Augsburger Allgemeine (Land West)
Augsburg überschreitet den Grenzwert: Was das bedeutet
Fragen und Antworten Die Regeln zum Schutz vor dem Coronavirus werden ab sofort verschärft, unter anderem gilt eine Maskenpflicht auf stärker frequentierten Straßen. Auch Polizei und Ordnungsdienst stellen sich auf die neue Situation ein
Warum stimmen die Zahlen für Augsburg, die man beim RobertKoch-Institut abrufen kann, nicht immer mit den Zahlen der Stadt überein?
Thomas Wibmer vom Gesundheitsamt sagt, die Corona-Zahlen, die von der Stadt Augsburg täglich direkt gemeldet werden, seien die aktuellsten. Die Stadt Augsburg meldet ihre Zahlen ans Landesamt für Gesundheit und ans Robert-KochInstitut weiter, damit diese einen überregionalen Überblick erstellen können. Allerdings, sagt Wibmer, gebe es gewisse Verzögerungen, bis etwa die Zahlen des RKI jeweils auf Stand sind. Das heißt: Die RKIZahlen hinken etwas hinterher.
Die Stadt verhängt eine weitreichendere Maskenpflicht. Wo gilt sie und was bedeutet das?
Die Maskenpflicht gilt auf Märkten, zum Beispiel dem Stadtmarkt, Flohund Wochenmärkten sowie der Lechhauser Kirchweih. Da die 50erMarke „geknackt“ist, wird die Maskenpflicht auf weitere Bereiche ausgeweitet. Jetzt muss eine Alltagsmaske auch auf stärker frequentierten Straßen und Plätzen im Innenstadtbereich getragen werden. Die Maskenpflicht gilt im Bereich der Fußgängerzone, in der Maximilianstraße, in der Altstadt und im Umfeld des Hauptbahnhofs. Auch außerhalb von Gebäuden müssen Bürger im Geltungsbereich auf öffentlichen Straßen und Plätzen eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen. Die Stadt begründet dies damit, dass diese Orte besonders stark genutzt seien und hier Ansteckungen vermieden werden sollen. Die Pflicht gilt nur für Fußgänger, Radfahrer und Rollerfahrer sind nicht betroffen. Daneben müssen Masken auch während Veranstaltungen am Platz, etwa im Kino oder Theater, getragen werden.
Wie stellt sich die Polizei auf die neue Lage ein?
Bei der Augsburger Polizei, die die Einhaltung der Maßnahmen kontrollieren muss, stellt man sich auf die Situation ein – glaubt aber nicht daran, dass dies größere Probleme im polizeilichen Alltag bedeutet. Man wolle „mit Maß und Ziel auf die neuen Vorschriften hinweisen“, sagt Sprecher Siegfried Hartmann. Und eingreifen, wo es notwendig sei und eine Ansprache nicht fruchte. Für die Polizei sei die Corona-Situa- tion nichts Neues, sagt Hartmann. Vergleichbar mit dem sogenannten Lockdown im März, als das öffentliche und wirtschaftliche Leben weitestgehend heruntergefahren wurde, sei die Lage derzeit nicht.
Welche Auswirkungen hat die Situation auf Marktsonntag und Lechhauser Kirchweih?
„Ich gehe davon aus, dass wir am 18. Oktober einen sauberen und gesunden Marktsonntag über die Bühne bringen werden“, sagt der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Lechhausen (AGL), Peter Fischer. Man beobachte die Situation sehr genau, doch solange sich die Lage nicht weiter verschärfe, soll der Marktsonntag stattfinden. Die bisher einzige Veränderung sei die Maskenpflicht, die jetzt für die gesamte Veranstaltung gilt. „Wir bauen auf die Vernunft der Besucher, dass sie konsequent die Masken tragen“, sagt Fischer. Man behalte sich vor, den Marktsonntag abzubrechen, sollte durch unvernünftige Besucher eine Gefahr entstehen.
Auch die Lechhauser Kirchweih vom 17. bis zum 25. Oktober soll
Hier gilt eine Maskenpflicht auf Straßen und Plätzen
derzeitigem Stand stattfinden – allerdings ohne den geplanten Biergarten. „Aufgrund der neuesten Entwicklung bei den CoronaNeuinfektionen hat sich der Betreiber auf der Lechhauser Kirchweih entschieden, den Biergarten nicht wie geplant aufzubauen.
In der derzeitigen Gesamtsituation, in der weitergehende Beschränkungen etwa der Gästezahl pro Gruppe drohen, sieht sich der Wirt nicht in der Lage, kurzfristige restriktive Vorgaben umzusetzen“heißt es von der Stadtverwaltung dazu. Festwirt Stefan „Bob“Meitinger sagt, die Lage sei für ihn als Gastronom zu unsicher. „Wenn die Corona-Zahlen weiter steigen, dürfen wir dort Apfelschorle und Mineralwasser verkaufen – das macht doch keinen Spaß“, begründet der Gastronom die Entscheidung.
