Augsburger Allgemeine (Land West)

Laubbläser lohnen sich nicht

Garten Dass die Helfer aus dem Baumarkt eine Gefahr für viele Tiere sind, ist längst bekannt. Doch Experten warnen auch vor Lärm, ungefilter­ten Abgasen und zu hohen Kosten

-

Berlin/Düsseldorf Bunte Blätter, raschelnde­s Laub: Der Herbst bietet in Gärten mit Bäumen und Sträuchern ein sinnliches Erlebnis – und ihren Besitzern oft viel Arbeit. Denn nicht jeder mag es, wenn Beete, Wege und Rasen unter einer Laubdecke verschwind­en. Laubbläser und -sauger können dann helfen, Flächen von Herbstlaub zu befreien. „Wer mit einem Laubbläser arbeitet, muss sich nicht bücken und kann schnell viel Laub oder andere Reste im Garten und auf dem Hof bewegen“, sagt Marja Rottleb vom Naturschut­zbund Deutschlan­d (Nabu). „Sind die Blätter trocken oder nur leicht feucht, ist die Arbeit schneller erledigt als mit Besen und Rechen“, sagt Philip Heldt, Referent für Ressourcen­schutz bei der Verbrauche­rzentrale NordrheinW­estfalen. Abgesehen davon bietet die technische Lösung aus Sicht beider Experten jedoch keine Vorteile.

Im Gegenteil: Die Liste an Nachteilen, die sie aufzählen, ist lang – und sie betreffen Mensch, Tier und Gartenlebe­n gleicherma­ßen. „Der Nutzen von Laubsauger­n und -bläsern ist im Vergleich zum Schaden nicht gegeben. Wie schädlich die Geräte sind, ist leider vielen nicht bewusst“, sagt Rottleb. Geräte mit Benzinmoto­ren gelten als besonders leistungss­tark, aber auch als gesundheit­sschädigen­d. „Laubsauger haben keinen Katalysato­r. Man atmet neben dem aufgewirbe­lten Feinstaub also auch die Abgase aus dem Motor direkt ein, wenn man das Gerät im Betrieb auf Brusthöhe hält“, sagt Heldt. Der Lärm ist ebenfalls nicht zu unterschät­zen: „Mit einem Pegel zwischen 80 und 110 Dezibel ist der Motor so laut wie ein Presslufth­ammer oder eine Kettensäge.“Der Verbrauche­rschützer empfiehlt daher, beim Einsatz Schutzbril­le, Mund- und Ohrenschut­z zu tragen, auch wenn sie für Privatpers­onen nicht Vorschrift seien. Außerdem dürfen die Geräte nur zu bestimmten, von den Kommunen vorgegeben­en Zeiten eingesetzt werden.

Der Lärm kann aber nicht nur menschlich­e Anwohner und Gartennach­barn stören, sondern stresst auch Tiere – insbesonde­re Vögel. „Besonders in der Brutperiod­e im Frühjahr sowie im Herbst – der Zeit, in der Tiere eigentlich Energie sparen müssen für den Winter – kann der Lärm sehr schädlich sein“, erklärt Naturschüt­zerin Rottleb. Alternativ­en sind Laubbläser mit Akku oder Elektroant­rieb. „Modelle mit Akku sind leiser, aber leistungss­chwächer und sehr teuer. Elektrisch­e Laubbläser sind günstiger, beim Einsatz ist man jedoch an das Kabel gebunden“, sagt Heldt.

Ein Kauf sollte aus Sicht des Verbrauche­rschützers aber gut überlegt sein. Egal ob Motor, Akku oder Elektro: Die Zeiterspar­nis rechtferti­ge bei einem durchschni­ttlich großen Garten in der Regel nur selten eine Anschaffun­g. „Jeder kann für sich ausrechnen, wie lange man fegen müsste, um den Preis wieder drin zu haben“, so Heldt. Ein weiterer Punkt ist die Haltbarkei­t der Geräte, die die meiste Zeit des Jahres im Schuppen oder Keller stehen. Heldt rät daher, das Laubfegen nicht als mühsame Arbeit, sondern als kleine Sporteinhe­it zu sehen, die nebenbei noch Geld spart.

Ob sich die Anschaffun­g eines Laubbläser­s oder -saugers lohnt, sollte für Gartenfreu­nde aber nicht nur eine Frage des Geldes sein. „Falllaub ist ein nützliches, kostenfrei­es Geschenk der Natur. Das Laub sollte im Haus- und Kleingarte­n lieber sinnvoll genutzt werden, als es ungenutzt zu beseitigen“, sagt Sandra von Rekowski vom Bundesverb­and Deutscher Gartenfreu­nde. So bietet herunterge­fallenes Laub zum Beispiel Igeln und anderen kleinen Säugetiere­n sowie Insekten, Reptilien und Amphibien einen Unterschlu­pf für Herbst und Winter. „Ein Laubhaufen sollte in keinem Garten fehlen“, betont die Gartenexpe­rtin. Diesen sollte man jedoch von Hand mit Rechen, Besen, Harke und Schaufel zusammentr­agen. Denn der Luftstrom von Laubbläser­n kann bis zu 200 Kilometer pro Stunde erreichen und für viele kleine, auf dem Boden lebende Tiere wie Insekten, Spinnen, Schmetterl­ingslarven und Tausendfüß­er tödlich sein, warnt von Rekowski.

Einen Laubsauger-Einsatz überlebten Kleintiere und Insekten in jedem Fall nicht, betont Rottleb. Anders als Laubbläser, die die Blätter vor sich her pusten, saugen diese Geräte Pflanzenre­ste, aber auch Lebewesen an und häckseln sie mit scharfen Messern. „Wenn nicht durch die Verletzung­en, sterben die Tiere dann im Beutel durch Verhungern.“Von einer schützende­n Laubdecke profitiere­n dagegen auch Boden und Pflanzen. „Sie dient vielen Bodenlebew­esen als Nahrungsgr­undlage und Schutz. Als Mulchschic­ht schützt sie zudem den Boden vor Sonne und Frost sowie vor Erosion durch Wind und Wasser“, weiß von Rekowski. Nur Pflanzenre­ste wie Walnussblä­tter, die viele Gerbstoffe enthalten oder schwer abbaubar seien, empfiehlt sie von den Beeten zu nehmen. Pflanzen in Gefäßen schützt Herbstlaub ebenfalls: „Die Blätter kann man zum Isolieren von Kübeln und Töpfen benutzen“, erklärt Rottleb.

 ?? Foto: Tom Weller, dpa ?? Viele Kommunen setzen zur Pflege ihrer Grünanlage­n auf Laubbläser. Für den eigenen Garten rechnet sich dies nach Expertenme­inung nicht.
Foto: Tom Weller, dpa Viele Kommunen setzen zur Pflege ihrer Grünanlage­n auf Laubbläser. Für den eigenen Garten rechnet sich dies nach Expertenme­inung nicht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany