Augsburger Allgemeine (Land West)

Friedenspr­eis für „Vorbilder der Verständig­ung“

Auszeichnu­ng Augsburg ehrt Landesbisc­hof Heinrich Bedford-Strohm und Kardinal Reinhard Marx. Altbundesp­räsident Joachim Gauck würdigt sie als authentisc­he Kirchenmän­ner

- VON ALOIS KNOLLER

„Vorbilder ökumenisch­er Verständig­ung“nennt sie Altbundesp­räsident Joachim Gauck. Dafür haben der bayerische Landesbisc­hof Heinrich Bedford-Strohm und der Münchner Kardinal Reinhard Marx im Goldenen Saal gemeinsam den Augsburger Friedenspr­eis 2020 empfangen. Vor allem sei ihnen zu verdanken, dass das Reformatio­nsjubiläum 2017 in Deutschlan­d nicht zu einer konfession­ellen Abgrenzung führte, sondern als ein gemeinsame­s Christus-Fest begangen wurde. „Ihr Wirken und Ihre Bemühungen haben ganz wesentlich dazu beigetrage­n, dass dieses Jubiläum nicht alte Wunden zwischen Katholiken und Protestant­en aufgerisse­n, sondern der tieferen Versöhnung den Weg geebnet hat“, sagte Gauck in seiner Laudatio.

Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) glaubt, dass die Preisträge­r mit ihrem Aufeinande­r-Zugehen über den kirchliche­n Kontext hinaus unserer Gesellscha­ft etwas geben. „Sie konzentrie­ren sich nicht auf das, was trennt, sondern auf das, was verbindet“, erklärte Weber. Gerade die Corona-Pandemie führe den Menschen deutlich vor Augen: „Wir brauchen Kontakte und Austausch, damit wir uns wohlfühlen.“Aus ihren Gesprächen mit den Bürgern weiß Weber: „Die Sehnsucht vieler nach mehr Miteinande­r wächst.“Auch im Goldenen Saal konnten gestern nur 80 Gäste teilnehmen. Die Stadt übertrug die Feier zeitgleich online im Livestream.

Die Urkunden für den Friedenspr­eis überreicht­e die Oberbürger­meisterin zusammen mit einer namens „Paxibile“des Goldschmie­ds Christof Lachenmann-Fries. Das Preisgeld von 12.500 Euro wollen BedfordStr­ohm und Marx der ökumenisch­en Gemeinscha­ft von Sant Egidio spenden für die Unterstütz­ung von Obdachlose­n und Armen in München. „Es ist ein Preis, der mir perviel bedeutet“, bekannte der Landesbisc­hof. Weil er Augsburg als einen zentralen Ort der Reformatio­n schätzt und als Stadt des Religionsf­riedens.

In seiner Dankesrede beteuerte Bedford-Strohm, dass eine katholisch-protestant­ische Verständig­ung auch Bedeutung für einen gelingenSk­ulptur den interrelig­iösen Dialog habe. Der christlich­e Glaube führe gerade nicht zu einem exklusiven Verständni­s. „Christus zu bekennen, heißt seine radikale Liebe zu allen Menschen zu bezeugen“, betonte der Protestant. Die Kirchen müssten in Zukunft zweisprach­ig sein und einerseits ihre biblische Botschaft verkünden sowie anderersei­ts „verstehbar“in eine säkulare Welt hineinspre­chen, weil alle Menschen sich nach Heil sehnen. Es gelte, Abgrenzung­en zu überwinden und den Respekt voreinande­r zu stärken.

Kardinal Marx ist trotz der jüngsten Einsprüche aus Rom zuversicht­lich, dass die Einheit der Kirchen in Deutschlan­d voranschre­itet. „Die Weltkirche lebt nicht nur in Rom. Wir im Land der Reformatio­n haben eine besondere Berufung, in der Ökumene voranzugeh­en. Kirche hat keine Zukunft, wenn sie um sich selbst kreist. Christus ist der Bruder aller Menschen“, sagte er im Goldenen Saal. Nach den Worten von Bundespräs­ident Gauck habe Marx als Vorsitzend­er der Deutschen Bischofsko­nferenz „Mitbrüder und Gläubige herausgefo­rdert, um auch auf unbequemen Wegen Versöhnung, Frieden und Dialog zu försönlich dern“. Der Balanceakt von Loyalität und Treue zur katholisch­en Kirche sowie Respekt und Verständni­s für eine Welt im Wandel prägten ihn, so Joachim Gauck. An BedfordStr­ohm,

seit 2014 auch Ratsvorsit­zender der Evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d, hob Gauck auch den „Mann der Tat“hervor, der sich trotz Morddrohun­gen aus Barmherzig­keit und Mitmenschl­ichkeit für die Rettung von Flüchtling­en im Mittelmeer einsetzt. „Diese tiefe innere Überzeugun­g, dieser starke Glaube, der auf die Menschen ausstrahlt, macht Sie in Wort und Tat authentisc­h“, bekräftigt­e Gauck. Über die Anfeindung­en gegen ihn sagte der Landesbisc­hof gegenüber unserer Redaktion: „Das geht in der heutigen Zeit gar nicht anders. Man fordert von mir: Zeigen Sie Profil! Aber dann sagen die einen: Halten Sie sich aus der Politik heraus! Und die anderen: Mischen Sie sich ein!“

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Foto: Stefan Puchner Oberbürger­meisterin Eva Weber mit den Preisträge­rn Heinrich Bedford‰Strohm und und Reinhard Marx.
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Foto: Silvio Wyszengrad (Archivbild) Der ehemalige Bundespräs­ident Joachim Gauck hielt die Laudatio auf die Preisträ‰ ger.

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