Augsburger Allgemeine (Land West)

Sehen so die Häuser der Zukunft aus?

Wohnen An der Bürgermeis­ter-Ackermann-Straße ist ein Mehrpartei­enhaus auf Stelzen entstanden. Es steht über einem Geschäftsp­arkplatz. Das spart Platz, ist aber nicht immer einfach umzusetzen

- VON STEFAN KROG

Von weitem sieht das Gebäude nach nichts Besonderem aus: ein insgesamt sieben Stockwerke hohes Mehrfamili­enhaus mit Flachdach, ockerfarbe­nem Anstrich und 46 Wohnungen an der Bgm.-Ackermann-Straße. Doch das Gebäude ist womöglich ein Vorreiter in Augsburg.

Die Wohnungen des untersten Wohngescho­sses haben ihren Fußboden in sieben Metern Höhe. Das Haus, das zur Eröffnung im Sommer voll belegt war, ruht auf Stelzen, und wo normalerwe­ise das Erdgeschos­s liegen würde, gibt es Parkplätze. Bauherr Bernhard Spielberge­r hat das Haus, das Teil der Seniorenre­sidenz Albaretto ist, aus Platzgründ­en auf den bestehende­n Parkplatz des dortigen Einzelhand­elszentrum­s gebaut. „So wird der Platz doppelt genutzt. Der Parkplatz war ja ohnehin schon versiegelt“, so Immobilien­unternehme­r Spielberge­r. Für die angrenzend­en Geschäfte wurde es etwas dunkler, allerdings habe man für Lichteinfa­ll gesorgt, indem man eine Lücke zwischen dem Dach des Geschäftsh­auses und der Decke über den Parkplätze­n gelassen habe. Zudem gebe es ein Beleuchtun­gskonzept, das aktuell nochmal nachgebess­ert wird.

Die Idee, aufgestelz­te Häuser auf Parkplätze­n zu errichten, wird seit einigen Jahren verstärkt diskutiert. Denn gerade in Großstädte­n ist das Angebot an Baugrundst­ücken gering. Der Mangel sorgt seit Jahren auch in Augsburg für steigende Preise. Eine Studie im Auftrag des Bundes Naturschut­z für Augsburg ergab vor zwei Jahren, dass über großen Parkplätze­n von Firmen und Geschäften­in der Stadt theoretisc­h ein Potenzial von 8800 Wohnungen besteht. Die Idee der Naturschüt­zer ist, durch Nutzung dieser Flächen eine Bebauung der „grünen Wiese“zu verhindern. Dieses Potenzial verpuffe weitgehend ungenutzt. Bundesweit beachtet wurde zuletzt in München das Haus am Dantebad, das auf einem bestehende­n Parkplatz errichtet wurde und Sozialwohn­ungen beherbergt. Die Stadt München hat beschlosse­n, aktiv auf Suche nach geeigneten Flächen zu gehen, etwa P+R-Plätzen, um dort Wohnprojek­te zu prüfen.

Auch in Augsburg bleibt das Albaretto womöglich nicht das einzige Gebäude, zum Standard wird es aber wohl eher nicht. Dabei taucht das Thema Nachverdic­htung und Überbauung im schwarz-grünen Koalitions­vertrag als ein möglicher Ansatz auf. Es hätten sich bereits Projektent­wickler und Grundstück­seigentüme­r mit ähnlichen Ideen an die Stadt gewandt, so das Baureferat. „Bei der vertieften Planung der Projekte zeigt sich, dass hier tatsächlic­h noch ein großes Potential für den Bau neuer Wohnungen besteht“, so Baureferen­t Gerd Merkle (CSU). Allerdings sei die Umsetzung nicht ganz einfach.

Zum einen müsse geklärt werden, wie die Autostellp­lätze für die neu hinzu kommenden Wohnungen nachgewies­en werden. Hintergrun­d: Laut Stellplatz­satzung muss grob gesagt ein Stellplatz pro Wohnung mitgebaut werden, um zu verhindern, dass die angrenzend­en Straßen vollgepark­t werden. Im Fall des Albaretto wurde noch eine kleine Tiefgarage dazugebaut, die aus Platzgründ­en über einen Autoaufzug erschlosse­n ist.

Und dann gebe es noch die Frage des Lärmschutz­es, so Merkle. Denn meist liegen derartige Parkplätze in Gewerbegeb­ieten, wo eine Wohnbebauu­ng nicht zulässig ist und auch nicht besonders attraktiv wäre. Im Fall von Supermärkt­en hätten die Betreiber oft auch gar kein Interesse, ihre Parkplätze zu überbauen. „Die zur Straße orientiert­en sichtbaren oberirdisc­hen Parkplätze werden als wesentlich­es Merkmal für die Attraktivi­tät eines Marktes gesehen“, so Merkle. In Mischgebie­ten (dort sind Wohnen und Gewerbe erlaubt) wäre eine Aufstockun­g bestehende­r Discounter häufig sinnvoll. „Allerdings sind Statik und Struktur der Bestandsge­bäude überwiegen­d für eine Aufstockun­g nicht geeignet“, so Baureferen­t Merkle.

Mehr Potenzial sieht die Stadt darin, bei Neubauvorh­aben etwa eines Supermarkt­es den Boden mehrfach

Ein großes Potenzial – mit einigen offenen Fragen

zu nutzen – also statt eines eingeschos­sigen Flachdachg­ebäudes mit Supermarkt ein mehrgescho­ssiges Gebäude mit darüberlie­genden Wohnungen oder Büros zu planen. Ein Beispiel dafür sei der am nördlichen Ende des Reese-Parks entstehend­e Komplex der Wohnbaugru­ppe. In der Anlage an der Ulmer Straße sind unter anderem ein Supermarkt und eine Drogerie untergebra­cht, darüber liegen dann Wohnungen.

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Foto: Ulrich Wagner Das neue Haus der Albaretto‰Seniorenre­sidenz an der Ackermann‰Straße wurde auf Stelzen über einem bestehende­n Parkplatz errichtet.
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So sieht das Stelzenhau­s von unten aus.

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