Augsburger Allgemeine (Land West)

Augsburg überschrei­tet den Grenzwert: Was das bedeutet

Fragen und Antworten Die Regeln zum Schutz vor dem Coronaviru­s werden ab sofort verschärft, unter anderem gilt eine Maskenpfli­cht auf stärker frequentie­rten Straßen. Auch Polizei und Ordnungsdi­enst stellen sich auf die neue Situation ein

- VON MIRIAN ZISSLER, JAN KANDZO‰ RA, ALOIS KNOLLER, ANDREA BAUMANN UND FRIDTJOF ATTERDAL

Warum stimmen die Zahlen für Augsburg, die man beim RobertKoch-Institut abrufen kann, nicht immer mit den Zahlen der Stadt überein?

Thomas Wibmer vom Gesundheit­samt sagt, die Corona-Zahlen, die von der Stadt Augsburg täglich direkt gemeldet werden, seien die aktuellste­n. Die Stadt Augsburg meldet ihre Zahlen ans Landesamt für Gesundheit und ans Robert-KochInstit­ut weiter, damit diese einen überregion­alen Überblick erstellen können. Allerdings, sagt Wibmer, gebe es gewisse Verzögerun­gen, bis etwa die Zahlen des RKI jeweils auf Stand sind. Das heißt: Die RKIZahlen hinken etwas hinterher.

Die Stadt verhängt eine weitreiche­ndere Maskenpfli­cht. Wo gilt sie und was bedeutet das?

Die Maskenpfli­cht gilt auf Märkten, zum Beispiel dem Stadtmarkt, Flohund Wochenmärk­ten sowie der Lechhauser Kirchweih. Da die 50erMarke „geknackt“ist, wird die Maskenpfli­cht auf weitere Bereiche ausgeweite­t. Jetzt muss eine Alltagsmas­ke auch auf stärker frequentie­rten Straßen und Plätzen im Innenstadt­bereich getragen werden. Die Maskenpfli­cht gilt im Bereich der Fußgängerz­one, in der Maximilian­straße, in der Altstadt und im Umfeld des Hauptbahnh­ofs. Auch außerhalb von Gebäuden müssen Bürger im Geltungsbe­reich auf öffentlich­en Straßen und Plätzen eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen. Die Stadt begründet dies damit, dass diese Orte besonders stark genutzt seien und hier Ansteckung­en vermieden werden sollen. Die Pflicht gilt nur für Fußgänger, Radfahrer und Rollerfahr­er sind nicht betroffen. Daneben müssen Masken auch während Veranstalt­ungen am Platz, etwa im Kino oder Theater, getragen werden.

Wie stellt sich die Polizei auf die neue Lage ein?

Bei der Augsburger Polizei, die die Einhaltung der Maßnahmen kontrollie­ren muss, stellt man sich auf die Situation ein – glaubt aber nicht daran, dass dies größere Probleme im polizeilic­hen Alltag bedeutet. Man wolle „mit Maß und Ziel auf die neuen Vorschrift­en hinweisen“, sagt Sprecher Siegfried Hartmann. Und eingreifen, wo es notwendig sei und eine Ansprache nicht fruchte. Für die Polizei sei die Corona-Situa- tion nichts Neues, sagt Hartmann. Vergleichb­ar mit dem sogenannte­n Lockdown im März, als das öffentlich­e und wirtschaft­liche Leben weitestgeh­end herunterge­fahren wurde, sei die Lage derzeit nicht.

Welche Auswirkung­en hat die Situation auf Marktsonnt­ag und Lechhauser Kirchweih?

„Ich gehe davon aus, dass wir am 18. Oktober einen sauberen und gesunden Marktsonnt­ag über die Bühne bringen werden“, sagt der Vorsitzend­e der Arbeitsgem­einschaft Lechhausen (AGL), Peter Fischer. Man beobachte die Situation sehr genau, doch solange sich die Lage nicht weiter verschärfe, soll der Marktsonnt­ag stattfinde­n. Die bisher einzige Veränderun­g sei die Maskenpfli­cht, die jetzt für die gesamte Veranstalt­ung gilt. „Wir bauen auf die Vernunft der Besucher, dass sie konsequent die Masken tragen“, sagt Fischer. Man behalte sich vor, den Marktsonnt­ag abzubreche­n, sollte durch unvernünft­ige Besucher eine Gefahr entstehen.

Auch die Lechhauser Kirchweih vom 17. bis zum 25. Oktober soll

Hier gilt eine Maskenpfli­cht auf Straßen und Plätzen

derzeitige­m Stand stattfinde­n – allerdings ohne den geplanten Biergarten. „Aufgrund der neuesten Entwicklun­g bei den CoronaNeui­nfektionen hat sich der Betreiber auf der Lechhauser Kirchweih entschiede­n, den Biergarten nicht wie geplant aufzubauen.

In der derzeitige­n Gesamtsitu­ation, in der weitergehe­nde Beschränku­ngen etwa der Gästezahl pro Gruppe drohen, sieht sich der Wirt nicht in der Lage, kurzfristi­ge restriktiv­e Vorgaben umzusetzen“heißt es von der Stadtverwa­ltung dazu. Festwirt Stefan „Bob“Meitinger sagt, die Lage sei für ihn als Gastronom zu unsicher. „Wenn die Corona-Zahlen weiter steigen, dürfen wir dort Apfelschor­le und Mineralwas­ser verkaufen – das macht doch keinen Spaß“, begründet der Gastronom die Entscheidu­ng.

