Augsburger Allgemeine (Land West)

Wie klimafreun­dlich ist Dinkelsche­rben?

Debatte Die Gemeinde Dinkelsche­rben will klimafreun­dlicher werden. In der Sache sind sich die Räte einig, doch die Form der Debatte führt zum Streit im Gremium. Was dahinterst­eckt

- VON PHILIPP KINNE

Dinkelsche­rben Dass die großen Fragen ganz im Kleinen entschiede­n werden, ist nichts Neues. Der Klimaschut­z zum Beispiel ist so eine Frage. Mit seinem persönlich­en Verhalten kann jeder dazu beitragen, die Welt ein Stückchen besser zu machen. Die Kommune Dinkelsche­rben sollte da mit gutem Beispiel vorangehen, da ist man sich im Gemeindera­t einig. Doch über das „Wie“wird im Gremium heftig gestritten. Manch einer fühlte sich nach der Diskussion bei der jüngsten Sitzung gar um seine Lebenszeit beraubt. Doch der Reihe nach.

Hintergrun­d des Streits im Gemeindera­t ist ein gemeinsame­r Antrag von ÖDP, Grünen und SPD. „Klimaschut­z durch den Markt Dinkelsche­rben“, so die Überschrif­t. Symbolträc­htig ging das Schreiben am 25. September, dem Tag des globalen Klimastrei­ks, bei der Gemeinde ein. Die Antragstel­ler hatten sich wohl eine Art Grundsatzd­ebatte im Plenum gewünscht. Jeder sollte zu Wort kommen, sich einbringen, diskutiere­n. So richtig aufgehen wollte dieser Plan aber nicht.

Gleich zu Beginn der Diskussion bemängelte Bürgermeis­ter Edgar Kalb, dass die Gemeinde über den Antrag nicht abstimmen könne. Der Antrag sei zu allgemein gehalten, nicht beschlussf­ähig. Darin finden sich eine Reihe von Vorschläge­n, wie die Gemeinde klimafreun­dlicher gestaltet werden könnte. Doch: „Wie bewertet man, was klimafreun­dlich ist?“, fragte Kalb in die Runde. „Wenn es da eine Wahrheit gäbe, wäre es einfach“. Dennoch müsse sich die Gemeinde mit dem Antrag beschäftig­en, den immerhin mehr als ein Viertel des Gremiums eingereich­t hatte.

Maßgeblich daran beteiligt ist Bernhard Streit. Der ÖDP-Gemeindera­t stellte schließlic­h – mal mehr, mal weniger konkret – eine Reihe von „Anregungen und Ideen“zum Klimaschut­z vor. So ging es zum Beispiel um Ökostrom für die Gemeinde, Elektroaut­os oder Fahrräder als Dienstfahr­zeuge oder schlicht darum, die Bildschirm­helligkeit der Computer in der Verwaltung zu reduzieren, um Strom zu sparen. Für größere Diskussion sorgte der Vorschlag, Photovolta­ikanlagen für Neubauten im Gemeindege­biet mit einer „kommunalen Solarsatzu­ng“verpflicht­end vorzuschre­iben. Eine Idee, die auf Bundeseben­e bereits diskutiert werde, so Martin Fischer (Grüne).

Mit einem Vorschlag aus dem Wahlprogra­mm der ÖDP sorgte Bernhard Streit für weiteren Gesprächss­toff. Auch die sogenannte­n „Mitfahrbän­ke“standen auf seiner langen Liste. Wer zum Beispiel von Dinkelsche­rben nach Breitenbro­nn kommen möchte, könne sich an eine dieser Bänke stellen und darauf warten, dass ein Autofahrer ihn mitnimmt, erklärte Streit. Aus Sicht von Gemeindera­t Peter Kraus (Freie Wähler) könne man da allerdings lange warten. In einer kleinen Gemeinde wie Dinkelsche­rben gehe das Konzept Mitfahrban­k nicht auf, so Kraus. Tobias Mayr (CSU) entgegnete, dass der Vorschlag, sich zu fremden Menschen ins Auto zu setzen, wegen der Abstands- und Hygienereg­eln aktuell nicht in die Zeit passe.

Immer wieder kam es im Verlauf der Debatte zu Wortmeldun­gen, die Diskussion würde zu lange dauern oder nichts bringen. „Ich finde das Vorgehen hier nicht konstrukti­v“, meinte Stefan Rittel (UW14). Die Idee sei gut, doch es brauche eine Liste mit konkreten Vorschläge­n, über die dann auch abgestimmt werden kann. Julia von Schnurbein (Grüne) entgegnete: „Ich glaube, wir haben ein unterschie­dliches

Verständni­s darüber, wie man im Gemeindera­t diskutiert.“Die Idee des Antrags sei es gewesen, eine offene Diskussion zu schaffen und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. „Das sehe ich als Aufgabe des Gemeindera­ts“, so von Schnurbein. Ganz anders sah das allerdings Stefan Rittel: „Da ist mir meine Zeit zu schade“. Die Diskussion sei geprägt von „Wischiwasc­hi“. Die große Runde des Gemeindera­ts eigne sich nicht dafür, über Grundsätzl­iches zu diskutiere­n. Das mache nur in kleineren Gruppen Sinn, so Rittel.

Ganz grundsätzl­ich wurde dann auch Bürgermeis­ter Edgar Kalb und ging noch einmal auf die Rolle des Gremiums ein. Kalb: „Gemeinderä­te sind gewählte Volksvertr­eter und haben die Pflicht, an den Sitzungen teilzunehm­en. „ Deshalb wolle er die Sitzungen möglichst konstrukti­v gestalten, und zwar so, dass am Ende auch Beschlüsse gefasst werden können. Kalb: „Es sollte hier schon etwas gemacht und entschiede­n werden.“

Im Grunde sei man sich doch einig, meinte Willibald Gleich (CSU): „Wir wollen eine klimafreun­dliche Gemeinde werden“. Nur dürfe man sich nicht in einer allgemeine­n Diskussion verlieren. Er schlug vor, künftig bei jedem Beschluss zu prüfen, inwiefern sich dieser mit dem erklärten Ziel Klimaschut­z vereinbare­n lasse. Beschlosse­n hat die Gemeinde das allerdings genauso wenig wie die vielen anderen Vorschläge zum Thema Klimaschut­z an diesem Abend.

 ?? Foto: Marcus Merk ?? Photovolta­ikanlagen, wie hier zwischen Dinkelsche­rben und Häder, gelten als klimafreun­dlich. Unter anderem über mehr dieser Anlagen diskutiert­e der Dinkelsche­rber Ge‰ meinderat nun. Geht es nach einigen Gemeinderä­ten, sollte die Gemeinde noch viel mehr für den Klimaschut­z tun.
Foto: Marcus Merk Photovolta­ikanlagen, wie hier zwischen Dinkelsche­rben und Häder, gelten als klimafreun­dlich. Unter anderem über mehr dieser Anlagen diskutiert­e der Dinkelsche­rber Ge‰ meinderat nun. Geht es nach einigen Gemeinderä­ten, sollte die Gemeinde noch viel mehr für den Klimaschut­z tun.

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