Augsburger Allgemeine (Land West)
Das Geld der Muttergottes
Ausstellung Das Diözesanmuseum präsentiert eine außergewöhnliche Sammlung. Hunderten von Münzen ist eine Mariendarstellung eingeprägt. Was sie über die Regenten aussagen
Das Herrscherhaus Habsburg hat sich darauf verlassen, auch Bayerns Herzöge und Kurfürsten, selbst protestantische Städte wie Hamburg: Münzen mit Mariendarstellungen aus einem ganzen Jahrtausend präsentiert die neue Ausstellung „Mariengeprägt“des Diözesanmuseums St. Afra. Die glänzenden Exponate hat der emeritierte Augsburger Theologie-Professor Anton Ziegenaus (Bobingen) sein Leben lang gesammelt. Mehr als 550 Münzen umfasst die private Kollektion, die Münzexperte Ernst Stempfle als „außergewöhnlich“einstuft.
Der Brauch, die Gottesmutter auf Zahlungsmitteln zu zeigen, beginnt in Byzanz im siebten Jahrhundert. Der bald in der Ostkirche einsetzende Bildersturm unterbrach die Tradition. In der Ausstellung stammt die älteste Münze aus dem Jahr 963.
Sie zeigt Maria und den oströmischen Kaiser gemeinsam den Kreuzstab haltend. Auf diese Weise legitimiert sich die Macht religiös. Auch Ikonenmotive zieren Münzen: die ruhmreiche Muttergottes, die betende Maria und ihr Lobpreis in den Umschriften. Viele Regenten des Mittelalters und der Neuzeit werden dem BeispieI folgen. Sogar ein muslimischer Herrscher übernahm das christliche Motiv.
Das ganze Marienleben schlägt sich auf den Gold- und Silberprägungen nieder: die Verkündigung durch den Erzengel Gabriel mit weit ausgebreiteten Flügeln und Granatapfel vor Maria mit der Lilie als Zeichen ihrer Jungfräulichkeit. Die Weihnachtsszene an der Krippe im Stall mit Ochs und Esel. Die Anbetung der Heiligen Drei Könige. Die Darstellung im Tempel, wo der greise Simeon das Jesuskind als den Messias preist. Die Hochzeit von
Kana, wo Jesus auf Bitten seiner Mutter das Wasser zu Wein wandelt. Die leidende Maria unter dem Kreuz und die Pietà mit dem Leichnam Jesu auf dem Schoß. Zu jeder Lebens- und Zeitlage passte eine Szene – als Hochzeitsandenken ebenso wie zu Krieg, Seuchen und Teuerung.
Die Neuzeit fasst Maria immer ikonischer auf. Als Immaculata im Sternenkranz auf der Mondsichel, als neue Eva auf dem Erdball die satanische Schlange zertretend, als Himmelskönig in direkter Nähe ihres Sohnes – oft spiegelt sich in den Münzmotiven ein konfessionelles Bekenntnis zum Katholizismus. Bayern, Österreich, Ungarn, der päpstliche Kirchenstaat sowieso positionieren sich mit ihrem Zahlungsmittel. Die Herrscher achteten auf sorgfältige künstlerische Ausführung der Prägung und engagierten die besten Münzmeister. Auch der
Augsburger Fürstbischof Christoph Johann von Freyberg (1616-1690) stand hier nicht nach.
Die Ausstellung hat auch Kuriositäten zu bieten wie das ostpreußische Notgeld oder die Nürnberger Straßenbahnmarke mit Madonna aus Aluminium von 1921/22. Zahlreiche Mitmach-Stationen animieren junge und junggebliebene Besucher dazu, spielerisch mehr über das Konzept „Geld“herauszufinden und schließlich ihre eigene Marienmünze zu prägen. Ernst Stempfle, der Vorsitzende des Schwäbischen Münzclubs, hat mit großem Fleiß und detaillierter Recherche einen ausführlichen, reich bebilderten Katalog (24 Euro) verfasst.
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Zu bis 10. Januar 2021 im Di özesanmuseum beim Dom (www.mu seumstafra.de), geöffnet Di. bis Sa. 10 17 Uhr, So./Fei. 12 18 Uhr. Führun gen unter Tel. 0821/31 6688 31.