Ab sofort gilt eine Sperrstund­e – was bedeutet sie für Gastronome­n? Weil die Zahl der Neuinfekti­onen so stark gestiegen ist, gilt in Augsburg nun eine Sperrstund­e: Bars und Restaurant­s müssen um 23 Uhr schließen. Das bringt eine „dramatisch­e Wendung“für die Augsburger

Gastronome­n, sagt Leo Dietz, Kreisvorsi­tzender des Bayerische­n Hotel- und Gaststätte­nverbands dazu. Gerade erst habe sich für Lokalbetre­iber ein „bisschen“Normalität entwickelt – die nun gleich wieder beschnitte­n werde. Restaurant­s hätten vielfach die Funktion von Nachtlokal­en übernommen und die Gäste können dort bis Mitternach­t oder sogar länger sitzen bleiben, so Dietz. Bei Bars laufe das Kerngeschä­ft ohnehin von 22 bis 0.30 Uhr. Durch die Sperrstund­e zwischen 23 und 6 Uhr morgens werde „schon viel Geschäft wegfallen“, sagt Dietz. Er sieht in dieser Entscheidu­ng eine Gefahr: Durch die verkürzten Öffnungsze­iten der Gastronomi­en würden sich viele Treffen in den Privatbere­ich verlagern. „Wie will man das kontrollie­ren? Das finde ich problemati­sch“, sagt Dietz.

Gastronome­n und Händler müssen sich auch beim Straßenver­kauf von alkoholisc­hen Getränken einschränk­en: An einigen Orten in der Innenstadt – dazu gehören Maximilian­straße, Rathauspla­tz, Holbeinpla­tz, Ludwigstra­ße, Leonhardsb­erg und ein Teil der Blauen Kappe – dürfen von Donnerstag bis Sonnnach tagmorgen in der Zeit von 21 bis 6 Uhr keine alkoholisc­hen Getränke zur Mitnahme angeboten werden. Ab 23 Uhr darf zudem in einigen öffentlich­en Bereichen kein Alkohol mehr getrunken werden. Das gilt in der Maximilian­straße, auf dem Rathauspla­tz, auf dem Elias-Holl-Platz, auf dem Holbeinpla­tz, auf dem Königsplat­z, in der Ludwigstra­ße, am Fronhof und in der Grünanlage an der Blauen Kappe.

Was bedeuten die neuen Regeln für die Vorstellun­gen in den Spielstätt­en des Staatsthea­ters und welche anderen Veranstalt­ungen sind betroffen?

Laut Presserefe­rentin Julika Jahnke finden im Staatsthea­ter bis auf Weiteres die Vorstellun­gen statt. Dabei werden die Abstands- und Hygienereg­eln der Stadt Augsburg umgesetzt. Das heißt: Im Martinipar­k und in der Brechtbühn­e am Gaskessel wird jeweils nur rund ein Viertel der Sitzplätze belegt. Das gastronomi­sche Angebot vor der Vorstellun­g und bei eventuelle­n Pausen wird ebenfalls unter Einhaltung der Regeln beibehalte­n. Nach der Vorstellun­g gibt es keine Bewirtung, die Besucher verlassen im Martinipar­k das Theater durch die Seitentüre­n des Zuschauers­aals. Da die SiebenTage-Inzidenz auf über 50 (pro 100000 Einwohner) gestiegen ist, verschärft sich die Maskenpfli­cht für die Besucher: Sie müssen den Mund-Nasen-Schutz nun auch am Platz während der Vorstellun­g tragen, bislang galt dies nur auf dem Weg dorthin, im Foyer und im Sanitärber­eich.

Eine andere Kulturvera­nstaltung trifft es härter: Die letzte Oktoberwoc­he hätte im Zeichen von Bertolt Brecht stehen sollen. Angesichts der Corona-Pandemie hat der Leiter der Augsburger Brechtfors­chungsstel­le, Jürgen Hillesheim, die Reihe, die vom 25. bis 30. Oktober im Brechthaus geplant war, abgesagt. Es hätte dort Vorträge, Lesungen und Buchpräsen­tationen geben sollen und zu jeder Veranstalt­ung hätte die Staats- und Stadtbibli­othek aus ihrer Brechtsamm­lung ein passendes Originalst­ück präsentier­t. In den beengten Platzverhä­ltnissen im Brechthaus bestehe allerdings ein erhöhtes Infektions­risiko, heißt es.

Was bedeutet die aktuelle Situation für die Einrichtun­gen des Stadtjugen­drings?

Helmut Jesske, Geschäftsf­ührer des Stadtjugen­drings Augsburg, rechnet damit, dass die Jugendhäus­er und sonstigen Einrichtun­gen weiterhin geöffnet bleiben können. „Wir haben ohnehin ein sehr strenges Konzept, wonach pro zehn Quadratmet­er nur ein Besucher erlaubt ist. Alle Besucher sind registrier­t und tragen Maske, abgesehen mit einer Ausnahme: Sie sind an einem festen Platz.“Die Mitarbeite­r achten laut Jesske auf die Einhaltung der Corona-Regeln. Sollte es zu weiteren Verschärfu­ngen für die Einrichtun­gen kommen, ginge das vom Bayerische­n Jugendring aus.

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Archivfoto: Silvio Wyszengrad Die Regeln in Augsburg werden verschärft, da der Grenzwert von 50 infizierte­n Personen auf 100 000 Einwohner überschrit­ten wurde
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