Ab sofort gilt eine Sperrstunde – was bedeutet sie für Gastronomen? Weil die Zahl der Neuinfektionen so stark gestiegen ist, gilt in Augsburg nun eine Sperrstunde: Bars und Restaurants müssen um 23 Uhr schließen. Das bringt eine „dramatische Wendung“für die Augsburger
Gastronomen, sagt Leo Dietz, Kreisvorsitzender des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands dazu. Gerade erst habe sich für Lokalbetreiber ein „bisschen“Normalität entwickelt – die nun gleich wieder beschnitten werde. Restaurants hätten vielfach die Funktion von Nachtlokalen übernommen und die Gäste können dort bis Mitternacht oder sogar länger sitzen bleiben, so Dietz. Bei Bars laufe das Kerngeschäft ohnehin von 22 bis 0.30 Uhr. Durch die Sperrstunde zwischen 23 und 6 Uhr morgens werde „schon viel Geschäft wegfallen“, sagt Dietz. Er sieht in dieser Entscheidung eine Gefahr: Durch die verkürzten Öffnungszeiten der Gastronomien würden sich viele Treffen in den Privatbereich verlagern. „Wie will man das kontrollieren? Das finde ich problematisch“, sagt Dietz.
Gastronomen und Händler müssen sich auch beim Straßenverkauf von alkoholischen Getränken einschränken: An einigen Orten in der Innenstadt – dazu gehören Maximilianstraße, Rathausplatz, Holbeinplatz, Ludwigstraße, Leonhardsberg und ein Teil der Blauen Kappe – dürfen von Donnerstag bis Sonnnach tagmorgen in der Zeit von 21 bis 6 Uhr keine alkoholischen Getränke zur Mitnahme angeboten werden. Ab 23 Uhr darf zudem in einigen öffentlichen Bereichen kein Alkohol mehr getrunken werden. Das gilt in der Maximilianstraße, auf dem Rathausplatz, auf dem Elias-Holl-Platz, auf dem Holbeinplatz, auf dem Königsplatz, in der Ludwigstraße, am Fronhof und in der Grünanlage an der Blauen Kappe.
Was bedeuten die neuen Regeln für die Vorstellungen in den Spielstätten des Staatstheaters und welche anderen Veranstaltungen sind betroffen?
Laut Pressereferentin Julika Jahnke finden im Staatstheater bis auf Weiteres die Vorstellungen statt. Dabei werden die Abstands- und Hygieneregeln der Stadt Augsburg umgesetzt. Das heißt: Im Martinipark und in der Brechtbühne am Gaskessel wird jeweils nur rund ein Viertel der Sitzplätze belegt. Das gastronomische Angebot vor der Vorstellung und bei eventuellen Pausen wird ebenfalls unter Einhaltung der Regeln beibehalten. Nach der Vorstellung gibt es keine Bewirtung, die Besucher verlassen im Martinipark das Theater durch die Seitentüren des Zuschauersaals. Da die SiebenTage-Inzidenz auf über 50 (pro 100000 Einwohner) gestiegen ist, verschärft sich die Maskenpflicht für die Besucher: Sie müssen den Mund-Nasen-Schutz nun auch am Platz während der Vorstellung tragen, bislang galt dies nur auf dem Weg dorthin, im Foyer und im Sanitärbereich.
Eine andere Kulturveranstaltung trifft es härter: Die letzte Oktoberwoche hätte im Zeichen von Bertolt Brecht stehen sollen. Angesichts der Corona-Pandemie hat der Leiter der Augsburger Brechtforschungsstelle, Jürgen Hillesheim, die Reihe, die vom 25. bis 30. Oktober im Brechthaus geplant war, abgesagt. Es hätte dort Vorträge, Lesungen und Buchpräsentationen geben sollen und zu jeder Veranstaltung hätte die Staats- und Stadtbibliothek aus ihrer Brechtsammlung ein passendes Originalstück präsentiert. In den beengten Platzverhältnissen im Brechthaus bestehe allerdings ein erhöhtes Infektionsrisiko, heißt es.
Was bedeutet die aktuelle Situation für die Einrichtungen des Stadtjugendrings?
Helmut Jesske, Geschäftsführer des Stadtjugendrings Augsburg, rechnet damit, dass die Jugendhäuser und sonstigen Einrichtungen weiterhin geöffnet bleiben können. „Wir haben ohnehin ein sehr strenges Konzept, wonach pro zehn Quadratmeter nur ein Besucher erlaubt ist. Alle Besucher sind registriert und tragen Maske, abgesehen mit einer Ausnahme: Sie sind an einem festen Platz.“Die Mitarbeiter achten laut Jesske auf die Einhaltung der Corona-Regeln. Sollte es zu weiteren Verschärfungen für die Einrichtungen kommen, ginge das vom Bayerischen Jugendring aus.