „Er sammelte Träume“, sagt Weser. Darunter sind Werke von Künstlern wie Peter Hermann, Gil Schlesinger oder dem Bildhauer Matthias Jackisch, deren unangepasste Kunst in der DDR für Aufsehen sorgte. Als Katharina Weser vor etwa drei Jahren davon hörte, war sie begeistert. „Die größte Sammlung nonkonformer DDR-Kunst liegt irgendwo in Brasilien. Das glaubt dir erstmal niemand“, sagt Weser heute. Die auf den ersten Blick absurde Geschichte faszinierte die Filmemacherin aus Agawang. Als Produzentin war sie an Bord. Doch bis zum fertigen Kinofilm sei es ein weiter Weg gewesen. Weser: „Es ist eigentlich eine Geschichte des Scheiterns“. Besonders die Finanzierung des Projekts war ein Problem, denn es mangelte an Fördergeldern. Letztlich konnte der Film auch durch Crowdfunding, also private Spenden, realisiert werden. „Wir haben da aber auch viel kostenlose Arbeitszeit reingesteckt“, sagt Weser. „Es ist ein wichtiger Film, der Künstlern eine Stimme gibt, die sich nicht unterkriegen lassen und immer weitermachen“.
Ihre Leidenschaft zum Film trägt Katharina Weser schon lange in sich. Während eines Erasmus-Semesters im französischen Lille belegte sie einige Filmkurse. Für ihren Master in Dokumentar- und Filmgeschichte zog Weser schließlich ins französische Lyon. „Dort habe ich auch meine ersten Filme gemacht“, sagt sie. Nach dem Studium fasste sie – für die Branche eher ungewöhnlich – schnell Fuß, wirkte an verschiedenen Produktionen für den Fernsehsender ARTE mit. „Mein großes Glück war, dass ich neben Französisch auch fließend
Deutsch und Englisch konnte“, erzählt Weser heute. Als eine Produzentin wegen Krankheit ausfiel, konnte sie bei einer größeren Produktion über ein Musikfestival in leitender Funktion einspringen.
Nach einiger Zeit in Frankreich zog es Weser schließlich zurück nach Deutschland, wo sie ihre eigene Produktionsfirma gründete. Die hat ihren Sitz zum Teil in Leipzig. Wegen ihrer beiden Kinder arbeitet Weser aber zum großen Teil von ihrem Heimatort Agawang aus. Weser: „Ich brauche nicht mehr als meinen Computer.“Einen großen Teil des Jahres über ist sie ohnehin unterwegs, um zu recherchieren und zu drehen.
„Am Anfang steht immer eine Idee“, sagt Weser. Wenn die steht, kümmert sie sich um die Finanzierung und das passende Team. Das wechselt von Projekt zu Projekt. Bislang hat die Filmemacherin vor allem Kurzfilme produziert. „Wir wollen Filme machen, die unterhalten“, erzählt sie. Es fasziniere sie, die Möglichkeiten des Films auszureizen, magische und fantastische Elemente einzubauen. So wie bei einem Projekt, das im kommenden Jahr veröffentlicht werden soll. Es ist ein Film für sogenannte VirtualReality-Brillen. Eine Art Display, die es ermöglicht, in virtuelle Welten einzutauchen. Der Film spielt in der Tiefsee. Betrachter sollen später in eine unwirkliche Welt in den Tiefen des Ozeans eintauchen können. Vor Kurzem erhielt Weser für diese Idee einer Zusage der bayerischen Filmförderung. „In Asien ist diese Art von Film schon ziemlich verbreitet“, sagt Weser. In Deutschland sei sie auf dem Vormarsch. Aus dem kleinen Ort Agawang bei Kutzenhausen will die Filmemacherin eine fantastische Welt schaffen, in die der Zuschauer abtauchen kann.
Zu sehen ist der Dokumentarfilm „Der Vergessene Schatz“am Montag, 12. Oktober, um 19.30 Uhr im Liliom-Kino in Augsburg.