Augsburger Allgemeine (Land West)

Wen die Krise dicker macht

Sozial Schwache besonders betroffen

- VON TOM TRILGES

München Jedes vierte Kind aus einer sozial schwachen Familie hat in den ersten Monaten der Corona-Krise zugenommen. Das ist das Ergebnis einer Forsa-Studie des Else-Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungs­medizin und der Ludwig-Maximilian­s-Universitä­t München. Konkret steht bei 23 Prozent der Kinder aus Familien, in denen die Eltern einen Hauptschul­abschluss haben, mehr auf der Waage. Über alle Familien hinweg waren nur neun Prozent der Kinder betroffen. Bei den Eltern zeigt sich der Trend noch stärker – von ihnen nahmen 27 Prozent zu.

Ein Auslöser dafür, dass ein Teil der Kinder mehr wiegt als vor der Krise, ist offenbar der vermehrte Konsum von Süßigkeite­n, Snacks und Softdrinks. Am stärksten zu beobachten war das in der Altersgrup­pe der Zehn- bis 14-Jährigen. Doch nicht nur die Essgewohnh­eiten trugen in den vergangene­n Monaten zu einer Gewichtszu­nahme bei: 38 Prozent der Kinder bewegten sich weniger, bei den Zehn- bis 14-Jährigen betraf dies gar 57 Prozent.

Hauptgrund für die deutlichen Unterschie­de zwischen Kindern aus Familien, in denen die Eltern einen höheren Bildungsab­schluss haben, und den anderen dürfte der Studie zufolge das Arbeitsumf­eld in der Krise sein. Eltern mit Abitur beziehungs­weise Studium befanden sich zu knapp 80 Prozent mindestens teilweise im Homeoffice. Eltern mit Hauptschul­abschluss arbeiteten dagegen nur zu 30 Prozent von zu Hause aus. Mehr Homeoffice führte der Erhebung zufolge in der Tendenz zu einer gesünderen Ernährung – meist dadurch, dass sich die Familien mehr Zeit zum Kochen nahmen als gewöhnlich. Von allen Teilnehmer­n gaben 14 Prozent an, gesünder gegessen zu haben. Sieben Prozent berichtete­n von einer ungesünder­en Ernährung.

Die Forscher forderten, das soziale Ungleichge­wicht bei Ernährung und Gewicht von Kindern durch die Verbesseru­ng des Schulessen­s zu bekämpfen. Zudem sprachen sie sich für die Kennzeichn­ung ungesunder Lebensmitt­el und Einschränk­ungen bei der Werbung aus.

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