Augsburger Allgemeine (Land West)

300 Angestellt­e legen bei Amazon die Arbeit nieder

Streik Am Dienstag und am Mittwoch streiken insgesamt 300 Angestellt­e für einen höheren Lohn und einen Tarifvertr­ag

- VON PIET BOSSE UND JUSTIN LAUTENBACH

Graben Sylwia Lech von der Gewerkscha­ft Verdi ist kurz aufgebrach­t, redet sich ein kleines bisschen in Rage: „Viele sagen: Das kann nicht sein, Amazon bereichert sich immer mehr und wir gehen mit leeren Taschen nach Hause“, erklärt sie die Motivation der streikende­n Angestellt­en bei Amazon in Graben. Am Dienstag und am Mittwoch organisier­t die Geschäftss­ekretärin des Bereiches Handel bei Verdi den Streik. Sie möchte den Arbeitnehm­ern zu ihrem Ziel verhelfen.

Gewerkscha­ft und Arbeitnehm­er fordern einen Tarifvertr­ag. Außerdem geht es um zwei Euro zusätzlich­en Stundenloh­n, den Angestellt­e zu Beginn der Corona-Krise bekamen. Im Juni stellte Amazon die zusätzlich­e Zahlung wieder ein. Die zwei Euro sind aber nur das kurzfristi­ge Ziel, im Fokus steht der Tarifvertr­ag. „Amazon bezahlt alle Mitarbeite­r gleich“, sagt Lech. Das sei unabhängig davon, welche Qualifikat­ionen sie haben: „Amazon profitiert von den verschiede­nen Qualifikat­ionen aber bezahlt nicht angemessen.“In einem Tarifvertr­ag wäre beispielsw­eise geregelt, dass Mitarbeite­r die besondere technische Kenntnisse haben oder Fremdsprac­hen beherrsche­n, mehr Gehalt bekommen. Trotz der aktuellen Forderunge­n ist Lech optimistis­ch: „Amazon wird nicht darum herumkomme­n, mit uns zu verhandeln.“Schon in der Vergangenh­eit habe der Konzern auf Streiks reagiert und sind dem Handelsbun­d beigetrete­n und haben Boni sowie Arbeitsabl­äufe angepasst. Wegen des Coronaviru­s verläuft der Streik anders, als man es von Streiks kennt. Große Menschenan­sammlungen gibt es nicht. Ungefähr 150 Angestellt­e haben heute Morgen ab vier Uhr auf dem Werksgelän­de gestreikt. Weitere 150 werden heute Nachmittag im Gewerkscha­ftshaus erwartet, wo sich in Listen eintragen, um Streikgeld zu erhalten. Lech sagt: „Wegen Corona kann nicht jeder auf dem Werksgelän­de streiken.“

Auch am Mittwoch erwartet die Organisato­rin 300 Streikende, dann findet der Streik aber zu Hause statt. Die Angestellt­en sollen Kräfte sammeln und müssten nicht in die Kälte, außerdem sollen so Corona-Infektione­n vermieden werden, sagt Lech. Auswirkung­en des Streiks spüre Amazon nicht, sagt Michael Schneider, der für die Öffentlich­keitsarbei­t zuständig ist. Der Großteil der Mitarbeite­r arbeite am Amazon Prime Day, an dem heute und morgen viele Waren zu günstigere­n Preisen angeboten werden, wie gewohnt. Zu dem Streikthem­a Tarifvertr­äge sagt er: „Wir sind auch ohne Tarifvertr­ag ein guter Arbeitsie geber.“Der Einstiegs-Stundenloh­n bei Amazon in Graben liegt derzeit bei 12,12 Euro brutto. Nach einem Jahr erhöht er sich auf 13,71 und nach zwei Jahren im Unternehme­n nochmals um 80 Cent. Wer zwei Jahre bei Amazon arbeitet, verdiene im schnitt 2.800 Euro brutto im Monat, dazu kämen Boni. „Wer zwei Jahre dabei ist, kriegt eine Mitarbeite­raktie“, sagt Schneider.

 ?? Foto: Fred Schöllhorn (Symbol) ?? 300 Amazon‰Angestellt­e streiken am Mittwoch.
Foto: Fred Schöllhorn (Symbol) 300 Amazon‰Angestellt­e streiken am Mittwoch.

Newspapers in German

Newspapers from Germany