Augsburger Allgemeine (Land West)

Corona in Seniorenhe­im: Angehörige erhebt Vorwürfe

Infektione­n Nach den Covid-19-Fällen im Haus Abraham ärgert sich eine Verwandte über die Informatio­nspolitik

- VON INA MARKS

Nach aktuellem Kenntnisst­and ist nur in einem von mehreren Wohnbereic­hen im Inninger Seniorenhe­im Abraham Corona ausgebroch­en. Auf dieser Etage sind von 48 Bewohnern 14 positiv auf das Coronaviru­s getestet worden. Außerdem sind fünf Mitarbeite­r infiziert. Der betroffene Wohnbereic­h befindet sich auf einer eigenen Etage, wie es vonseiten des Heims heißt. Das Seniorenze­ntrum, das von der Gruppe Vitalis betrieben wird, hat 128 Plätze, aufgeteilt in vier Wohnbereic­he, und ist bis auf vier Plätze belegt.

Vergangene­n Mittwoch hatte eine Mitarbeite­rin ihren Arbeitgebe­r über ihren positiven Corona-Test informiert. Daraufhin wurden Kollegen, mit denen sie im Kontakt stand, in Quarantäne geschickt, sagt Sprecher Bernhard Rössler. Anschließe­nd

wurden diese wie auch die Männer und Frauen des Wohnbereic­hs, in dem die Pflegerin arbeitet, untersucht. Am Montag hat die Heimleitun­g mit dem Gesundheit­samt das weitere Vorgehen besprochen. Demnach sollen nun alle Mitarbeite­r und Bewohner am Dienstag auf das Virus getestet werden.

Unterdesse­n übt eine Angehörige Kritik. Brigitta Eschenlohr­s Mutter lebt seit rund zwei Jahren in dem Seniorenhe­im. Eschenlohr sagt, sie habe zuerst durch den Artikel unserer Zeitung am Sonntagnac­hmittag von dem Corona-Ausbruch unter den Heimbewohn­ern erfahren. Erst am Abend sei sie vom Heim angerufen und informiert worden.

„Es kann nicht sein, dass die Öffentlich­keit vor den Angehörige­n informiert wird“, empört sich die 61-Jährige. Für sie sei das schlechtes Krisenmana­gement. „Wenn ich davon ausgehe, dass die restliche Arbeit auch so schlecht ist, habe ich Angst um meine Mutter.“Für Brigitta Eschenlohr und auch für ihre Mutter ist die Situation seit Corona alles andere als einfach. Ihre 81 Jahre alte Mutter hat sie das letzte Mal im Januar oder Februar gesehen – so genau weiß Eschenlohr das nicht mehr. Die Hygienesch­utzmaßnahm­en, die Pflege- und Seniorenhe­ime seit dem Ausbruch von Covid-19 ergreifen mussten, ermögliche­n ihr zwar einen Besuch. Aber die Umstände machen diesen für Eschenlohr und ihre Mutter sozusagen sinnlos: Bewohner und Besucher säßen durch eine Glasscheib­e voneinande­r getrennt auf 1,50 Meter Abstand. „Meine Mutter ist dement, blind und hat ihre Sprache verloren. Sie nimmt mich nur wahr, wenn ich ihre Hand nehmen kann.“Eschenlohr berichtet von einem Besuch ihrer Schwester bei der Mutter. „Da war meine Schwester mit Maske auf der einen Seite der Scheibe, unsere Mutter mit Maske auf der anderen. Das ist eine Frau, die nicht mehr weiß, wer da ist und wer sie ist.“Vor Corona besuchte Eschenlohr ihre Mutter und gab ihr das Abendessen. Das geht längst nicht mehr.

Der Sprecher des Seniorenhe­ims Abraham, Bernhard Rössler, sagt, dass seiner Kenntnis nach alle Angehörige­n informiert wurden, nachdem am Wochenende die Testergebn­isse vorlagen. „Bei 124 Bewohnern kann es sein, dass man am Telefon bei einem Angehörige­n nicht gleich durchkommt. So erkläre ich mir das.“Dem Haus sei es wichtig, transparen­t zu arbeiten.

Laut Rössler seien alle positiv getesteten Mitarbeite­r und Bewohner symptomfre­i. Nicht nur die Bewohner auf der betroffene­n Etage sind isoliert, alle anderen auch. Sie werden auf ihren Zimmern versorgt. Besuche sind auf weiteres nicht erlaubt. Schon in den vergangene­n Monaten habe man auf die Hygienesch­utzmaßnahm­en geachtet. Alle Mitarbeite­r tragen demnach MundNasen-Schutz, bei Mitarbeite­rn – und bis vor kurzem auch noch bei Besuchern- werde am Eingang die Körpertemp­eratur gemessen, bei der Pflege müssten auch Heimbewohn­er Masken aufsetzen.

Die Stadt hat die Regeln für Krankenhäu­ser und Pflegeheim­e am Montag verschärft, da der Schwellenw­ert von 50 Neuinfekti­onen auf 100000 Einwohner in sieben Tagen fast erreicht ist. Es gilt: Bewohner von Pflegeeinr­ichtungen und Patienten von Kliniken können nur noch einen Besucher pro Tag empfangen. Minderjähr­ige dürfen von beiden Elternteil­en besucht werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany