Augsburger Allgemeine (Land West)
Wie klimafreundlich ist Dinkelscherben?
Debatte Die Gemeinde Dinkelscherben will klimafreundlicher werden. In der Sache sind sich die Räte einig, doch die Form der Debatte führt zum Streit im Gremium. Was dahintersteckt
Dinkelscherben Dass die großen Fragen ganz im Kleinen entschieden werden, ist nichts Neues. Der Klimaschutz zum Beispiel ist so eine Frage. Mit seinem persönlichen Verhalten kann jeder dazu beitragen, die Welt ein Stückchen besser zu machen. Die Kommune Dinkelscherben sollte da mit gutem Beispiel vorangehen, da ist man sich im Gemeinderat einig. Doch über das „Wie“wird im Gremium heftig gestritten. Manch einer fühlte sich nach der Diskussion bei der jüngsten Sitzung gar um seine Lebenszeit beraubt. Doch der Reihe nach.
Hintergrund des Streits im Gemeinderat ist ein gemeinsamer Antrag von ÖDP, Grünen und SPD. „Klimaschutz durch den Markt Dinkelscherben“, so die Überschrift. Symbolträchtig ging das Schreiben am 25. September, dem Tag des globalen Klimastreiks, bei der Gemeinde ein. Die Antragsteller hatten sich wohl eine Art Grundsatzdebatte im Plenum gewünscht. Jeder sollte zu Wort kommen, sich einbringen, diskutieren. So richtig aufgehen wollte dieser Plan aber nicht.
Gleich zu Beginn der Diskussion bemängelte Bürgermeister Edgar Kalb, dass die Gemeinde über den Antrag nicht abstimmen könne. Der Antrag sei zu allgemein gehalten, nicht beschlussfähig. Darin finden sich eine Reihe von Vorschlägen, wie die Gemeinde klimafreundlicher gestaltet werden könnte. Doch: „Wie bewertet man, was klimafreundlich ist?“, fragte Kalb in die Runde. „Wenn es da eine Wahrheit gäbe, wäre es einfach“. Dennoch müsse sich die Gemeinde mit dem Antrag beschäftigen, den immerhin mehr als ein Viertel des Gremiums eingereicht hatte.
Maßgeblich daran beteiligt ist Bernhard Streit. Der ÖDP-Gemeinderat stellte schließlich – mal mehr, mal weniger konkret – eine Reihe von „Anregungen und Ideen“zum Klimaschutz vor. So ging es zum Beispiel um Ökostrom für die Gemeinde, Elektroautos oder Fahrräder als Dienstfahrzeuge oder schlicht darum, die Bildschirmhelligkeit der Computer in der Verwaltung zu reduzieren, um Strom zu sparen. Für größere Diskussion sorgte der Vorschlag, Photovoltaikanlagen für Neubauten im Gemeindegebiet mit einer „kommunalen Solarsatzung“verpflichtend vorzuschreiben. Eine Idee, die auf Bundesebene bereits diskutiert werde, so Martin Fischer (Grüne).
Mit einem Vorschlag aus dem Wahlprogramm der ÖDP sorgte Bernhard Streit für weiteren Gesprächsstoff. Auch die sogenannten „Mitfahrbänke“standen auf seiner langen Liste. Wer zum Beispiel von Dinkelscherben nach Breitenbronn kommen möchte, könne sich an eine dieser Bänke stellen und darauf warten, dass ein Autofahrer ihn mitnimmt, erklärte Streit. Aus Sicht von Gemeinderat Peter Kraus (Freie Wähler) könne man da allerdings lange warten. In einer kleinen Gemeinde wie Dinkelscherben gehe das Konzept Mitfahrbank nicht auf, so Kraus. Tobias Mayr (CSU) entgegnete, dass der Vorschlag, sich zu fremden Menschen ins Auto zu setzen, wegen der Abstands- und Hygieneregeln aktuell nicht in die Zeit passe.
Immer wieder kam es im Verlauf der Debatte zu Wortmeldungen, die Diskussion würde zu lange dauern oder nichts bringen. „Ich finde das Vorgehen hier nicht konstruktiv“, meinte Stefan Rittel (UW14). Die Idee sei gut, doch es brauche eine Liste mit konkreten Vorschlägen, über die dann auch abgestimmt werden kann. Julia von Schnurbein (Grüne) entgegnete: „Ich glaube, wir haben ein unterschiedliches
Verständnis darüber, wie man im Gemeinderat diskutiert.“Die Idee des Antrags sei es gewesen, eine offene Diskussion zu schaffen und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. „Das sehe ich als Aufgabe des Gemeinderats“, so von Schnurbein. Ganz anders sah das allerdings Stefan Rittel: „Da ist mir meine Zeit zu schade“. Die Diskussion sei geprägt von „Wischiwaschi“. Die große Runde des Gemeinderats eigne sich nicht dafür, über Grundsätzliches zu diskutieren. Das mache nur in kleineren Gruppen Sinn, so Rittel.
Ganz grundsätzlich wurde dann auch Bürgermeister Edgar Kalb und ging noch einmal auf die Rolle des Gremiums ein. Kalb: „Gemeinderäte sind gewählte Volksvertreter und haben die Pflicht, an den Sitzungen teilzunehmen. „ Deshalb wolle er die Sitzungen möglichst konstruktiv gestalten, und zwar so, dass am Ende auch Beschlüsse gefasst werden können. Kalb: „Es sollte hier schon etwas gemacht und entschieden werden.“
Im Grunde sei man sich doch einig, meinte Willibald Gleich (CSU): „Wir wollen eine klimafreundliche Gemeinde werden“. Nur dürfe man sich nicht in einer allgemeinen Diskussion verlieren. Er schlug vor, künftig bei jedem Beschluss zu prüfen, inwiefern sich dieser mit dem erklärten Ziel Klimaschutz vereinbaren lasse. Beschlossen hat die Gemeinde das allerdings genauso wenig wie die vielen anderen Vorschläge zum Thema Klimaschutz an diesem Abend.